Küsnacht ZHMillionär stirbt überraschend – Wahrsagerin will Erbe kassieren
Ein IT-Manager aus Küsnacht stirbt überraschend. Und ein fragwürdiges Testament will eine Münchnerin als Alleinerbin einsetzen. Jetzt wehrt sich der Sohn des Verstorbenen.
Darum gehts
Ein IT-Manager aus Küsnacht stirbt überraschend. Eine Münchnerin beansprucht das Erbe.
Die Münchnerin präsentiert ein fragwürdiges Testament, das sie als Alleinerbin einsetzt.
Der Sohn des Verstorbenen und seine Mutter kämpfen gegen die Testamentserklärung.
Die Staatsanwaltschaft will das Verfahren einstellen, trotz unklarer Todesursache.
Der Fall wird am 25. März vor dem Bezirksgericht Meilen verhandelt.
An einem Samstagabend im Februar 2023 läutet bei der Einsatzzentrale der Kantonspolizei Zürich das Telefon. Es ist 22.35 Uhr. Am Hörer: eine Münchnerin, die mitteilt, dass die Polizei die Eigentumswohnung eines IT-Managers in Küsnacht ZH überprüfen soll. Als eine Patrouille in der Goldküstengemeinde eintrifft, findet sie den Wohnungsinhaber C.* (57) kauernd neben der Toilette im Badezimmer vor. Er ist tot.
Einen Tag später trifft die Münchnerin, die den Alarm ausgelöst hat, in Zürich ein. Mitgenommen hat die Frau, die sich auf ihrer mittlerweile abgeänderten Website als Hellseherin, Tarotkartenlegerin und Reiki-Meisterin bezeichnete, eine Patientenverfügung, die sie als alleinige Vertretungsperson des Verstorbenen definiert. Und ein Testament aus dem Jahr 2015, das sie als Alleinerbin für den Nachlass und das Vermögen einsetzt.
Kritik an fehlenden Zeugenbefragungen
Nun tobt seit zwei Jahren ein Streit um die mehrere Millionen Franken umfassende Erbschaft. Denn gesetzlicher Erbe wäre C.s mittlerweile 16-jähriger Sohn. Er und seine Mutter, die ehemalige Miss-Schweiz-Kandidatin Denise Rodriguez, kämpfen mit rechtlichen Mitteln dagegen, dass das Erbe der Hellseherin, die selbst über 100'000 Franken Schulden beim Verstorbenen hat, anheim fällt. Sie werfen der Münchnerin vor, mit unlauteren Mitteln an das Testament gekommen zu sein.
Die Staatsanwaltschaft wollte das Strafverfahren allerdings einstellen. Rodriguez kritisiert das Vorgehen der Behörden scharf: «Obwohl die Todesursache auch nach der Legalinspektion unklar blieb, wurde keine Obduktion angeordnet.» Zudem habe es in den vergangenen zwei Jahren keinerlei Zeugenbefragungen gegeben, um die ominöse Herkunft des Testaments zu klären. «Weder seine damalige Verlobte, noch sein bester Freund, seine Hausärztin oder die Hellseherin selbst wurden vorgeladen – nur eine Handschriftenuntersuchung wurde angeordnet.»
Patientenverfügung stammt von zwei Personen
Das Forensische Institut Zürich (FOR) kommt in diesem grafologischen Gutachten, das 20 Minuten vorliegt, zum Schluss, dass die Patientenverfügung von zwei unterschiedlichen Personen ausgefüllt wurde. Ob das Testament selbst aus der Feder von C. stammt, bleibt unklar: Entstehungszeitpunkt und Unterschrift auf dem Dokument konnten nicht überprüft werden.
Trotzdem reichte das Gutachten der Staatsanwaltschaft aus, um das Verfahren einstellen zu wollen. «Das bedeutet, dass mein Sohn, zu dem der Vater ein sehr gutes Verhältnis hatte, nur noch den Pflichtteil des Erbes – also die Hälfte – erhalten würde», sagt Rodriguez.
Verteidiger bestreitet Vorwürfe
Während der Anwalt von Rodriguez die ausbleibenden Ermittlungsbemühungen als «Rechtsverweigerung gegenüber dem Beschwerdeführer» bezeichnet, wehrt sich der Anwalt der Münchnerin in verschiedenen Eingaben und Repliken deutlich gegen den Vorwurf, dass das Testament mit illegitimen Mitteln zustande gekommen ist.
Er behauptet, dass seine Mandantin, die sich heute als «Idea Business Coach» bezeichnet, mit C. in einer offenen Beziehung gelebt und eine «zentrale Rolle» in seinem Leben gespielt hatte. Dass C. eine Verlobte hatte, die er ehelichen wollte, wird vom Anwalt – ohne jegliche Beweise dafür anzubieten – bestritten. Und das, obwohl die Verlobte und C. nur einen Tag vor dessen Tod aus den Ferien in Italien zurückgekommen waren.
«Best Mate» als Seelenverwandtschaft aufgefasst
Und obwohl C. die Münchnerin in verschiedenen Zuschriften nur als «best mate» bezeichnete, also als beste Freundin, wird der Ausdruck vom Anwalt als Beweis für eine Seelenverwandtschaft aufgefasst.
Verschiedene Geschenke von C. an die Münchnerin – etwa Matratzen und ein Geldgeschenk in der Höhe von 5000 Euro – werden in den Eingaben als «wertvolle Geschenke» bezeichnet – und als Beweis für die enge Beziehung der beiden.
«Umstände müssen aufgedeckt werden»
Am 25. März wird der Fall vor dem Bezirksgericht Meilen verhandelt. Gegenstand des Prozesses ist die Klage auf Ungültigerklärung und Herabsetzung des Testaments von 2015. Gegen die Einstellung des Strafverfahrens hat Rodriguez ebenfalls Beschwerde erhoben. «Die Umstände des angeblichen Testaments, das weder beim Verstorbenen noch beim Notariat aufbewahrt wurde, sondern bei der Münchnerin selbst, müssen jetzt unbedingt aufgedeckt werden», sagt Rodriguez.
Auch ihr Sohn hofft auf ein baldiges Ende des Erbschaftsstreits: «Der Tod meines Vaters hat mich genug mitgenommen – dann kam noch so etwas dazu.» Er sei enttäuscht, von den Behörden keine Unterstützung erhalten zu haben. Jetzt erwarte er endlich Gerechtigkeit. «Ich bin jetzt 16 und möchte endlich nach vorne schauen und mich auf die Schule konzentrieren können.»
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