Obergericht BernLiebefelder Schütze muss weniger lang hinter Gitter
2011 erschoss ein 37-jähriger Türke einen Kontrahenten und wurde verurteilt. Das Berner Obergericht bestätigte nun den Schuldspruch – reduzierte aber die Dauer.
Der 37-jährige Türke, der Ende 2011 in Liebefeld mitten auf der Strasse einen Kontrahenten erschoss, ist auch in zweiter Instanz der vorsätzlichen Tötung in Notwehrexzess schuldig gesprochen worden. Allerdings reduzierte das bernische Obergericht die Strafdauer.
Während das Regionalgericht Bern-Mittelland vor einem Jahr noch eine Freiheitsstrafe von elf Jahren und sieben Monaten verhängt hatte, sprach das bernische Obergericht nun eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie eine Geldstrafe aus. Das gab Oberrichter Fritz Aebi am Donnerstag am Schluss des zweitinstanzlichen Prozesses bekannt.
Obergericht bestätigte Schuldsprüche
Das Obergericht bestätigte auch Schuldsprüche für Raufhandel sowie für einen Angriff, der nichts mit den Ereignissen von Liebefeld zu tun hat. Einen weiteren erstinstanzlichen Schuldspruch – wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz – hatte der Beschuldigte anerkannt.
Der Verteidiger des Verurteilten hatte einen Freispruch im Hauptvorwurf verlangt. Schon vor der ersten Instanz hatte er dies getan mit der Begründung, es handle sich um Totschlag durch Notwehr oder entschuldbaren Notwehrexzess. Die Staatsanwältin beantragte, das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen.
Erst Kollegen, dann Kontrahenten
Zu beurteilen hatten das Regionalgericht und danach das Obergericht einen Streit zwischen zwei ehemaligen Kollegen, die im gleichen Metier tätig waren. Am 26. Dezember 2011 eskalierte der Streit. Zuerst kam es – am Nachmittag – in einem Berner Restaurant zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung.
Dann boten beide Männer Helfer auf und trafen am Abend in einem Liebefelder Restaurant aufeinander. Weil die Gruppe des späteren Schützen kleiner war, entschloss sie sich zur Flucht. Der Beschuldigte kam aber nicht weit: Bei der Bushaltestelle Steinhölzli musste er mit seinem Auto hinter einem Bernmobil-Bus anhalten.
Deshalb überholte der Kontrahent den späteren Schützen, stellte sein Fahrzeug quer vor dessen Auto und holte einen Baseballschläger hervor. Dann ging er auf seinen Gegner zu. Es kam zu einem Gerangel, in dessen Verlauf ein Schuss dem Mann mit dem Baseballschläger in die Brust ging und ihn tötete. Danach kam es zu einer Schlägerei zwischen den beiden Gruppen.
Verschulden wiegt weniger schwer
In der Urteilsbegründung sagte Oberrichter Aebi, wer selber an der Gewaltspirale drehe respektive sie überhaupt in Gang setze, und wer danach zu einer Waffe greife und sie bereitmache, handle nicht entschuldbar. Deshalb sehe das Obergericht keinen entschuldbaren Notwehrexzess. Aebi sprach auch von «unangemessenen Abwehrmitteln».
Die Dauer der Freiheitsstrafe reduzierte das Gericht, weil die Vorinstanz von einem schwereren Verschulden ausgegangen und einen direkten Vorsatz angenommen habe. Das Obergericht habe – gestützt auf eine andere Einschätzung der Positionen der Männer beim fatalen Schuss – einen Eventualvorsatz angenommen, so Aebi am Rand der Verhandlung auf Anfrage von der Nachrichtenagentur sda. Zudem habe die erste Instanz den Angriff in die Freiheitsstrafe einberechnet, während das Obergericht diese Tat mit einer Geldstrafe sanktioniere.
(sda)