CS-Blockade - Gericht spricht Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten schuldig

Livetickeraktualisiert am Freitag, 14. Mai, 2021

CS-BlockadeGericht spricht Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten schuldig

Vor knapp zwei Jahren errichteten Klima-Aktivistinnen und Aktivisten eine Sitzblockade vor der Credit Suisse am Paradeplatz. Neun Personen mussten sich vor Gericht verantworten.

Vor dem Prozess gegen die Klima-Aktivisten solidarisierten sich am Mittwoch rund 30 Personen lautstark und mit Transparenten für die Beschuldigten.
Am Morgen des 8. Juli 2019 hatten 64 Mitglieder des «Collective Climate Justice» vor der Credit Suisse am Paradeplatz in Zürich Sitzblockaden errichtet.
Vor dem Haupteingang ketteten sich 21 Personen teilweise aneinander und an die Türen an.
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Vor dem Prozess gegen die Klima-Aktivisten solidarisierten sich am Mittwoch rund 30 Personen lautstark und mit Transparenten für die Beschuldigten.

Stefan Hohler

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Freitag, 14.05.2021

Urteil

Am Mittwoch standen neun Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten wegen ihrer fünfstündigen Blockade der Credit Suisse am Paradeplatz vom 8. Juli 2019 vor dem Einzelrichter. Die sechs jungen Frauen und drei Männer hatten die Grossbank aufgefordert, aus den Kohle-, Öl- und Gasgeschäften auszusteigen.

Der Einzelrichter sprach am Freitag acht der Beschuldigten der Nötigung und des Hausfriedensbruchs schuldig, letzterer damit begründet, dass sie sich innerhalb der Arkaden befunden und damit das Hausrecht der Privatklägerin verletzt hätten. Der neunte Beschuldigte, der sich vor dem Eingang in Richtung Bahnhofstrasse befand, wurde ausschliesslich der Nötigung schuldig gesprochen. Angesichts des insgesamt nur leichten Verschuldens wurde das Strafmass für die ersten acht Beschuldigten je auf eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen, für den neunten Beschuldigten auf eine solche von 30 Tagessätzen festgelegt. Die Tagessätze wurden für alle Beschuldigten auf 10 Franken festgesetzt, ebenso eine Probezeit von zwei Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Am Prozess, der coronabedingt im Theatersaal im Volkshaus durchgeführt wurde, schwiegen die Beschuldigten mehrheitlich und verwiesen auf die Plädoyers ihrer Anwälte. Diese forderten Freisprüche und eine Genugtuung für die zweitägige Haft. Es habe sich nicht um eine Nötigung gehandelt. Die jungen Leute hätten weder Bankmitarbeiter noch Kunden bedroht. Die CS sei mitverantwortlich für die Klimaerwärmung. Die Bank soll den Strafantrag zurückziehen.

Demgegenüber verlangte der Staatsanwalt eine Verurteilung wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs und forderte bedingte Geldstrafen von 90 Tagessätzen zu 30 Franken. Es habe keine Notstandssituation vorgelegen. Finanzierungen von Geschäften mit fossilen Brennstoffen seien nicht verboten. Laut dem Anwalt der CS mussten die Bank und die eingemieteten Läden durch die Verbarrikadierung einen halben Tag schliessen.

Mittwoch, 12.05.2021

Zusammenfassung

Am Mittwoch standen neun Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten wegen ihrer fünfstündigen Blockade der Credit Suisse am Paradeplatz vom 8. Juli 2019 vor dem Einzelrichter. Die sechs jungen Frauen und drei Männer hatten die Grossbank aufgefordert, aus den Kohle-, Öl- und Gasgeschäften auszusteigen.

Am Prozess, der coronabedingt im Theatersaal im Volkshaus durchgeführt wurde, schwiegen die Beschuldigten mehrheitlich und verwiesen auf die Plädoyers ihrer Anwälte. Diese forderten Freisprüche und eine Genugtuung für die zweitägige Haft. Es habe sich nicht um eine Nötigung gehandelt. Die jungen Leute hätten weder Bankmitarbeiter noch Kunden bedroht. Die CS sei mitverantwortlich für die Klimaerwärmung. Die Bank soll den Strafantrag zurückziehen.

Demgegenüber verlangte der Staatsanwalt eine Verurteilung wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs und forderte bedingte Geldstrafen von 90 Tagessätzen zu 30 Franken. Es habe keine Notstandssituation vorgelegen. Finanzierungen von Geschäften mit fossilen Brennstoffen seien nicht verboten. Laut dem Anwalt der CS mussten die Bank und die eingemieteten Läden durch die Verbarrikadierung einen halben Tag schliessen.

Das Urteil wird am Freitag um 14 Uhr gefällt.

