Luzern: «Leider finden wir auch traurige Dinge» – das erleben die Abfalltaucher

Aktualisiert

Luzern«Leider finden wir auch traurige Dinge» – das erleben die Abfalltaucher

Die Abfalltaucher Schweiz haben zwei Tonnen Güsel aus dem Luzerner Seebecken geholt. Zwischen vielen Velos, Blechen und dem üblichen Abfall fanden sie diesmal eine Luftpistole als kuriosesten Gegenstand. Rausgefischt worden ist auch ein Fasnachts-Grend. 

Die Taucher stossen bei ihren Einsätzen immer wieder auf kuriose Gegenstände, die Fragen aufwerfen: Gartenstühle, Kinderwagen, Rollatoren, Autoreifen, Bürostühle, Schubkarren und vieles mehr wurde bereits aus Schweizer Seen geholt. 
Neben den Tieren leiden auch Pflanzen unter dem Abfall. Wenn Plastik auf den Boden sinkt, erhalten sie zu wenig Sauerstoff und gehen ein. 
Die Freiwilligen sind nicht nur im Wasser tätig: Mit Ständen, welche neben dem Einsatzort aufgestellt werden, klären sie Passanten über die Folgen der Wasserverschmutzung auf.  
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Die Taucher stossen bei ihren Einsätzen immer wieder auf kuriose Gegenstände, die Fragen aufwerfen: Gartenstühle, Kinderwagen, Rollatoren, Autoreifen, Bürostühle, Schubkarren und vieles mehr wurde bereits aus Schweizer Seen geholt. 

Michael Moeser

Darum gehts

  • Am letzten Samstag befreiten Abfalltaucher den Vierwaldstättersee von rund zwei Tonnen Abfall. 

  • Die Freiwilligen halfen am Ende des Tages bei einem spontanen Einsatz auch einem Polizisten. 

  • Im letzten Jahr fischten sie in ihren rund 14 Einsätzen knapp 35 Tonnen Güsel aus Schweizer Seen.

  • Unter den gefundenen Gegenständen waren auch schon Dildos und eine Gummipuppe. 

  • Der Abfall in den Gewässern ist schädlich für die Pflanzenwelt und kann Tiere sogar töten.  

«Das Kurioseste, das wir dieses Mal rausgeholt haben, war eine Luftpistole. Diese haben wir vor Ort der Polizei übergeben», erzählt Matthias Ardizzon, Präsident der Abfalltaucher Schweiz. Die Polizei bestätigt auf Anfrage, dass es sich dabei um eine Schreckschusspistole handelt. «Das Komischste, das ich je herausgefischt habe, war eine vermutlich teure Gummisusi und viele Riesendildos», sagt Ardizzon und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. In einem ihrer Tiktoks sieht man, wie sie bei Weggis zwei ganze Toiletten aus dem Wasser geholt haben. 

Zwischen den unzähligen Glasflaschen, Plastikabfall wie Besteck, Röhrli, Einwegverpackungen und Velos fanden die 16 Taucher am Samstag einige Smartphones und volle Portemonnaies. «Die Polizei versucht nun, die Besitzer dieser Gegenstände ausfindig zu machen.» Auch ein Grend, als Überbleibsel der Fasnacht, wurde wieder ans Tageslicht befördert. Aus dem Wasser gezogen wurde weiter noch ein Barhocker.  

«Wir haben schon Tiere herausgeholt, die in einem Käfig versenkt wurden und starben.» 

Matthias Ardizzon, Präsident der Abfalltaucher Schweiz

Ardizzon: «Leider finden wir auch traurige Dinge. Wir haben schon Tiere herausgeholt, die in einem Käfig versenkt wurden und starben. Oder Fische, die ein Glas eines Shots im Magen hatten und so verendet sind. Oft sehen wir Schwäne, die ihre Nester aus Plastikabfall, Strohhalmen, Zigarettenverpackungen und PET-Flaschen bauen.» 

Ardizzon nahm auch wahr, dass der Fischbestand über die Jahre zurückgegangen ist: «Fische können nicht zwischen Plastik und Plankton unterscheiden, fressen den Abfall und sterben dann daran. Auch Pflanzen können wegen des mit Plastik übersäten Bodens nicht mehr richtig atmen und gehen kaputt», sagt er.

Sogar Ölfässer werden in Gewässern entsorgt 

Es gibt nichts, was nicht in Gewässern entsorgt wird, wie Ardizzon weiss: «Oft finden wir grosse Fässer und wissen nicht, was der Inhalt ist. Daher holen wir sie so behutsam wie möglich an die Oberfläche, um eine Ölkatastrophe zu verhindern». In den Corona-Jahren wurden sehr viele Hygienemasken herausgefischt. «Damals fanden wir allgemein mehr Abfall im Wasser als nach der Pandemie», so der 50-Jährige. Im letzten Jahr wurden rund 35 Tonnen Abfall aus Schweizer Gewässern geholt. «Das sind fünf Lastwagen», schreiben die Abfalltaucher in einem Linkedin-Post. Die Bevölkerung zeigt sich für ihre Arbeit dankbar. «Passanten applaudierten von der Seebrücke aus, als wir Gegenstände aus dem Wasser hievten. Das ist sehr schön. Wir hatten auch gute Gespräche mit den Leuten bei unseren Aufklärposten».

Taucher halfen bei einem Polizeieinsatz 

«Als wir gegen 16 Uhr fertig waren und zusammen packten, rief uns die Polizei, die unweit von uns auf der Seebrücke einem Passanten halfen. Ihm war die Freisprechanlage seines Töffs ins Wasser gefallen. Die Polizisten baten uns, zu helfen, und wir taten das auch. So etwas ist uns noch nie passiert.» Neben der engen und guten Zusammenarbeit mit der Polizei sagt Ardizzon Folgendes: «Der Abfall wird von der Stadt Luzern umweltgerecht entsorgt. Für diese gute Zusammenarbeit sind wir sehr dankbar.» Finanziert wird die Arbeit der diesmal 28 Freiwilligen von Spendengeldern und Sponsoren. 

Hast du auch schon mal Abfall in einen See oder Fluss geworfen? 

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