Sexueller Missbrauch: 50-Jähriger zu 14 Jahren Haft verurteilt

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Kreisgericht WilSieben Kinder misshandelt und gefilmt – 14 Jahre Gefängnis

Sieben Mädchen soll ein 50-Jähriger misshandelt haben. Einige der Taten filmte er. Am Dienstag stand er vor Gericht. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt.

Ein 50-Jähriger musste sich vor Gericht verantworten.
Er soll sieben Mädchen sexuell misshandelt haben.
Das Kreisgericht Wil verurteilte ihn unter anderem zu einer Gefängnisstrafe von 14 Jahren.
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Ein 50-Jähriger musste sich vor Gericht verantworten.

20min/sbi

Darum gehts

  • Ein 50-jähriger Mann stand am Dienstag vor dem Kreisgericht Wil.

  • Er soll über Jahre hinweg sieben Kinder sexuell misshandelt haben.

  • Viele Übergriffe filmte der Mann mit seinem Handy.

  • Die Staatsanwaltschaft sowie die Opfer-Anwältinnen forderten eine Freiheitsstrafe.

  • Die Verteidigung forderte Freisprüche für nicht dokumentierte Taten.

  • Das Kreisgericht Wil verurteilte den 50-Jährigen zu einer Haftstrafe von 14 Jahren.

Am Dienstag stand ein 50-jähriger Mann vor dem Kreisgericht Wil. Er musste sich wegen sexueller Verbrechen an Kindern vor Gericht verantworten.

Der Mann soll von 2002 bis 2022 an insgesamt sieben Kindern im Alter von sechs bis 15 Jahren sexuelle Handlungen vorgenommen haben. Die Opfer stammten allesamt aus dem Bekanntenkreis und wurden jeweils vom Beschuldigten und seiner Familie betreut. Viele der Taten filmte der Mann mit seinem Handy.

«Wurde vom Opfer zum Täter»

Der Mann hatte in früheren Einvernahmen die meisten seiner Taten gestanden. Vor Gericht schwieg er. Der Beschuldigte gab an, in seiner Kindheit selbst sexuelle Gewalt erlebt zu haben. «Ich wurde vom Opfer zum Täter. Was mir passierte, gab ich weiter», sagte der 50-Jährige.

Es tue ihm sehr leid, was er getan habe. «Es tut mir weh, ich entschuldige mich von Herzen», so der Mann. Er sei froh, dass er in Therapie sei und seine Pädophilie behandeln könne. «Es tut mir gut und schlussendlich auch der Gesellschaft.»

Der Beschuldigte (in der Mitte) wird von der Polizei zum Gericht geführt.

Der Beschuldigte (in der Mitte) wird von der Polizei zum Gericht geführt.

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«Störte ihn nicht, dass er es in Anwesenheit anderer tat»

Die Staatsanwaltschaft forderte unter anderem eine Freiheitsstrafe. Im Plädoyer sagte die Staatsanwältin: «Der Beschuldigte zeigte in der Untersuchung stets dasselbe Verhalten. Er wählte als Opfer die Töchter bekannter Familien, die ihm ihre Kinder anvertrauten.»

Die Übergriffe seien allesamt in Alltagssituationen geschehen. «Er störte sich nicht daran, dass er es in Anwesenheit seiner eigenen Kinder, anderer Kinder, seiner Frau oder anderer Erwachsenen tat», so die Staatsanwältin.

Rückfallrisiko besteht

Die Aussagen der Mädchen seien allesamt sehr glaubhaft. «Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln.» Der Beschuldigte habe während des Strafverfahrens laut der Staatsanwältin die Strategie gefahren, lediglich das zuzugeben, was auf den Videos ersichtlich sei.

Ein forensisches Gutachten zeigt, dass ein mittleres Rückfallrisiko besteht. «Irgendwann wird er entlassen. Bestenfalls gelingt es ihm dann trotz seiner Störung deliktfrei zu leben.» Vor seiner Verhaftung habe der Beschuldigte aber jede sich bietende Gelegenheit genutzt, um Kinder in seinem Umfeld anzufassen.

Tatsächliches Ausmass laut Anwältinnen unbekannt

Die drei Opfer-Anwältinnen forderten neben einer Verurteilung analog der Forderung der Staatsanwaltschaft Genugtuungen zwischen 8000 und 45'000 Franken für die Mädchen.

«Die betroffenen Kinder werden ihr Leben lang an diesen Taten leiden», sagte eine Anwältin in ihrem Plädoyer. Es müsse davon ausgegangen werden, dass weit mehr passiert sei, als dokumentiert wurde. «Über das tatsächliche Ausmass dieser schlimmen Vorfälle kann nur spekuliert werden», so eine Anwältin.

