Leistungsdruck: Schweizer Kinder in Therapie

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LeistungsdruckMehr als die Hälfte der Schweizer Primarschüler waren in Therapie

Immer mehr Kinder in der Schweiz leiden unter Leistungsdruck: Mehr als die Hälfte hat bis Ende der Primarschule eine Therapie hinter sich.

Erfolgsdruck schon im Kindergarten: Kinder spüren die Erwartungen der Erwachsenen früh – oft beginnt der Leistungsdruck bereits im Vorschulalter. (Symbolbild)
Mehr als die Hälfte der Primarschulkinder hat bereits therapeutische Unterstützung erhalten. (Symbolbild)
Zehn Prozent der Kinder leiden unter Schul- und Prüfungsangst, manche entwickeln sogar Erschöpfungsdepressionen.
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Erfolgsdruck schon im Kindergarten: Kinder spüren die Erwartungen der Erwachsenen früh – oft beginnt der Leistungsdruck bereits im Vorschulalter. (Symbolbild)

IMAGO/Sven Simon

Darum gehts

  • Mehr als die Hälfte der Kinder in der Schweiz hat bis zum Ende der Primarschule eine Therapie gemacht.

  • Zehn Prozent der Kinder leiden unter Schul- oder Prüfungsangst.

  • Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm fordert einen Perspektivenwechsel hin zu authentischeren Kindern.

In der Schweiz hat mehr als die Hälfte der Kinder bis zum Abschluss der Primarschule bereits eine Therapie in Anspruch genommen. Dies zeigt eine Entwicklung, die eng mit dem zunehmenden Leistungsdruck verbunden ist, wie die CH-Media-Zeitungen berichten.

Rund zehn Prozent der Kinder leiden zudem unter Schul- oder Prüfungsangst, wie es im Bericht weiter heisst. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie spricht von einem alarmierenden Anstieg sogenannter «Burnout Kids», die bereits in jungen Jahren an Erschöpfungsdepressionen leiden.

«Kultur der Überleistung»

Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm sieht die Hauptursache nicht allein bei überambitionierten Eltern, sondern vor allem in der Bildungspolitik. Diese fördere eine «Kultur der Überleistung», die Kinder frühzeitig einem hohen Erfolgsdruck aussetzt. Bereits im Kindergarten spüren viele Kinder die Erwartungen der Erwachsenen, die sie nicht immer erfüllen können. «Kinder müssen nicht durchgehend Hochleistungen zeigen. Sie dürfen Fehler machen und Misserfolge erleben», so Stamm.

Ein zentraler Punkt sei die mangelnde Selbstwirksamkeit vieler Kinder, die ihre Erfolge nicht sich selbst, sondern äusseren Faktoren wie Nachhilfe oder Glück zuschreiben. Dies schwäche das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und fördere Selbstzweifel. Besonders betroffen seien sogenannte «Überleister», deren Potenzial regelmässig überstrapaziert werde.

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Erziehungswissenschaftlerin fordert Perspektivenwechsel

Stamm betont, dass die zunehmende Akademisierung des Bildungssystems Eltern oft dazu drängt, ihre Kinder auf Höchstleistungen zu trimmen, um beispielsweise den Zugang zu Gymnasien zu sichern. Gleichzeitig werde der Druck auf Kinder mit geringeren Begabungen erhöht, die unter keinen Umständen als «Langsamlernende» stigmatisiert werden sollen. Die Folge sei häufig ein überdimensioniertes Engagement der Eltern, das Kindern mehr schade als nütze.

Die Erziehungswissenschaftlerin fordert einen Perspektivenwechsel: «Wir müssen weg von der Kultur der Überleistung hin zu authentischeren Kindern, die nicht immer glänzen müssen», sagt sie gegenüber den CH-Media-Zeitungen. Ein Zitat von Heinrich Pestalozzi untermauert ihre Forderung: «Das Herz der Kinder darf leben und wirken, doch sie müssen nicht immer glänzen.» Dieses Leitbild sei in der heutigen Hochleistungsgesellschaft aktueller denn je.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine Depression?

Hier findest du Hilfe:

Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858

Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen

Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55

Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

VASK, regionale Vereine für Angehörige

Psyfinder, qualifizierte Fachpersonen in deiner Nähe

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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