Manieren: Knigge-Regeln im ÖV sorgen für Zoff bei Pendlern

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ManierenKnigge-Regeln im ÖV sorgen für Zoff bei Pendlern

Wer laut telefoniert, ununterbrochen redet oder einen Döner im Tram isst, bringt viele Pendler zur Weissglut. Doch was ist erlaubt und was ist ein absolute No-go? Zwei Knigge-Expertinnen klären auf.

Pendelnde nerven sich über die Manieren ihrer Mitfahrenden. Etwa jene, die laut telefonieren, ohne Kopfhörer ein Video schauen oder einen Döner essen.
Welche Regeln im öffentlichen Verkehr zu befolgen sind, weiss Knigge-Expertin Susanne Schwarz.
Es solle in einem angemessenen Ton telefoniert und geredet werden, sodass nicht das gesamte Tram das Gespräch mitbekomme, sagt Schwarz. «Auch Rassistische oder sexistische Aussagen sowie das Ablästern über andere Personen sind immer ein Tabu und äusserst unhöflich.»
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Pendelnde nerven sich über die Manieren ihrer Mitfahrenden. Etwa jene, die laut telefonieren, ohne Kopfhörer ein Video schauen oder einen Döner essen.

20min/Marvin Ancian

Darum gehts

«Während der dreistündigen Zugfahrt hat sie ohne Punkt und Komma gelabert. Ich bin fast durchgedreht», erzählt C.M.* gegenüber 20 Minuten. Das sei extrem unhöflich und nervig, findet der 45-jährige Zürcher. Damit ist er nicht allein. Auch andere Leserinnen und Leser bekunden ihren Unmut über mühsame Pendelnde. Die folgenden Mitfahrenden machen eine Zug- oder Tramfahrt für die 20-Minuten-Community zur Tortur:

  • Laut-telefonieren-Typ: Die ganze Fahrt telefoniert er lautstark und unterhält damit nicht nur die Person am Ende der anderen Leitung, sondern das gesamte Zugabteil.

  • Ununterbrochen-labern-Typ: Egal ob früh am Morgen oder spätabends, er erzählt seinem Gegenüber ohne Punkt und Komma jeden einzelnen Gedanken, der ihm in den Kopf schiesst. 

  • Ohne-Kopfhörer-Videos-schauen-Typ: Die Fahrt vertreibt er sich gerne auf Tiktok und Instagram – und am liebsten ohne Kopfhörer. 

  • Durchgehend-essen-Typ: Er scheint unersättlich, so viel wie er während der Zugfahrt isst. Dabei raschelt, schmatzt und schmeckt es im ganzen Wagen.

  • Rotzen-Husten-Niesen-Typ: Er putzt sich lauthals die Nase, hustet den Leuten beinahe ins Gesicht und zieht den Rotz alle fünf Sekunden die Nase hinauf. Dass er damit die Gesundheit (und Nerven) anderer gefährdet, scheint ihn wenig zu kümmern.

  • Ganzes-Abteil-besetzen-Typ: Den Rucksack zwischen den Beinen oder über dem Sitz zu verstauen, ist für ihn zu anstrengend. Lieber besetzt er den Sitzplatz neben sich und legt seine Füsse auf den anderen.

Lautstärke und Thema sind entscheidend

Was ist nun erlaubt im öffentlichen Verkehr? Darauf wissen bei beiden Knigge-Expertinnen Linda Hunziker und Susanne Schwarz von «h+s Knigge» Antwort. «Telefonieren, miteinander reden und etwas essen im öffentlichen Verkehr ist grundsätzlich in Ordnung. Es gibt jedoch gewisse Verhaltensregeln.» So solle in einem angemessenen Ton telefoniert und geredet werden, sodass nicht das gesamte Tram das Gespräch mitbekomme, sagt Schwarz. «Auch Rassistische oder sexistische Aussagen sowie das Ablästern über andere Personen sind immer ein Tabu und äusserst unhöflich», sagt Hunziker. Ausserdem solle möglichst weitgehend darauf verzichtet werden, im öffentlichen Verkehr lange Telefonate zu führen. «Im Zug muss man das Telefonat im Eingangsbereich führen, in Tram und Bus soll man sich möglichst kurz halten und später zurückrufen.»

Doch nicht nur die Lautstärke beim Telefonieren sorgt unter den Zuggästen für Unmut. Ein weiteres No-go bei der Benutzung des Handys sei das Schauen von Videos ohne Kopfhörer, so Schwarz. «Auch der Klingelton sollte auf stumm gestellt werden. Denn das andauernde Blingbling kann sehr schnell nervig werden.»

Die Nerven der ÖV-Nutzenden werden auch durch diverse Gerüche strapaziert. Viele Leute packe nach einem langen Arbeitstag ein Hüngerchen, sagt Schwarz. «Der Hunger darf selbstverständlich gestillt werden. Das soll aber ein Sandwich oder ein kleiner Snack sein und nicht ein ganzes Menü, dessen Geruch den ganzen Wagon füllt.» Ausserdem solle man die Mahlzeit möglichst kurz halten: «Es ist mühsam, wenn dauernd ein Rascheln einer Chipsverpackung oder Ähnliches zu hören ist», sagt Schwarz. Das gelte beispielsweise auch für das Kino.

«Sitze sind keine Ablageflächen»

Wer zu den Stosszeiten pendelt weiss, wie stark ausgelastet die Züge sind. Ein gängiges Phänomen sei das Besetzen von Sitzplätzen mit einer Tasche oder einem Rucksack, so Hunziker. «Sitze sind keine Ablageflächen. In Bus und Tram kann man eine Tasche zwischen die Beine nehmen, im Zug zwischen die Sitze oder in der Ablage oberhalb des Fensters verstauen», so Hunziker. Auch bei der Sitzhaltung gebe es noch viel Luft nach oben, sagt Schwarz. «Die Beine sollten nicht gespreizt oder auf den anderen Sitz gelegt werden. Für den Sitznachbarn ist es unangenehm, die gespreizten Beine des Mitfahrenden berühren zu müssen.»

Im Grossen und Ganzen stellen die beiden Knigge-Expertinnen den Schweizer Pendelnden jedoch ein gutes Zeugnis aus. «Viele verhalten sich höflich und rücksichtsvoll. Vor allem seit der Pandemie hat sich die Situation im öffentlichen Verkehr verbessert», so Schwarz.

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