Genervte BernerKrähenplage – bald gehts erst richtig los
Sie sind laut und machen Dreck – die Berner Saatkrähen haben wenig Freunde. Doch ihnen scheint es in der Stadt zu gefallen, neuerdings bleiben sie das ganze Jahr.

Neuerdings bleiben die Saatkrähen auch während des Sommers in der Stadt.
Das Geschrei der Saatkrähen hängt den Bewohnern des Berner Nordquartiers schon jetzt zu den Ohren raus. Doch das ist nur ein Vorgeschmack, denn im Mai schlüpft der Nachwuchs in den zahlreichen Nestern. Wer mehrere davon vor dem Fenster hat, kann sich auf etwas gefasst machen: Bis zu 90 Dezibel lautes Gekrähe ist möglich. Schon in den frühen Morgenstunden und bis in den Abend hinein.
Saatkrähen fühlen sich wohl
Von rund 5500 Brutpaaren in der Schweiz machen 800 Paare den Stadtbernern derzeit das Leben schwer. Trotz zirka 1600 gesamtschweizerischen Abschüssen pro Jahr nimmt die Population weiterhin zu. Die schwarzen Vögel fühlen sich in der Bundesstadt mittlerweile heimisch. Denn anstatt wie gewohnt von Ende Mai bis Oktober aufs Land zu verschwinden, sind mehrere Krähenpaare im letzten Jahr zum ersten Mal in Bern geblieben. «Es könnte sein, dass sich die Saatkrähen in der Stadt sicherer fühlen», vermutet Sabine Tschäppeler von Stadtgrün Bern. Denn seit sie zum Abschuss freigegeben wurden, müssen sie auf dem Land vermehrt um ihr Leben fürchten. Nur während der Brutzeit dürfen die Tiere nicht gejagt werden. Ein weiterer Grund könnte der nasse Sommer gewesen sein, der den Saatkrähen dauernd ein reichhaltiges Nahrungsangebot und somit genug Flugenergie bescherte.
Zahlreiche Beschwerden
In Mitleidenschaft gezogen wird aber nicht nur das Gehör der Nordquartierbewohner. Kot auf Autos, auf Köpfen und auf der Strasse – so sieht die momentane Situation unter den Nestern aus. Bei Stadtgrün gehen deswegen während der Brutzeit zahlreiche Telefone ein: «Die Anwohner beschweren sich über den Lärm und den Dreck», so Tschäppeler. Grosses Konfliktpotential haben insbesondere Nester vor dem Schlafzimmerfenster: «Im Morgengrauen sind sie sehr laut und wecken die Anwohner.»
Die Stadt kämpft an allen Fronten
Im Winter lud Stadtgrün die verschiedenen Parteien zu einer Infoveranstaltung ein. Dabei wurden den Betroffenen angeboten, sich bis Ende Januar für eine Uhu-Attrappe zu melden. Inzwischen wurden acht Attrappen bestellt und verteilt. «Die Uhus funktionieren zwar – die Krähen brüten nicht mehr direkt vor dem Haus, doch der Bestand selbst nimmt nicht ab», sagt Tschäppeler. Es gebe nur eine Verlagerung.
Eine mögliche Entschärfung für den Krähen-Knatsch: «Wir müssen versuchen, die Tiere zum Brüten aufs Land zu schicken», erklärt Tschäppeler. Die klugen Vögel flattern aber nicht freiwillig aus der Stadt. Hilfe naht deshalb aus dem Ausland – Diederik van Liere, ein holländischer Verhaltensbiologe, scheint ein Patentrezept gefunden zu haben. «Man muss ihre Gewohnheiten kennen. Ein Nest einfach auf eine Pappel setzen, weil es gut aussieht – das machen Krähen nicht mit», verrät van Liere gegenüber der «Berner Zeitung». Van Liere untersucht deshalb, was die Krähen für den Nestbau brauchen. Stadtgrün soll anschliessend einen passenden Brutplatz suchen. Eine Umsiedlung kann aber erst nächstes Jahr stattfinden, wenn sich die Krähen das nächste Mal auf Brutplatzsuche machen.