Körpersprache«Extrem unsensibel, aber ein Hitlergruss war das nicht»
Ein Bild prägt die Diskussion über die Trump-Inauguration: Elon Musk, der seine rechte Hand vor sich in die Höhe streckt. Drei Experten erklären, was dahintersteckt.
Tech-Milliardär Elon Musk hat bei einer Veranstaltung zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump mit einer dem Hitlergruss ähnlich sehenden Geste für Aufsehen gesorgt.
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Elon Musk sorgte mit einer Geste für Diskussionen.
Viele sehen darin den Hitlergruss.
Ein Experte für Körpersprache sagt: Ob Musk beabsichtigte, den Faschistengruss zu zeigen, verrate die Körpersprache nicht.
Klar sei aber, dass sich der Tech-Milliardär «sehr ungeschickt» angestellt habe.
Auch Donald Trumps Amtseid sorgte für Aufsehen: Er legte währenddessen seine linke Hand nicht auf die Bibel.
Der Schwur gelte aber trotzdem, erklärt US-Wahlkampfexperte Guido Weber.
Elon Musks Auftritt an US-Präsident Donald Trumps Amtseinführung sorgt für Diskussion: Insbesondere die Szene, in der er seine rechte Hand zum Himmel streckt. Viele sehen in der Geste den Hitlergruss. Doch zeigte er diesen wirklich? Und welche Folgen wird die Aktion für Musk und Präsident Trump haben?
Extremismusexperte Dirk Baier, Stefan Verra, Experte für Körpersprache, und US-Wahlkampfexperte Guido Weber schätzen ein.
«Unbeholfen und extrem unsensibel»
«Für mich ist es kein Hitlergruss», sagt Baier. Musk mache eine Bewegung ausgehend von seinem Herz und signalisiere, dass er sein Herz ins Publikum werfe. «Zudem geht der Arm auch nicht direkt nach vorn, sondern zur Seite. Die Geste ist aber sehr unbeholfen und extrem unsensibel – und es ist bedauerlich, dass Herr Musk sich nicht derart im Griff hat, solch eine Geste, die als Hitlergruss wahrgenommen werden kann, zu vermeiden.»

«In solch einer Situation, in der ein Weltpublikum zuschaut und damit auch zahlreiche Opfer des NS-Regimes, hat er es zu unterlassen, solch eine Geste zu machen», sagt Dirk Baier.
K.C. Alfred/San Diego U-T/ZUMA Press Wire/dpaKlar ist für Baier: Musk wisse, wie «jeder einigermassen historisch gebildete Mensch», was ein Hitlergruss sei und was er bedeutet. «In solch einer Situation, in der ein Weltpublikum zuschaut und damit auch zahlreiche Opfer des NS-Regimes, hat er es zu unterlassen, solch eine Geste zu machen.»
Tatsächlich glaube der Experte aber, dass Musk Freude habe ausdrücken wollen, was ihm völlig misslungen sei. «Ich unterstelle ihm nicht, dass er eine Geste in Richtung Rechtsextreme machen wollte, also in Richtung der Proud Boys und so weiter.» Das Problem sei, dass dieses rechtsextreme Milieu das aber genau so deuten könne. «So bekommt dieses rechtsextreme Milieu bedauerlicherweise noch mehr Selbstvertrauen.»
«Sehr ungeschickt»
Auch der Experte für Körpersprache sagt: «Diese Gestik von Elon Musk ist natürlich äusserst polarisierend und trifft wohl auf eine sehr kleine, aber sehr laute Zielgruppe.» Problematisch sei die Geste vor allem, wenn man bedenke, dass Donald Trump am selben Tag 1500 Kapitol-Stürmer begnadigt hat, so Verra.
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Allerdings: «Aus körpersprachlicher Sicht kann man nicht sagen, ob er damit tatsächlich den Saluto Romano gemeint hat oder nicht», erklärt der Experte. Inhaltlich tue er nämlich gar nichts Faschistisches, Radikales oder Polarisierendes – eigentlich schicke er damit nur seinen Herzensgruss ans Publikum. «Er macht das aber sehr ungeschickt, mit der Handfläche nach unten. Damit schaut es tatsächlich aus wie der Faschistengruss», sagt Verra.
«Euphoriegefühl geht oft mit ihm durch»
Elon Musk habe eines mit Donald Trump gemeinsam: «Sie haben beide eine sehr geringe Propriozeption – also eine geringe Selbstwahrnehmung.» Es sei beiden nicht ganz bewusst, was sie mit ihrem Körper machten, deshalb wirkten beide «sehr ungeschickt», so der Experte. «Egal ob sie tanzen, mimische Signale senden, jemanden umarmen – oder eben ins Publikum grüssen.»

