#MomTooJetzt zeigen berufstätige Frauen ihre Kinder
Auf Linkedin trendet das Hashtag #MomToo. Damit machen Frauen darauf aufmerksam, dass sie am Arbeitsplatz nicht übers Muttersein sprechen können – aus Angst vor negativen Folgen.
Darum gehts
Kaitlyn WonJung Chang aus Österreich hat einen Vortrag mit ihrem Baby im Tragetuch gehalten.
Sie hat damit die Debatte #MomToo angestossen.
Unter dem Hashtag wollen Frauen das Muttersein im Job nicht länger verstecken.
Denn viele Frauen reden aus Angst vor negativen Folgen nicht darüber, dass sie Kinder haben.
Mit dem Baby am Arbeitsplatz oder auf der Konferenzbühne: Auf dem Karriere-Netzwerk Linkedin häufen sich die Bilder von arbeitenden Müttern mit ihren Kindern. Unter dem Hashtag #MomToo wollen Frauen das Muttersein im Job nicht länger verstecken.
Angestossen hat die Debatte Kaitlyn WonJung Chang von der Digitalagentur Accenture Interactive in Österreich: Die junge Mutter hat beim Forward Festival in Wien einen Vortrag mit ihrem Baby im Tragetuch an der Brust gehalten. Ihren Post dazu haben über 3,5 Millionen Menschen gesehen.
In ihrem Vortrag sprach WonJung Chang über die Nachteile der Mutterschaft und Vorteile der Vaterschaft. Bei der Vorbereitung darauf sei ihr aufgefallen, dass sie sich selbst schon zensiert hat: «Aus Angst, als unprofessionell angesehen zu werden, habe ich auf Linkedin nie erwähnt, dass ich Mutter geworden bin.»
Denn berufstätige Mütter werden laut Chang fürs Muttersein bestraft: Sie werden weniger oft befördert und erhalten weniger oder gar keinen Bonus. «Das führt dazu, dass Frauen so tun, als ob ihre Familie und ihre Pflichten dort nicht existierten.» Die Folge davon seien grosse emotionale Belastungen und Burnouts.
In der Schweiz ist der Hashtag inzwischen auch angekommen. Auf Linkedin schreibt etwa eine Grafikerin, wie schwierig es für sie sei, ihre Karriere voranzutreiben und nebenbei ihren Sohn aufzuziehen: «Wir müssen gemeinsam Frauen darin bestärken, beruflich und persönlich erfolgreich zu sein.»
Herausforderung der Kinderbetreuung wird nicht diskutiert
Auch Sabina Beatrice-Matter, Leiterin der Kommunikationsabteilung des Schweizerischen Tropen- und Health-Instituts, hat einen Post zum Thema auf Linkedin platziert: «Mir scheint es, als ob die Schweizer Gesellschaft noch nicht bereit für Mütter ist, die Vollzeit arbeiten.»
Die grösste Herausforderung sei dabei die eigene Erwartung: «Man will sowohl bei der Arbeit als auch Zuhause 100 Prozent geben, doch das geht nicht.» Der Beitrag sei unabhängig vom neuen Hashtag entstanden, sagt Beatrice-Matter zu 20 Minuten.
«Ich kann aber bestätigen, dass Frauen generell nicht oft übers Muttersein bei der Arbeit sprechen», sagt Beatrice-Matter. Die Herausforderungen der Kinderbetreuung würden am Arbeitsplatz selten diskutiert. Also schweigen viele Mütter.
Dass Frauen am Arbeitsplatz noch immer nicht über das Muttersein sprechen können aus Angst vor negativen Folgen, bestätigt auch Diversity Beauftragte Daniela Frau von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW School of Management and Law gegenüber 20 Minuten.
«Das ist vor allem in Branchen, in denen vorwiegend Männer arbeiten, der Fall», sagt Frau. Doch vielerorts sei ein Wandel im Gang: Grössere Unternehmen legen immer mehr Wert darauf, familienfreundlich auch auf Führungsebene zu sein und Frauen und Männern gleiche Chancen zu bieten – auch mit Kindern.
Hybrides Arbeiten als Chance für Mütter
«Hierzulande wird das Privat- und Arbeitsleben stark getrennt: Das ist allgemein schwierig für Eltern», sagt Claudine Esseiva, Co-Präsidentin vom Verband von Business and Professional Women Schweiz. Wer diese Bereiche vermische, gelte schnell als jemand, der sein Leben nicht im Griff hat.
Weil Frauen noch immer den grössten Teil der Kinderbetreuung übernehmen, setze das vor allem Mütter unter Druck: «Das ist emotional belastend», erklärt Esseiva. Es sei darum wichtig, dass es mehr Tagesschulen und Kitas gibt, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich ist.
In Bereichen, in denen flexible Arbeitszeiten möglich sind, müssen diese genutzt werden – genauso wie das Homeoffice. «Das hybride Arbeiten ist eine Chance für bessere Strukturen für Mütter», so Esseiva. Gleichzeitig brauche es auch Verständnis vonseiten der Arbeitsgebenden.
19,1 Stunden pro Woche für Hausarbeit
2020 leisteten Männer und Frauen in der Schweiz rund 46 Stunden bezahlte und unbezahlte Arbeit in der Woche. Frauen wandten dabei 28,7 Stunden für Haus- und Familienarbeit auf; Männer 19,1 Stunden, wie neue Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen. Männer haben aber bei der Hausarbeit seit 2010 zugelegt: Waren es vor zehn Jahren noch rund 16 Stunden wöchentlich, sind es heute etwa drei Stunden mehr. Bei Frauen hat sich der Zeitaufwand für Arbeiten im Haus hingegen kaum verändert.
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, aufgrund der Geschlechtsidentität diskriminiert?
Hier findest du Hilfe:
Gleichstellungsbüros nach Region
Gleichstellungsgesetz.ch, Datenbank der Fälle aus Deutschschweizer Kantonen
Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann
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