KV-Lehrlinge klagen am meisten über Langeweile

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StudieKV-Lehrlinge klagen am meisten über Langeweile

Unterforderung, Langeweile, Monotonie – KV-Lehrlinge drehen immer wieder mal Däumchen. Das hat Risiken für die Gesundheit.

von
Dominic Benz
Langeweile wird immer wieder mal als Belastung gesehen. Das ist das Resultat einer Umfrage des Kaufmännischen Verbands (KV).
Lehrlinge in der kaufmännischen Grundausbildung nerven sich über langweilige und monotone Arbeit.
«Auch wer viel Arbeit hat, kann diese als langweilig und monoton empfinden», sagt der Leiter des Bereichs Bildung beim KV, Michael Kraft, zu 20 Minuten.
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Langeweile wird immer wieder mal als Belastung gesehen. Das ist das Resultat einer Umfrage des Kaufmännischen Verbands (KV).

Keystone/Ennio Leanza

Nicht nur Stress und Überlastung können im Job mit der Zeit zermürben. Auch wer den ganzen Tag Däumchen drehen muss, riskiert auf die Dauer seine Gesundheit. Einem solchen Risiko ausgesetzt sind offenbar auch Lehrlinge der kaufmännischen Grundausbildung. Sie nennen Unterforderung, Langeweile und Monotonie als immer wiederkehrende Belastung.

Das ist das Resultat einer Umfrage des Kaufmännischen Verbands (KV). Zum ersten Mal wurden über tausend Lehrlinge zu ihrer Gesundheit während der dreijährigen Grundausbildung befragt. Im Gegensatz zur Langeweile sind die Lehrlinge weniger von Überforderung und Überbelastung betroffen. Fast kaum ausgesetzt sind sie Mobbing, sexueller Belästigung oder Gewalt.

Gefahr von Burnout oder Depressionen

Ähnlich häufig wie über die Langeweile nerven sich die Lehrlinge über den hohen Druck am Arbeitsplatz und die grosse Arbeitsmenge. Laut Michael Kraft ist das kein Widerspruch. «Auch wer viel Arbeit hat, kann diese als langweilig und monoton empfinden», sagt der Leiter des Bereichs Bildung beim KV auf Anfrage. Ebenfalls beklagen sich die Lehrlinge über häufige Störungen und Unterbrechungen, negative Stimmung im Team, zu starke Kontrollen durch den Chef und fehlendes Feedback.

Sind Lehrlinge und Arbeitnehmer über lange Zeit solchen Belastungen ausgesetzt, kann das auf die psychische und physische Gesundheit schlagen. Die Folgen können Burnout, Depressionen oder Herz-Kreislauf-Störungen sein – oder eben ein Boreout. Darunter versteht man einen Zustand der extremen Unterforderung im Arbeitsleben. Unter dem Strich wertet der Verband die Ergebnisse der Umfrage positiv: «Im Schnitt kommen die genannten Belastungen nur ab und zu und nicht häufig vor. Daher sind die Ergebnisse nicht weiter alarmierend», sagt Kraft.

«Das hat uns schockiert»

Die Umfrage zeigt laut Kraft vor allem auf, wie wichtig die Arbeitsgestaltung und der Inhalt der Arbeit ist, damit es einem nicht langweilig wird im Job. Daher sei es wichtig, die Vorgesetzten der Lehrlinge zu sensibilisieren. «Sie müssen merken, wann etwas zu viel oder eben zu wenig ist», sagt Kraft.

Aber auch die Lehrlinge nimmt er in die Pflicht, bei Problemen wie Langeweile zu handeln. Allerdings wissen viele Lehrlinge nicht, an wen sie sich in psychisch oder sozial schwierigen Situationen wenden können. «Das hat uns schockiert», so Kraft. Laut Umfrage hat knapp die Hälfte keine Ahnung, wo sie Hilfe findet.

Kraft empfiehlt, bei Problemen das Gespräch proaktiv mit dem Berufsbildner zu suchen und sich dafür vorzubereiten. «Schreiben Sie auf, welche Punkte Sie stören, und sammeln Sie konkrete Beispiele.» Zeitgleich sei es ratsam, die eigenen Interessen aufzuzeigen und Vorschläge zum Arbeitsinhalt zu machen. Denn: Eine Arbeit, die den eigenen Interessen entspricht, lässt weniger schnell Langeweile aufkommen.

Berufswechsel macht nicht immer Sinn

Unterstützung kann man laut Kraft nicht nur beim Berufsbildner, sondern ebenso in der Personalabteilung oder beim Chef direkt suchen. Auch der Austausch mit anderen Lehrlingen kann helfen. «Wenn andere die gleichen Probleme haben, kann man sich zusammentun», sagt Kraft.

Falls nichts davon nütze, müsse man die eigene Situation grundlegend überdenken. So könne man im 1. Lehrjahr allenfalls einen Lehrstellen- oder Berufswechsel prüfen und etwas wählen, das einem mehr interessiere. Kurz vor Lehrabschluss sei das aber weniger ratsam. «Wiegen die Probleme nicht allzu schwer, ist das Durchbeissen wahrscheinlich die bessere Lösung», sagt Kraft.

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Mehr als die Hälfte der KV-Lehrlinge konsumiert Alkohol

Die Umfrage des KV hat auch ermittelt, was für Sucht- und Genussmitel die KV-Lehrlinge während ihrer Grundausbildung konsumieren. Rund jeder zweite gab an, Alkohol zu trinken. Knapp ein Drittel raucht Tabak, während gut ein Siebtel Cannabis konsumiert. Kaum eingenommen werden laut Umfrage Medikamente oder harte Drogen wie Kokain oder Ecstasy. Rund 40 Prozent geben gar an, keine Genuss- und Suchtmittel genommen zu haben. Das KAV betont, laut Angaben der KV-Abgänger die Substanzen in der Regel nicht während der Arbeitszeit konsumiert wurden. Inwiefern eine Verbindung zwischen dem Konsum von Sucht- und Genussmitteln und der Arbeit besteht, kann aufgrund Umfrage-Daten nicht analysiert werden, schreibt das KV.

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