Bank soll Strafantrag zurückziehen

Laut einer weiteren Verteidigerin sitzen Leute auf der Anklagebank, welchen die Zukunft des Planeten am Herzen liegt. «Wir sollten uns ein Beispiel an ihnen nehmen und dankbar sein, dass sie sich für die zukünftige Generation einsetzen.» Sie fordert die CS auf, den Strafantrag zurückzuziehen und bezüglich des Offizialdeliktes der Nötigung eine Desinteresse-Erklärung zu unterzeichnen.

Der letzte Sprecher betont, das die Aktivisten das Verhalten der CS kritisieren und niemanden zu einem bestimmten Verhalten zwingen wollten: «Es liegt keine Nötigung vor.» Sein Mandant war als einziger der Beschuldigten beim Haupteingang verhaftet worden und nicht wie die anderen bei den Arkaden an der Bärengasse.

Zum Schluss sagt einer der Beschuldigten namens seiner mitangeklagten Kolleginnen und Kollegen, dass die Aktion nicht gewalttätig, sondern positiv gewesen sei und einen symbolischen Wert hatte. «Wir haben nichts kaputt gemacht.» Er zeigt sich schockiert über die Darstellung des Staatsanwaltes, der die jungen Leute als naiv bezeichnet hat.

Das Gericht wird das Urteil am Freitag um 14 Uhr fällen.

Aktion hat grosses Medienecho ausgelöst

Der vierte Anwalt macht den Schweizer Finanzplatz mitverantwortlich für die Klimaerwärmung. Die Investitionen in fossile Brennstoffe seien enorm, allen voran durch die CS. «Unsere Klienten haben sich an die richtige Adresse gewandt.» Die Aktion habe ein grosses Medienecho ausgelöst und mitgeholfen, die Bevölkerung zu sensibilisieren.

Seine Kollegin ergänzt, die Aktivisten hätten exakt den richtigen Ort und das richtige Mittel gewählt: «Ihre Handlungen waren gerechtfertigt.»

Anwälte verlangen Freispruch und Entschädigung

Eine der Anwälte verlangt einen Freispruch für die Beschuldigten sowie eine Genugtuung von 250 Franken pro Hafttag. Ihre Mandantinnen und Mandanten hätten sich bei der Aktion in den Arkaden des CS-Gebäudes an der Bärengasse aufgehalten, dies sei ein öffentlicher Raum. «Sie wollten einzig und allein auf sich aufmerksam machen. Sie sind weder Hausbesetzer noch Chaoten.»

Ein weiterer Anwalt verneint den Vorwurf der Nötigung. Die jungen Leute hätten weder Bankmitarbeiter noch Kunden bedroht. Es habe sich im Bereich der Arkaden nicht um eine Blockade gehandelt.

«Not kennt kein Gebot», argumentiert ein dritter Verteidiger und sagt, dass die Bedrohung durch den Klimawandel global sei. Er nennt das Schmelzen des Permafrosts, die Hitzewellen und der Anstieg der Meere. «Es besteht eine unmittelbare Gefahr», so der Anwalt.

Es ging einzig um billige Effekthascherei

Staatsanwalt Daniel Kloiber verlangt für die neun Beschuldigten eine Verurteilung wegen Nötigung und Hausfriedensbruch und fordert eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken. Die 42 anderen Klima-Aktivisten, welche den Strafbefehl akzeptiert hatten, waren mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken verurteilt worden.

«Es herrschte keine Notstandssituation, so funktioniert das politische System in der Schweiz nicht», sagt der Staatsanwalt. Die Aktivisten hätten sich in den politischen Prozess einbringen können, aber es sei halt einfacher an einem Vormittag Theater zu spielen. «Es geht nicht, Selbstjustiz zu verüben, die Aktion muss streng geahndet werden», verlangt der Staatsanwalt. Finanzierungen von Ölgeschäften durch Banken seien nicht verboten. «Den Beschuldigten ging es einzig und allein um eine billige Effekthascherei», sagt Kloiber.

Der Anwalt der CS sagt, dass die Bank schon längst in den Klimaschutz investiert habe. «Wir mussten nicht von den Aktivisten geweckt werden.» Die CS habe sich seit Jahren engagiert und werde es weiterhin tun. «Klimaschutz betrifft alle». Die Bank und die eingemieteten Läden hätten durch die Verbarrikadierung einen halben Tag geschlossen werden müssen. Wie der Staatsanwalt verneint der CS-Rechtsanwalt einen rechtfertigenden Notstand, es habe keine unmittelbare Gefahr geherrscht, wie dies das Gesetz verlangt.

Jetzt wird der Prozess bis 14 Uhr unterbrochen.

Hat Greenpeace die Aktion organisiert?

Auch die folgenden drei Frauen schweigen. Eine 22-Jährige hat in Lausanne ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch. Sie war zusammen mit Schwester an der Aktion beteiligt.

Von den drei angeklagten Männer äussert sich einer. Der Informatiker hat schon in der Untersuchung Aussagen gemacht. «Die Anschuldigungen sind nicht korrekt», sagt er. Auf die Frage des Richters, ob die Aktion von Greenpeace organisiert worden sei, verneint er. Es sei niemand genötigt worden, niemand habe das Gebäude betreten wollen.

