Getrenntes EinkaufenKommen jetzt Laden-Zeiten für Risikogruppen?
Im Ausland können Senioren zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus zu speziellen Zeiten einkaufen. Für die Migros ist das denkbar.
Personen ab 65 Jahren und solche mit Erkrankungen sollten zu Hause bleiben und Menschenansammlungen meiden, riet der Bundesrat beim Ausruf des Notstands. Immunologe Beda Stadler fordert Supermärkte deshalb dringend zu «vernünftigen und kreativen Lösungen» auf.
«Man kann jetzt nicht einfach die Alten wie in einem Gefängnis einsperren», sagt er. Die Läden sollten deshalb für Risikopersonen separate Öffnungszeiten einführen. «Am Montagmorgen sind die meisten Viren vom Samstag tot. Dann könnten die Supermärkte ihre Filialen nur für Senioren und Risikopatienten öffnen», schlägt er vor.
Australische Kette macht es vor
Nötig sind solche Öffnungszeiten laut Stadler, weil auch diese Personen so selbstständig wie möglich bleiben wollten. «Zudem können sich auch nicht alle Personen in der Risikogruppe auf die Hilfe von jüngeren Menschen verlassen.» Erschwerend komme hinzu, dass manche Senioren im Fall von Online-Bestellungen mit der Technik zu kämpfen hätten.
Im Ausland wird die Idee bereits umgesetzt. Die australische Supermarktkette Woolworths öffnet ihre Filialen seit heute Dienstag bis am Freitag morgens von 7 bis 8 Uhr nur für Senioren und Menschen mit einer Behinderung. Einlass erhalten Senioren, wenn sie sich entsprechend ausweisen. Auch in Irland, Grossbritannien, Norwegen und Belgien sollen solche Öffnungszeiten realisiert werden.
«Nehmen Ausbreitung des Virus sehr ernst»
Bei Schweizer Grossverteilern treffen getrennte Öffnungszeiten auf Interesse. «Das ist denkbar und schon verschiedentlich aufgekommen. Entschieden ist dazu ist allerdings noch nichts», sagt Migros-Mediensprecher Marcel Schlatter. Fakt sei, dass sich die Migros gegenüber der Risikogruppe solidarisch zeigen wolle. Die Migros nehme die Ausbreitung des Coronavirus sehr ernst und arbeite eng mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zusammen.
Die Einhaltung der Hygienemassnahmen, des Social Distancing und einer intensivierten, herkömmlichen Flächenreinigung bietet laut Schlatter einen wirksamen Schutz vor einer Übertragung von Mensch zu Mensch. «Eine Übertragung des Erregers über Lebensmittel auf den Menschen ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand unwahrscheinlich. Lebensmittel, auch jene aus dem Offenverkauf, können bedenkenlos konsumiert werden.»
Schlatter hält fest, dass die Filialen zurzeit den ganzen Tag mehrfach gereinigt und desinfiziert würden. «Insbesondere auch Kontaktpunkte wie Selbstbedienungskassen und Einkaufskörbchen und -wägelchen.» Damit alle Kunden ihre Hände reinigen könnten, stelle die Migros in den kommenden Tagen Desinfektionsmittel zur Verfügung. Ähnliche Massnahmen hat Coop getroffen. «Zudem werden am Boden vor den Kassen auffällige Abstandslinien angebracht», sagt Mediensprecherin Rebecca Veiga.
«Kleine Filme von Tröpfchen»
Einige Kunden befürchten, dass im Laden – auf Touchscreens wie bei Waagen üblich – Viren lauern. Stadler stuft diese aber nicht als Virenherde ein. «Wahrscheinlich sind kleine Filme von Tröpfchen auf den Screens, diese fliegen aber innerhalb von Sekunden auf den Boden.»
Stadler empfiehlt, beim Einkaufen, auf die Distanz von zwei Metern zu achten. «Man soll sich verhalten wie die alten, vornehmen Engländer.» Wer beim Einkaufen den Kragen bis über die Nasenspitze ziehen oder sich gar nur noch mit Skibrille und Skihelm in den Laden wage, schütze sich damit nicht direkt vor Viren. «Dafür schafft man einfach Distanz, weil die Leute einem dann sowieso nicht mehr zu nahe kommen wollen», sagt er mit einem Augenzwinkern.