GrossbritannienArchie (12) darf nicht im Hospiz sterben – Eltern gehen wohl erneut in Berufung
Die Eltern von Archie haben durch alle Instanzen gegen den Abbruch der lebenserhaltenden Massnahmen geklagt und verloren. Am Freitag hat eine Richterin entschieden, dass Archie im Spital sterben muss.
Darum gehts
Die Eltern von Archie (12) wollen ihren Sohn «in Würde» in einem Hospiz sterben lassen. Am Donnerstag berichteten englische Medien, dass sie mit Archie auf dem Weg in ein Hospiz seien. Das hat sich nun als falsch herausgestellt. Wie die «Daily Mail» berichtet, hat eine Richterin diesen Wunsch der Eltern abgelehnt und sie dazu aufgefordert, den Buben im Spital sterben zu lassen. Der Rechtsstreit könnte sich noch bis am Freitag um 14 Uhr (15 Uhr MEZ) hinziehen.
In ihrem Urteil lehnte Richterin Justice Theis auch den Antrag der Eltern auf einen neuen Sachverständigen ab, der eine Bewertung der Risiken einer Verlegung in ein Hospiz abgeben sollte. Es wird vermutet, dass die Familie das neue Urteil direkt beim Berufungsgericht anfechten wird. Richterin Theis gewährte einen Aufschub des Behandlungsabbruchs bis Freitag 14 Uhr, um Zeit für die Einlegung eines Rechtsmittels zu haben.
Die Angehörigen von Archie haben versprochen, «bis zum Ende zu kämpfen», um ihn in letzter Minute in ein Hospiz zu verlegen, damit er «in Würde» sterben kann. Eine Einrichtung sei bereit, den Buben aufzunehmen, wenn sie die Erlaubnis dazu erhält, so ein Sprecher der Familie. Archies Mutter, Hollie Dance, hat geschworen, ihrem sterbenden Sohn Mund-zu-Mund-Beatmung zu geben, wenn die Ärzte ihm den Sauerstoff verweigern, nachdem sie die lebenserhaltenden Massnahmen eingestellt haben.
Europäischer Gerichtshof greift nicht ein
Das höchste britische Gericht hatte die Entscheidung der behandelnden Ärzte gestützt, Archie sterben zu lassen. Dies sei im besten Interesse des Buben. Auch ein letzter Appell der Eltern an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg blieb erfolglos. Das Organ des Europarats lehnte es am Mittwochabend ab, sich in den Fall einzumischen. Archies Mutter Hollie Dance zeigte sich daraufhin gebrochen. «Das ist das Ende», sagte sie vor Reportern in London. Dance warf der Klinik vor, sie breche ihr Versprechen, dass Archie in einem juristischen «Worst-Case-Szenario» in ein Hospiz kommen könne.
Verlegung in Hospiz laut Ärzten höchst riskant
Archies Eltern versuchten daraufhin, die Verlegung von Archie in ein Hospiz erwirken, damit ihr Sohn in einer ruhigeren, friedlicheren Umgebung seine letzten Stunden erleben kann. Das Krankenhaus lehnte dies jedoch ab: «Archie ist in einem solch instabilen Zustand, dass ein erhebliches Risiko sogar dann besteht, wenn er innerhalb seines Krankenhausbettes gedreht wird, was im Rahmen seiner fortlaufenden Pflege erfolgen muss», teilte der Krankenhausbetreiber mit. Eine Verlegung mit dem Krankenwagen in eine völlig andere Umgebung würde daher höchstwahrscheinlich seinen Zustand rapide verschlechtern.
Gericht folgt Einschätzung des Spitals
Der High Court folgte dieser Einschätzung. Es sei im besten Interesse Archies, dass die lebenserhaltenden Massnahmen im Krankenhaus statt in einer anderen Umgebung eingestellt würden, sagte die Richterin. Die Londoner Klinik hatte bereits mehrfach Zeitpunkte für die Einstellung der Massnahmen verkündet, die sich durch den langen Rechtsstreit um Archies Schicksal jedoch immer wieder verzögerten.
Archie liegt seit April im Koma. Bei einem Unfall zu Hause in Southend-on-Sea hatte er sich schwere Hirnverletzungen zugezogen, womöglich bei einer Internet-Mutprobe. Der Fall erinnert an ähnliche Auseinandersetzungen um unheilbar kranke Kinder in Grossbritannien. Was im besten Sinne des Patienten ist, entscheiden oft Richter auf Empfehlung von Medizinern. Der finanziell stark unter Druck stehende britische Gesundheitsdienst neigt dazu, lebenserhaltende Massnahmen sehr viel früher zu entziehen, als das in anderen europäischen Ländern der Fall wäre, wo es zuweilen eher Konflikte gibt, wenn Kranke oder Angehörige Geräte aus eigenem Willen abschalten wollen.
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Hier findest du Hilfe:
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirchen
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch
Lifewith.ch, für betroffene Geschwister
Verein Regenbogen Schweiz, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Pro Senectute, Beratung älterer Menschen in schwierigen Lebenssituationen
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