«Offensichtlich geht sein Euphoriegefühl sehr oft mit ihm durch»: Elon Musk an einer Veranstaltung zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump.
AFPAuch aufgrund von Musks erratischen Gesichtsbewegungen werde oft darüber spekuliert, ob er nicht wieder «Ketaminmissbrauch begangen hat». «Aber offensichtlich geht sein Euphoriegefühl sehr oft mit ihm durch: Man kennt seine Sprünge in die Luft, oder Momente wie auch bei diesem Auftritt, wo er zu Beginn die Bühne betritt, als wäre er ein Rockstar – obwohl er eigentlich ein regierungsnaher Vertreter ist», so Verra. Hier lasse Musk eine diplomatischere Körpersprache missen.
«Der Punkt ist: Es zielt alles auf eine sehr kleine Zielgruppe ab. Auch bei den Republikanern sind die meisten in der Mitte und werden sich wohl auch über diese Gestik gewundert haben», schliesst Verra. Letztlich verrate die Körpersprache nicht, ob die Geste mit seiner Hand absichtlich war, oder nicht.
Welche Konsequenzen hat die Geste?
Die Szene mit Musk wird wohl von jedem und jeder anders interpretiert werden – doch was werden die Wählerinnen und Wähler von Trump davon halten? «Das wird nicht lange diskutiert werden», meint US-Wahlkampfexperte Guido Weber.
Auch glaubt er nicht, dass die Geste – was sie nun auch darstellen soll – Konsequenzen haben wird. «Es ist die Geste eines Menschen, der dermassen überdreht ist und sich zu wenig unter Kontrolle hat. Aber es ist Amerika – die Szene wird demnächst vom nächsten Skandal überspült», so Weber.
Donald Trump sorgt mit ausbleibender Geste für Aufsehen
Auch der neue US-Präsident sorgte für Gesprächsstoff, nachdem er seine linke Hand während des Amtseids nicht auf die von Melania hingestreckte Bibel legte. Gilt sein Schwur so überhaupt? «Ja», erklärt Weber. «Die Verfassung schreibt vor, dass geschworen werden muss – aber für den Amtseid dürfen keine religiösen Vorbedingungen gestellt werden.» Sprich: Man könne niemanden zwingen, auf die Bibel – oder eine andere heilige Schrift – zu schwören. Auch andere Präsidenten – wie etwa Theodore Roosevelt oder Thomas Jefferson – haben schon beim Schwur auf die Bibel verzichtet.

Melania Trump streckte ihm die Bibel zwar zu – doch Donald Trump legte seinen Amtseid ab, ohne seine Hand auf das Gottesbuch zu legen.
AFP«Mich erstaunt es, weil er in letzter Zeit bemüht war, die besonders religiösen Kreise miteinzubeziehen – mit dem Verzicht wird er bei ihnen nicht gewonnen haben», sagt Weber. Wahrscheinlich sei die Aktion jedoch nicht lange überlegt gewesen: «Er war wohl übermannt und es ging in dem Moment einfach vergessen.»
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