«Es war eine symbolische Aktion»

Nach den Vorfragen beginnt die Befragung der neun Beschuldigten durch den Einzelrichter. Es sind sechs Frauen und drei Männer um die zwanzig Jahre alt. Sie kommen bis auf einen Beschuldigten aus der Romandie, so dass eine Übersetzung nötig ist.

«Ich habe nichts zu sagen», erklärt die erste Beschuldigte, eine junge Studentin. Sie hat schon in der Untersuchung geschwiegen. Ihr Anwalt werde sprechen. Ähnlich äussert sich die zweite Mitbeschuldigte.

Eine dritte Angeklagte, von Beruf Uhrmacherin, hat ein ähnliches Verfahren in Lausanne hängig. Sie ist geständig, sich vor der Bank aufgehalten zu haben: «Es war eine symbolische Aktion.» Die CS trage eine Verantwortung für ihre Investitionen, es sei wichtig dies zu zeigen. Die Frage des Staatsanwaltes, ob sie sich an die Eingangstür der CS oder an andere Aktivisten angekettet habe, will sie nicht beantworten.

Verteidiger verlangen Einstellung des Verfahrens

Zu Beginn des Prozesses stellen drei Verteidiger die Anträge, das Verfahren einzustellen oder es an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. «Es liegt keine gültige Anklage vor», sagt eine Verteidigerin. Der Sachverhalt sei ungenügend geklärt worden. Ihr Kollege ergänzt, dass nicht klar ist, wer die Privatklägerin sei: die CS AG oder die CS Schweiz AG. Die dritte Verteidigerin kritisiert die Verwertbarkeit der Beweismittel und die knapp 48-stündige Untersuchungshaft der Beschuldigten nach deren Verhaftung. «Sie sollen mit 250 Franken pro Hafttag entschädigt werden.»

Der Staatsanwalt und der Anwalt der CS lehnen die Anträge der Verteidiger ab: «Es ist jetzt Zeit, dass das Gericht jetzt urteilt», so der Staatsanwalt. Eine schnellere Entlassung aus der Haft sei aus administrativen Gründen nicht möglich gewesen. Der Bankenanwalt sagt, dass die CS AG den Strafantrag gestellt habe. Der Einzelrichter wird im Rahmen der Urteilsberatung über die Anträge entscheiden.

Urteil am Freitag

Geplant ist, dass am Vormittag die neun Beschuldigten – sechs Frauen und drei Männer – befragt werden sowie der Staatsanwalt plädiert und am Nachmittag die neun Verteidiger an der Reihe sind. Das Urteil soll am Freitag gefällt werden, sagt der Einzelrichter.

Demo vor dem Volkshaussaal

Vor dem Prozess gegen die Klima-Aktivisten um 9.30 Uhr, der coronabedingt und aus Platzgründen im Theatersaal des Volkshauses stattfindet, solidarisieren sich rund 30 Personen lautstark und mit Transparenten für die Beschuldigten: «Klimaschutz ist kein Verbrechen» und «Klimagerechtigkeit – Mehr als Klimaschutz» steht darauf.

Dienstag, 11.05.2021

Klima-Aktivisten vor Gericht

Es wird ein teurer «Spass», sollten die Klima-Aktivistinnen und Aktivisten für ihre fünfstündige Blockade schuldig gesprochen werden. Der Staatsanwalt verlangt neben einer bedingte Geldstrafe eine Busse und Untersuchungskosten von insgesamt 3000 Franken und weitere Gerichtsgebühren kommen noch hinzu.

Am Morgen des 8. Juli 2019 hatten 64 Mitglieder des «Collective Climate Justice» vor der Credit Suisse am Paradeplatz in Zürich Sitzblockaden errichtet und sämtliche Zugänge teils mit extra mitgebrachten Velos und Pflanzenkübeln versperrt. Vor dem Haupteingang ketteten sich 21 Personen teilweise aneinander und an die Türen an. Die Aktivistinnen und Aktivisten forderten vom Schweizer Finanzplatz den sofortigen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas und beschuldigten die Schweizer Grossbanken, sie würden klimaschädliche Aktionen finanzieren.

51 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Blockade wurden mit einem Strafbefehl wegen Nötigung und Hausfriedensbruch bestraft. 42 Aktivistinnen und Aktivisten akzeptierten den Strafbefehl, die Urteile sind somit rechtskräftig. Neun Beschuldigte erhoben Einspruch und müssen sich am Mittwoch und Freitag vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten. Der Prozess wird coronabedingt im Theatersaal im Volkshaus durchgeführt.

Der Staatsanwalt verlangt wegen Nötigung und Hausfriedensbruch eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken (entsprechend 2700 Franken) sowie eine zu bezahlende Busse von 1000 Franken. Dazu kommen Untersuchungskosten von 2000 Franken sowie die Anwaltshonorare.