«Er hat das Vertrauensverhältnis der Mädchen schamlos ausgenutzt», sagte eine Opfer-Anwältin vor Gericht.

«Er hat das Vertrauensverhältnis der Mädchen schamlos ausgenutzt», sagte eine Opfer-Anwältin vor Gericht.

20min/Leo Butie

Vertrauensverhältnis ausgenutzt

Der 50-Jährige habe äusserst verwerflich gehandelt und weise eine «erschreckend kriminelle Energie» auf. «Seine Taten sind ihm zwar bewusst, aber völlig gleichgültig. Der Beschuldigte machte die Opfer für seine Handlungen verantwortlich», sagte eine Anwältin. 

«Er hat das Vertrauensverhältnis, welches die Mädchen zu ihm aufgebaut hatten, schamlos ausgenutzt», so eine weitere Anwältin.

Verhalten laut Anwalt verpönt

Der Verteidiger des 50-Jährigen forderte bei sämtlichen Delikten, die auf Video aufgezeichnet wurden, einen Schuldspruch. Bei den anderen Delikten forderte er einen Freispruch. Auch er forderte eine Freiheitsstrafe.

«Wir haben einen Fall zu verhandeln, der nicht leicht verdaulich ist. Es geht um diverse sexuellen Übergriffe auf Minderjährige», sagte der Verteidiger im Plädoyer. Das Verhalten des 50-Jährigen sei sozial und strafrechtlich im hohen Masse verpönt.

«Wieso sollte er Vorwürfe abstreiten, wenn er geständig ist?»

«Der Beschuldigte hat diverse Tatvorwürfe eingestanden und für diese ist er zu bestrafen», so der Verteidiger. Er habe jedoch nicht nur Delikte eingestanden, die er auf Video aufnahm, sondern auch andere. «Was die Staatsanwaltschaft seine Strategie nannte, trifft nicht zu.»

Bei den Vorfällen, die nicht auf Video aufgezeichnet wurden, handle es sich «um klassische Fälle von Aussage gegen Aussage». «Das Gericht muss sich hier die Frage stellen, wieso er diese Vorwürfe abstreiten soll, wenn er grundsätzlich geständig ist», sagte der Anwalt.

«Der Beschuldigte hat diverse Tatvorwürfe eingestanden und für diese ist er zu bestrafen», so der Verteidiger.

«Der Beschuldigte hat diverse Tatvorwürfe eingestanden und für diese ist er zu bestrafen», so der Verteidiger.

20min/Michael Scherrer

Fast 90'000 Franken Genugtuung für Opfer

Das Kreisgericht Wil verurteilte den 50-Jährigen am Mittwoch wegen:

  • Nötigung

  • mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern

  • mehrfacher sexueller Nötigung

  • mehrfacher Schändung

  • mehrfachen Besitzens und mehrfachen Herstellens von Pornografie

Bei zwei Opfern wurde das Verfahren eingestellt, da die Tatbestände bereits verjährt waren. Der Beschuldigte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Des Weiteren wird eine stationäre Massnahme und ein lebenslanges Tätigkeitsverbot unter Bewährungshilfe angeordnet.

Zudem wurde der Mann zu einer Geldstrafe von total 5400 Franken verurteilt. Den Opfern muss der 50-Jährige Genugtuungen in der Gesamthöhe von 89'000 Franken bezahlen. Auch für die Verfahrenskosten und einen Teil der Anwaltskosten der Opfer muss er aufkommen.

«Wir hoffen, dass so etwas nie mehr vorkommt»

«Es ist uns bewusst, dass Sie eine schwierige Kindheit hatten und eigenen Missbrauch erlebten», so der Gerichtsvorsitzende in der Urteilsbegründung. Der Beschuldigte habe aber 30 Jahre Zeit gehabt, dort Massnahmen zu ergreifen. «Es war Ihnen ja bewusst, dass Sie dort Probleme hatten», so der Richter.

«Wir haben uns mit dem Verfahren schwergetan, wenn wir anschauen und lesen, was passiert ist.» Zum Teil seien auch abscheuliche Sachen drin. «Das ist jetzt die Konsequenz von dem, was passiert ist. Wir hoffen, dass so etwas nie mehr vorkommt», sagte der Gerichtsvorsitzende.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Bist du minderjährig und von sexualisierter Gewalt betroffen? Oder kennst du ein Kind, das sexualisierte Gewalt erlebt?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Kokon, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Castagna, Beratungsstelle bei sexueller Gewalt im Kindes- und Jugendalter

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Bist du selbst pädophil und möchtest nicht straffällig werden? Hilfe erhältst du bei Forio, Beforemore und bei den UPK Basel.

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