Reaktion auf Oster-Krawalle - Jugendliche sollen Platz in der Covid-Taskforce kriegen – fordert Psychologe

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Reaktion auf Oster-KrawalleJugendliche sollen Platz in der Covid-Taskforce kriegen – fordert Psychologe

Der Jugendpsychologe Felix Hof fordert nach der zweiten Krawallnacht in St. Gallen eine schnelle Reaktion der Politik. Nach ihm sollte man nicht mit Gummischrot auf die Jungen schiessen, sondern versuchen, ihnen zuzuhören.

Gewaltbereite Jugendliche haben sich am Freitagabend in St. Gallen mit der Polizei angelegt.

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Darum gehts

  • In St. Gallen kam es in der Nacht auf Samstag erneut zu Ausschreitungen.

  • Ein Jugendpsychologe wünscht sich mehr Dialog zwischen Jugend und Politik.

  • «Es haben sich gewaltbereite Trittbrettfahrer unter die sonst friedlichen Jugendlichen gemischt», sagte er.

  • Er fordert, dass junge Menschen mehr mitreden können – zum Beispiel in der Corona-Taskforce des Bundes.

Gummischrot, Reizgas und Molotow-Cocktails: St. Gallen erlebte am Freitag die zweite Krawallnacht innerhalb einer Woche. Gewaltbereite Jugendliche lieferten sich in den Strassen Kämpfe mit der Polizei. Die Bilanz: Zwei Verletzte, 19 Verhaftungen und ein Bild der Zerstörung in den Strassen St. Gallens.

«Unmut und Verunsicherung»

Jugendpsychologe Felix Hof sagt zur zweiten Krawallnacht: «Die erneute Menschenansammlung zeigt, dass die Jugendlichen ihre Bedürfnisse nicht länger aufschieben können.» Hof versteht, dass die Jungen «Druck abgelassen» hätten. «Es zeigt sich, dass sich manche Jugendliche übermässig benachteiligt fühlen», sagt Hof. Der massive Schlagabtausch zwischen Polizei und Jugendlichen schockiert den Psychologen.

Die Ausschreitungen seien ein deutliches «Wir können nicht mehr!» der Jugendlichen gewesen, findet Hof. «Wenn ein Teenager Flaschen auf die Polizei wirft, dann möchte er Autoritäten herausfordern und sich selber behaupten.» Hof ist sich sicher, dass nicht alle in St. Gallen auf Krawalle aus waren. «Es haben sich gewaltbereite Trittbrettfahrer unter die sonst friedlichen Jugendlichen gemischt und die Situation aufgeheizt», erklärt Hof. Aber die Unzufriedenheit sei bei allen Jungen gross. «Ich sehe es auch bei mir in der Praxis. Bei den Jungen zieht sich durch alle sozialen Schichten grosser Unmut und Verunsicherung.»

Die Polizei kontrolliert eine Gruppe Menschen am Blumenmarkt.
So sah es auf dem Roten Platz um 23.30 Uhr aus - menschenleer.
Auch nach 23 Uhr zeigt die St. Galler Polizei Präsenz und kontrolliert vereinzelt Menschen am Bahnhof.
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Die Polizei kontrolliert eine Gruppe Menschen am Blumenmarkt.

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Dialog mit Jugendlichen suchen

Es könne nicht sein, dass man mit Reizgas und Gummischrot gegen die zukünftige Generation vorgehe, anstatt ihnen zuzuhören, sagt Hof. Für ihn ist die momentane Situation nicht länger tragbar und er sieht die Politik in der Pflicht. «Ich wünsche mir vom Bundesrat, dass er vor Ort nach St. Gallen geht oder wenigstens eine Delegation von Jugendvertretern empfängt und Massnahmen gegen die Unzufriedenheit trifft.» Seine Hauptforderung ist, dass Jugendliche einen Platz in der Corona-Task-Force erhalten und als ernstzunehmende Gesprächspartner wahrgenommen werden.

«Das soll aber kein Zückerchen für die Jungen sein, damit es ruhig wird», erklärt Hof. Vielmehr müssten die Verantwortlichen in der Politik wissen, was in den Köpfen der Jugendlichen los ist und wie man Schlimmeres verhindern könne. Hof: «Dann braucht es eine klare Kommunikation zu Massnahmen und Lockerungen.» Die letzten Wochen seien zu unübersichtlich und diffus gewesen.

Die wissenschaftliche Covid-Taskforce des Bundes war bislang nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Wie die St. Galler Behörden vor den Medien sagten, dass wenige Chaoten für die Ausschreitungen verantwortlich seien. Diese werde man zur Rechenschaft ziehen.

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Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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