KrankenkasseArmutsbetroffene: Caritas fordert höhere Prämienverbilligungen
Die Krankenkassenprämien drohen erneut zu steigen. Dabei verursachten sie bereits 2023 Verschuldungen. Caritas fordert deshalb höhere Prämienverbilligungen.
Darum gehts
Die steigenden Lebenskosten, insbesondere die explodierenden Krankenkassenprämien, führen zu einer höheren Verschuldung.
Armutsbetroffene sind inzwischen sogar so verzweifelt, dass sie auf Arztbesuche verzichten und Lebensmittel per Kreditkarte zahlen.
Lorenz Bertsch von Caritas appelliert an die Politik und fordert höhere Prämienverbilligungen.
Wohnen, Lebensmittel, öffentlicher Verkehr und nun auch noch die Krankenkassen – ja, das Leben in der Schweiz wird immer teurer. Während einige Haushalte vorerst aber nur den Gürtel etwas enger schnallen, stecken andere bereits mitten in der Schuldenfalle.
Die Rede ist von sogenannten Working Poor. Sie arbeiten oder erhalten Krankentaggeld/Arbeitslosengeld, leben aber vielfach am sozialhilferechtlichen Existenzminimum. Bedeutet: Sie haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe und müssen für die aktuellen Mehrkosten selbst aufkommen.

Die Krankenkassenprämien werden wohl auch 2025 deutlich steigen. Das zeigt die erste Gesundheitskosten-Übersicht für das laufende Jahr.
20Min/Carole AlkabesKrankenkassen verursachen hohe Verschuldung
«Für sie haben die steigenden Kosten nicht mehr nur eine Verschlimmerung der Armut zur Folge, sondern steigern auch die Gefahr einer Verschuldung», sagt Lorenz Bertsch, Bereichsleiter der Sozial- und Schuldenberatung der Caritas St. Gallen-Appenzell.
Belastend sei insbesondere der Umstand, dass in den letzten Jahren alle möglichen Lebensbereiche teurer geworden sind. So gehe es heute nicht mehr nur um höhere Lebensmittel, sondern um viele weitere Posten, sodass sich die gesamten Mehrkosten je nach Fall auf 300 bis 500 Franken pro Monat beziffern würden.

Das sind die fünf häufigsten Schuldenarten bei Ratsuchenden.
20 Minuten/Michael Scherrer, Quelle: Schuldenberatung SchweizGrosse Sorgen bereiten Caritas vor allem die stets steigenden Krankenkassenprämien. Wie neue Zahlen der Schuldenberatung Schweiz nämlich zeigen, betrug die durchschnittliche Krankenkassenverschuldung im letzten Jahr mehr als 13’000 Franken. Das ist von allen Schuldenarten der zweithöchste Wert nach den Steuerschulden, wie der «Tages-Anzeiger» am Montag berichtet.
Armutsbetroffene verzichten auf Arztbesuche
Doch damit nicht genug. Wie Niels Jost, Mediensprecher von Caritas Schweiz, nämlich sagt, würden die hohen Prämien unter anderem auch dazu führen, dass viele armutsbetroffene Personen eine hohe Franchise wählten.
Für den damit ebenfalls hohen Selbstbehalt könnten sie kaum aufkommen, weshalb viele auf ärztliche Behandlungen verzichteten. «Eine Frau (45) aus der Ostschweiz sagte mir erst kürzlich: ‹Lieber beisse ich auf die Zähne, als dass ich mich mit Arztkosten verschulden muss›», so Jost.
Hast du Schulden?
Eine Problematik, die Lorenz Bertsch nicht allein bei den Krankenkassenprämien feststellt: «Generell stehen armutsbetroffene Personen heute vermehrt vor der Frage: Zahle ich die ausstehenden Rechnungen oder gebe ich das Geld für einen anderen dringlichen Punkt aus? Denn für alles reicht es nicht.»
Die Verzweiflung sei inzwischen sogar so gross, dass armutsbetroffene Personen vermehrt zur Kreditkarte greifen und damit die Schuldenlast in die Ferne hinausschieben würden.
Caritas-Märkte sind so beliebt wie noch nie
Caritas versucht deshalb auf unterschiedlichsten Wegen, Abhilfe zu leisten. Nebst einer gratis Sozial- und Schuldenberatung profitieren betroffene Personen auch von Rabatten bei Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten sowie vergünstigten Lebensmitteln in den Caritas-Märkten.

Caritas-Märkte bieten Menschen mit knappem Budget zahlreiche Produkte des täglichen Bedarfs – und das zu Tiefstpreisen.
20min/Marco ZanggerLetzteres erweist sich als besonders begehrt. Denn noch nie war die Nachfrage nach vergünstigten Lebensmitteln so hoch wie 2023. «Die 22 Caritas-Märkte haben insgesamt 1,1 Millionen Kundenbewegungen verzeichnet», hält Jost fest. Und auch in diesem Jahr scheint die Nachfrage ungebrochen hoch.
Auch wenn dank solcher Angebote die finanzielle Situation vieler Menschen etwas verbessert werden kann, fordert Lorenz Bertsch mehr politisches Handeln – insbesondere, was die Krankenkassenprämien betrifft. «Mir ist bewusst, dass Prämienverbilligungen nicht die Lösung sind. Doch bis die Gesundheitskosten gesenkt werden können, brauchen armutsbetroffene Personen dringend eine finanzielle Entlastung.»
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