MenschenrechteKanton und Stadt suchen nach Lösungen für ein Nebeneinander mit Bettlern
In Luzern gilt bisher ein Bettelverbot. Nun ist der Kanton nun gezwungen, das Verbot aufzuheben, da es laut Europäischem Gerichtshof in Strassburg die Menschenrechte verletzt.
Darum gehts:
In der Schweiz entscheiden die Kantone über die Voraussetzungen fürs Betteln. Und bis jetzt gilt im Kanton Luzern ein Bettelverbot, das abgeschafft werden muss. Der Grund dafür ist, dass 2014 eine Rumänin wegen Bettelns in Genf zu einer Geldstrafe von 500 Franken verurteilt wurde. Sie zog dieses Urteil bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiter. Das Gericht gab ihr 2021 recht und hielt fest, dass das Verbot gegen das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verstösst und damit gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstosse.
Dies bedeutet, dass auch der Kanton Luzern nach neuen Lösungen suchen muss. Er hat deshalb den Gemeinden vorgeschlagen, eine Bettelbewilligung einzuführen, die von allen Bettlerinnen und Bettlern beantragt werden müsste. Der Stadtrat ist damit aus verschiedenen Gründen nicht einverstanden, wie er schriftlich mitteilte.
«Wer in Not ist und Geld braucht, bittet darum und kümmert sich nicht darum, ob es erlaubt ist.»
Der Stadtrat ist der Meinung, dass der Vorschlag des Kantons aus mehreren Gründen nicht realisierbar ist. Erstens würde jede Gemeinde eine individuelle und nicht einheitliche Regelung haben. Ausserdem müsste jede Gemeinde dafür sorgen, dass Verstösse angemessen geahndet werden, was zu einem grossen Aufwand führen würde. Weiter teilt die Stadt mit: «Ausserdem könnte auch diese Lösung die Menschenrechte verletzen.»
Franziska Reist, Geschäftsleiterin des Vereins kirchliche Gassenarbeit Luzern (VKG), erwähnt gegenüber 20 Minuten noch ein weiteres Hindernis, das nicht für eine Bewilligung spricht: «Ich denke, die Umsetzung ist nicht realistisch. Das Betteln besteht aus einer Not und wer Geld benötigt, holt sich vorher nicht eine Bewilligung ein.» Auch der Stadtrat hat sich dazu geäussert: «Viele bettelnde Personen leben am
Rand der Gesellschaft und sind teilweise Suchtbetroffene. Für sie ist es eine grosse Hürde, eine Bettel-
bewilligung zu beantragen. Das wirft die Frage auf, ob mit der Bewilligungspflicht faktisch nicht ein neues
Bettelverbot geschaffen würde.»
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Basel-Stadt als mögliches Beispiel
In der Stadt Basel wurde das Bettelverbot aufgehoben und im September 2021 trat eine neue Bettelverordnung in Kraft, die darauf abzielt, organisiertes Betteln zu unterbinden und aggressives und aufdringliches Betteln einzuschränken. Laut Martin Ritschard, Generalsekretär des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt, sei die Bettelei in Basel seit dem Inkrafttreten der neuen Regeln deutlich zurückgegangen. «Gleichzeitig», sagte er, «gingen die unerwünschten Begleiterscheinungen wie die Verletzung von Verhaltensregeln deutlich zurück, womit das Ziel der Revision erreicht wurde.» Bevor die Regeln erlassen wurden, litt Basel vor allem unter dem Betteltourismus.
Auch nach Ansicht von Franziska Reist seien diese Regeln fürs Betteln eine bessere Option als die Beantragung einer Bewilligung. Es ist daher sinnvoll anzunehmen, dass sich der Kanton vom neuen Dekret der Basel-Stadt inspirieren lassen könnte, um das Betteln einheitlich zu regeln.
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