Koran-Verteilung - Propaganda?

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Religiöser FanatismusKoran-Verteilung - Propaganda?

In Deutschland wurden in den vergangenen Monaten über 300 000 Korane verteilt. Dahinter stecken die islamistischen Salafisten, die im Visier des Verfassungsschutzes sind. Dieser meint: Alles Propaganda!

Lies! Unter diesem Namen wurden 300 000 Korane in Deutschland verteilt.

Lies! Unter diesem Namen wurden 300 000 Korane in Deutschland verteilt.

Keystone/AP

Die Islamisten verteilen seit Monaten in deutschen Städten Exemplare der heiligen Schrift des Islam kostenlos an Nichtmuslime. Schätzungsweise wurden so bislang 300 000 Korane unters Volk gebracht. Unions-Politiker verlangten daraufhin ein Verbot der Aktion, als deren Organisator der Kölner Ibrahim Abou-Nagie gilt.

Die Liberalen Deutschlands halten das von der Union geforderte Verbot der Koranverteilung radikalislamischer Salafisten in Deutschland für verfassungswidrig. Das Grundgesetz schütze das Werben für den eigenen Glauben, solange dieser nicht die Verfassung ablehne. Die Salafisten gehen bei ihrer Kampagne allerdings nicht zimperlich vor. Nach Angaben des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) bedrohten sie kritische Journalisten und beschimpften sie als «Affen und Schweine».

FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz lehnte dies am Donnerstag ab. Das Verteilen einer religiösen Schrift sei in Deutschland nicht verboten, die Religionsfreiheit «ein hohes Gut». Auch wenn die FDP die Ziele der Propagandaaktion der salafistischen Bewegung «selbstverständlich vehement» ablehne, gebe es für ein Verbot «keinen Raum». Es wäre im Übrigen fatal, das Signal auszusenden, den Koran selbst in Misskredit zu bringen, warnte Piltz.

Der FDP-Integrationsexperte Serkan Tören nannte ein mögliches Verbot der Koranverteilung «gefährlich, weil es den verteilenden Salafisten in die Hände spielt. Diese versuchen, den Islam als unvereinbar mit dem Grundgesetz darzustellen.» Sollten deutsche Behörden, wie aus der Union gefordert, die Aktion verbieten, würden sie »ungewollt die falsche Behauptung der Salafisten« bestätigen.

«Ein liberaler Rechtsstaat hält das aus»

Auch der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann bezeichnete die Debatte als «grotesk». In einem freien Land dürfe selbstverständlich die heilige Schrift einer Weltreligion verbreitet werden. «Ein liberaler Rechtsstaat hält dies mit Leichtigkeit aus», sagte Hartmann. Den salafistischen Umtrieben müsse eine offene Gesellschaft mit den Mitteln des Diskurses und der wehrhaften Demokratie begegnen.

Dabei schloss Hartmann ein Verbot der Salafisten selbst allerdings nicht aus: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sollte die Gruppe weiter intensiv vom Verfassungsschutz beobachten lassen. «Und wenn die Sicherheitsbehörden feststellen, dass gegen Recht und Gesetz verstossen wird, sollte er auch ein Verbot in Erwägung ziehen», sagte Hartmann der «Saarbrücker Zeitung» (Freitagausgabe).

Salafisten im Visier des

Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Deutschland wertet die Verteilung kostenloser Korane durch Salafisten als Propaganda. Koran-Verteilung sei das falsche Stichwort, sagte ein Sprecher. Er verwies darauf, dass Salafisten Grundelemente der freiheitlichen Demokratie infrage stellten.

«Es geht hier um salafistische Propaganda und die Rekrutierung von Anhängern», sagte der Sprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Bodo Becker, dem «Kölner Stadt-Anzeiger» vom Freitag.

Bereits im Dezember 2010 sei ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren mit dem Ziel des Verbots gegen den Verein 'Einladung zum Paradies' eingeleitet worden, sagte Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche der dapd. «Nach bundesweiten Durchsuchungsaktionen hat dies zur Selbstauflösung des Vereins geführt.» Der Verfassungsschutz habe seitdem die Salafisten «besonders im Visier».

Journalisten bedroht

Die Islamisten sollen bei ihrer Koranverteilung Kritiker bedroht und beschimpft haben. Nach Angaben des DJV kündigten die Salafisten im Internet an, persönliche Daten von Journalisten zu veröffentlichen. Die Betroffenen des «Tagesspiegels» und der «Frankfurter Rundschau», die über Aktivitäten der Islamisten berichtet hatten, seien übel beschimpft worden.

Staatssekretär Franke sagte dazu: «Es ist für uns absolut nicht hinnehmbar, dass in Deutschland Journalisten bedroht werden und damit die Pressefreiheit eingeschränkt wird.» In den bekannt gewordenen Fällen gebe es bereits strafrechtliche Ermittlungsverfahren. (sda/ap)

Salafisten sind Anhänger einer fundamentalistischen Strömung des Islam. Sie streben nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden einen islamischen Gottesstaat an, der mit der westlichen Demokratie unvereinbar ist. Im Einzelfall akzeptieren sie demnach zur Durchsetzung ihrer Ideologie auch den Einsatz von Gewalt.

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