Rasante VerbreitungKräheninvasion in Schweizer Städten
Viele Bewohner sind verärgert ob der Krähen, die mittlerweile in Schweizer Städten heimisch sind. Jetzt werden Massnahmen ergriffen, um sie zu vertreiben.

Krähen in der Stadt Bern: Sie fühlen sich mitten im Wohnquartier vögeliwohl. Doch den Anwohnern gehen sie oft auf die Nerven.
Die Krähe ist längst nicht mehr nur auf Feldern anzutreffen: Sie hat sich dem Städtewachstum angepasst und ist zum urbanen Raubtier geworden. Das bekommen die Stadtbewohner zu spüren. Aufgerissene Müllsäcke, vollgekotete Autos und lautes Krächzen zeugen von der Präsenz der schlauen Vögel.
Viele empfinden Krähen als störend oder sogar unheimlich – das ist nicht zuletzt dem Film «Die Vögel» von Alfred Hitchcock zu verdanken, in dem Rabenkrähen Menschen attackieren. Dass am Szenario der Vogelangriffe etwas dran ist, zeigt das Beispiel eines Bauern, der in der Zeitung «Le Matin» um seine getöteten Lämmchen trauerte. Krähen hatten ihnen die Augen ausgepickt und Teile ihrer Gehirne gefressen. Auch abgesehen von solchen Horrorgeschichten sind Krähen heimtückische Tiere.
Rasante Verbreitung in Städten
Laut dem Spezialisten Christoph Vogel sorgen Rabenkrähen und Saatkrähen für den meisten Ärger. «Sie beobachten zum Beispiel einen Fuchs dabei, wie er Bratenreste aus einem Müllsack stibitzt», sagt der Ornithologe zur «Aargauer Zeitung». Da Krähen selber nichts riechen, beobachten sie und ziehen Schlüsse – ihre Intelligenz ist mit derjenigen eines Kleinkindes vergleichbar. «Nach dem Fuchs macht sich die Krähe hinter den Müll, weil sie ja nun weiss, dass sich im Sack Essbares befindet.»
Vor allem die Saatkrähen haben sich in den letzten Jahren in städtischen Gebieten verbreitet. Erste Kolonien siedelten laut der «Aargauer Zeitung» in Basel, im Aaretal und in Bern. Mittlerweile hat sich ihre Population vervielfacht: Rund 11'000 Exemplare leben in der Schweiz. Hinzu kommen die heimischen Rabenkrähen, deren Zahl auf 300'000 geschätzt wird.
Basel und Bern sind Krähen-Hochburgen
Saatkrähen scheinen sich vor allem in Basel wohlzufühlen – und sind dort zu einer regelrechten Plage avanciert. André Frauchiger, Sprecher des städtischen Bau- und Verkehrsdepartements: «Wir weisen die Bürger darauf hin, die Kehrichtsäcke so spät wie möglich auf die Strasse zu stellen. Wo das nichts hilft, empfehlen wir, sie unter Tüchern zu verstecken, sodass die Krähen nicht an sie herankommen.»
Nicht nur in Basel, sondern auch in Aarau und in Bern machen die Vögel Ärger. So etwa eine Kolonie, die sich beim Kantonsspital Aarau angesiedelt hat. Der ehemalige Chirurg und Vogelbeobachter Adolf Fäs erzählt, dass einst ein Patient aus der Narkose aufgewacht sei und als Erstes eine Krähe auf dem Fenstersims gesehen habe. Beim Anblick des Todesboten habe er geglaubt, er liege im Sterben. Nun hat man sich im Spital mit den Krähen arrangiert: In jedem Krankenzimmer liegt eine Informationsbroschüre zu den Vögeln auf.
Städte ergreifen Massnahmen
Da Krähen in den Städten kaum natürliche Feinde haben, breiten sie sich schnell aus. Sie zu vertreiben, ist schwierig. Wo Quartierbewohner wegen des Krähenlärms nicht mehr schlafen können, versucht man, die Tiere mittels Baumschnitt fernzuhalten. Damit machte man vorübergehend gute Erfahrungen. Würden in den Kronen aber wieder Blätter spriessen, kämen die Krähen wieder zurück, sagt Fäs. «Eigentlich wird man die Tiere nur los, wenn man die Bäume fällt.»
Eine Alternative zeigt Basel auf. Dort wird diesen Sonntag über die Einführung unterirdischer Kehrichtcontainer abgestimmt. Diese würden die Krähen daran hindern, die Müllsäcke zu zerreissen. In Bern wird unterdessen in einem Pilotprojekt versucht, Saatkrähen-Kolonien umzusiedeln.