Abstimmungsumfrage - Knappe Mehrheit unterstützt die Agrar-Initiativen

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AbstimmungsumfrageKnappe Mehrheit unterstützt die Agrar-Initiativen

Die Frage, wie die Schweizer Landwirtschaft in Zukunft aussehen soll, spaltet das Land: 54 Prozent sagen derzeit Ja zur Trinkwasser-Initiative, 53 Prozent sind für das Pestizidverbot. Dies zeigt die 20-Minuten-/Tamedia-Abstimmungsumfrage.

Dass über eine Million Menschen hierzulande Trinkwasser konsumieren, das mit Pestiziden belastet ist, ist eines der Hauptargumente der Befürworter der Initiative.
Laut der 20-Minuten-Umfrage sagen derzeit 54 Prozent Ja zur Trinkwasser-Initiative.
Stark ausgeprägt ist das Stadt-Land-Gefälle: Städter sagen Ja, auf dem Land ist man skeptisch. Den Graben führt Initiantin Franziska Herren darauf zurück, dass der «mächtige» Bauernverband gerade in den ländlichen Gegenden mit seiner «Angstkampagne» die Meinungsbildung dominiere.
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Dass über eine Million Menschen hierzulande Trinkwasser konsumieren, das mit Pestiziden belastet ist, ist eines der Hauptargumente der Befürworter der Initiative.

Tamedia AG

Darum gehts

  • Die 20-Minuten-Umfrage zeigt, wo die Stimmbevölkerung sieben Wochen vor dem Abstimmungssonntag steht.

  • Knappe Mehrheiten finden die Agrar-Initiativen, deutliche Zustimmung gibt es beim Anti-Terror-Gesetz sowie beim Covid-19-Gesetz.

Der Kampf um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft geht in die heisse Phase: Am 13. Juni befindet das Stimmvolk über die Trinkwasser- und die Pestizidverbotsinitiative. Wie tief die Gräben verlaufen, zeigt nun die Abstimmungsumfrage von 20 Minuten und Tamedia (siehe Box).

Die Trinkwasser-Initiative will Bauern, die Pestizide einsetzen, Direktzahlungen streichen. Sie erhält derzeit die Unterstützung von 54 Prozent der Stimmbevölkerung. Die Vorlage spaltet die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entlang des politischen Rechts-Links-Spektrums: Linke und Grüne sind dafür, Bürgerliche dagegen. Stadtbewohnerinnen- und Bewohner sagen zu 68 Prozent Ja, auf dem Land sind es 43 Prozent. Dieselbe Spaltung lässt sich bei der Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide», die synthetische Pflanzenschutzmittel und den Import solcher Produkte verbieten will, ausmachen. 53 Prozent aller Befragten will sie annehmen.

Polarisierung zwischen Stadt und Land

Franziska Herren, Initiantin der Trinkwasser-Initiative, freut sich über die Rückendeckung des Stimmvolks. Die Polarisierung zwischen Stadt und Land spüre auch sie: «Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass unsere Fahnen auf dem Land oftmals heruntergerissen werden.» Den Graben führt sie darauf zurück, dass der «mächtige» Bauernverband gerade in den ländlichen Gegenden mit seiner «Angstkampagne» die Meinungsbildung dominiere. Trotzdem glaubt sie, mit ihrer Kampagne bis zum 13. Juni noch weitere Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gewinnen zu können. Positiv wertet sie, dass das Argument, dass die Schweiz ihre eigene Umweltverschmutzung subventioniere, oft genannt wird.

Herren und ihre Mitstreitenden konzentrieren ihr gesamtes Kampagnenbudget auf die fünf Wochen vor der Abstimmung. «Ich habe einen harten, knappen Abstimmungskampf erwartet», sagt Herren. «Wir wollen bis zum Abstimmungssonntag mit Plakat-Aktionen und Flyer-Versänden noch deutlicher zeigen, dass die konventionelle Landwirtschaft ein Problem hat und das Trinkwasser von über einer Million Menschen in der Schweiz mit Pestiziden über dem Grenzwert vergiftet.»

