Kann Trump den Iran jetzt in die Knie zwingen?

Aktualisiert

Iran-SanktionenKann Trump den Iran jetzt in die Knie zwingen?

Mit erneuten Sanktionen ziehen die USA die Schraube gegen den Iran an. Doch Trump macht die Rechnung ohne Europa und China.

Martin Suter
New York
von
Martin Suter
New York

Am Montag hat Washington eine erste Serie von Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran in Kraft gesetzt. Begrenzt wird der Handel mit Irans Währung Rial und der iranischen Autoindustrie. Die USA drohen auch mit Bussen gegen Banken und Unternehmen, die im Iran mit Gold und Edelmetallen handeln. Einer zweiten Serie von noch einschneidenderen Sanktionen sollen im November die iranische Ölindustrie und Schifffahrt unterworfen werden.

Am Montagabend warf der iranische Präsident Hassan Rohani der Regierung in Washington «psychologische Kriegsführung» vor. «Sie wollen einen psychologischen Krieg gegen die iranische Nation führen und das Volk spalten», sagte Rohani im iranischen Fernsehen. Die Kombination aus neuen US-Sanktionen und gleichzeitigem Verhandlungsangebot von US-Präsident Donald Trump nannte Rohani «unsinnig».

Die Sanktionen haben bereits Reaktionen ausgelöst. Ihre Auswirkungen sind schwer vorauszusagen. Dies muss man über sie wissen:

US-Präsident Donald Trump möchte Obamas Iran-Deal ungeschehen machen

Im Mai führte Trump trotz Protesten seitens des Irans und Europas die USA aus dem Nukleardeal mit dem Iran (JCPOA) heraus. Er wischte die Berichte der internationalen Inspektoren beiseite, wonach der Iran den Anforderungen der von sieben Parteien unterzeichneten Abmachung Nachfolge geleistet habe. Trump rügt Irans expansive Politik in Syrien und dessen Terrorförderung. Die Anführer in Teheran seien «bad actors» (böse Akteure), sagte Aussenminister Mike Pompeo am Sonntag. Bevor Sanktionen aufgehoben werden könnten, müsse sich der Iran «wie ein normales Land verhalten.»

Irans Führung geht zum Gegenangriff über

Der iranische Aussenminister Mohammed Jawad Sarif räumte am Montag ein, dass das amerikanische «Bullying» Störungen mit sich bringen könnte. «In der heutigen Welt ist aber Amerika isoliert», betonte er. Präsident Rohani sagte am Abend, Irans Führung habe Europa auf seiner Seite. Die EU «bedauere zutiefst» die Wiedereinführung von Sanktionen, sagte Europas Chefdiplomatin Federica Mogherini in einer von den Aussenministern Grossbritanniens, Frankreichs und Deutschlands mitunterzeichneten Mitteilung. Man werde die mit «legitimen Geschäften mit dem Iran» befassten europäischen Firmen schützen.

Wirtschaftliche Auswirkungen sind schon spürbar

Seit Trumps Ankündigung hat sich die Talfahrt des Rial beschleunigt. Irans Währung verlor dieses Jahr die Hälfte ihres Werts. Iranerinnen und Iraner haben begonnen, Gold und Schmuck zu horten, um ihre Vermögen in Sicherheit zu bringen. Inflation und Arbeitslosigkeit sind im zweistelligen Bereich; nächstes Jahr könnte Irans Wirtschaft schrumpfen.

Demonstrationen gegen die Machthaber könnten sich verstärken

Seit mehreren Monaten gehen immer wieder Protestierende auf die Strassen, um ihren Unmut über die schlechte Wirtschaftslage und die religiösen Zwangsmassnahmen der Mullah-Regierung auszudrücken. Seit Januar starben dabei 25 Menschen und 4000 wurden verhaftet. Diese Demonstrationen könnten stärker werden, wenn die Sanktionen greifen. Der Aktivist Bahman Amoai zweifelt jedoch daran, dass die Aktionen auf der Strasse zu einem nationalen Aufstand führen werden. «Es gibt keine Vision, keine Führerschaft», sagte er zur «New York Times».

Das Regime macht auf Härte verhärten

Schon im Juli wurde Präsident Rohani von den Hardline-Klerikern politisch umarmt. «Das Regime ist nicht dabei, auseinanderzufallen», schreibt die «Washington Post». Wohl auch um Stärke zu demonstrieren, hielt die iranische Marine am Wochenende Manöver in der Strasse von Hormus ab, durch die täglich Öltanker passieren müssen. Die Manöver unterstrichen, dass der Iran mit einer Schliessung des Schifffahrtswegs die Weltwirtschaft in eine Krise stürzen könnte.

Andere Staaten werden die Sanktionen unterlaufen

Allen Firmen, die trotz der Sanktionen mit dem Iran geschäften, drohen sogenannte Sekundärsanktionen der USA. Um solche zu vermeiden, haben sich Unternehmen wie Total, Peugeot, General Electric, Boeing, Hyundai und Mazda bereits aus dem Land zurückgezogen. Nicht nur Europas Regierungen werden aber alles daransetzen, möglichst viel Iran-Business aufrechtzuerhalten. China scheint entschlossen, Ausfälle bei iranischen Ölverkäufen auszugleichen und den Handel über Landwege auszubauen. Dies «könnte wirtschaftliche Wirkung der Sanktionen schwächen», sieht das «Wall Street Journal» voraus.

Ein Treffen Trump-Rohani ist vorerst unwahrscheinlich

An einer Pressekonferenz Ende Juli sagte Trump, er sei zu einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten Rohani jederzeit bereit, falls nötig auch ohne Vorbedingungen. Die Führung in Teheran hat diese Offerte aber vom Tisch gewischt. Unter dem Strich spricht daher wenig dafür, dass die erneuten Sanktionen gegen den Iran in absehbarer Zeit jene politischen Veränderungen erzielen werden, die sich die Trump-Regierung von ihnen erhofft.

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