Je älter, desto eher für die Agrar-Initiativen

Wie Herren müssen auch die Köpfe hinter der Pestizid-Initiative für einen Sieg die jungen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an Bord holen. Denn Volksinitiativen starten oft mit Zustimmung, verlieren aber an Unterstützung, je näher die Abstimmung rückt. Bei der Vorlage «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» geben laut Umfrage 60 Prozent der über 65-Jährigen an, ein Ja einlegen zu wollen. Bei den 18 bis 34-Jährigen sind es nur 44 Prozent. -

Dominik Waser von der Pestizid-Initiative, erklärt, dass sich ältere Menschen nicht nur Sorgen um sich, sondern auch um die Zukunft ihrer Kinder oder Enkel machten. Zudem sei das Gesundheitsbewusstsein in jungen Jahren weniger ausgeprägt. Hier will das Komitee mit Argumenten nachlegen: «Wie jüngst bekannt geworden ist, schaden synthetische Pestizide auch der Spermienqualität – das ist sicher ein Argument, das auch die Jungen zum Nachdenken bringt», sagt Waser.

Die Kampagne werde man bald intensivieren. «Im Vergleich zu den Gegnern, die sich viel Öffentlichkeit gekauft haben, waren wir bisher weniger präsent», sagt Waser. Man werde vor allem versuchen, die Gesundheitsschäden der synthetischen Pestizide ins Zentrum zu rücken.

Der Bauernverband, der beide Vorlagen ablehnt, gibt sich kämpferisch: «Das Resultat zeigt, dass wir der Bevölkerung noch verstärkt aufzeigen müssen, warum die Initiativen keine Lösung, ja sogar für die Umwelt kontraproduktiv sind. Ebenso gilt es daran zu erinnern, dass das Parlament diesen Frühling das wohl strengste Pestizidgesetz der Welt verabschiedet hat», sagt Sprecherin Sandra Helfenstein.

Die Umfrage

18'271 Personen aus der ganzen Schweiz haben am 26. und 27. April an der ersten Welle der Umfrage von 20 Minuten und Tamedia im Vorfeld der eidgenössischen Abstimmungen vom 13. Juni 2021 teilgenommen. Die Umfrage wurde in Zusammenarbeit mit LeeWas durchgeführt. LeeWas modelliert die Umfragedaten nach demografischen, geografischen und politischen Variablen. Der Fehlerbereich liegt bei 1,2 Prozentpunkten.

Weitere Vorlagen

Das Covid-19-Gesetz, das die zeitlich befristeten Not-Beschlüsse ins Gesetz überführt, findet bei 66 Prozent der Befragten eine deutliche Mehrheit. Die Vorlage geniesst über alle Parteien hinweg eine hohe Zustimmung, einzig Wählerinnen und Wähler der SVP sind dagegen (37 Prozent Ja). Deutlich ist auch die Zustimmung zum Anti-Terror-Gesetz: Hier wollen 68 Prozent Ja oder eher Ja einlegen. Die Gegnerinnen und Gegner sind der Meinung, dass das Gesetz Willkür Tür und Tor öffne und dass unbescholtene Bürger unter falschen Verdacht geraten könnten. Auf der anderen Seite sind die Befürworterinnen und Befürworter der Überzeugung, dass die Polizei heute zu wenig Möglichkeiten habe, um präventiv gegen potentielle Terroristen vorzugehen. Knapp ist es bei der Behördenvorlage, dem CO2-Gesetz: Derzeit sprechen sich 54 Prozent für und 43 Prozent gegen die Vorlage aus. Befürworterinnen und Befürworter betonen, dass das Gesetz eine lenkende Wirkung habe, welche klimafreundliches Verhalten belohne, da mehr zahle, wer mehr CO2 verursache. Gegnerinnen und Gegner finden, dass das Klimaproblem nicht über Steuern und Abgaben gelöst werde, sondern über Innovation.

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