Lieber Spektakel in Zug als NHL-Alltag in NY

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«Time out»Lieber Spektakel in Zug als NHL-Alltag in NY

Ist Zug besser als ein NHL-Team? Der Versuch einer Antwort auf eine Frage, die vor 25 Jahren niemand zu stellen gewagt hätte.

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg
NLA und NHL sind nur mit Vorbehalten miteinander vergleichbar. (Bilder: Keystone/AFP)

NLA und NHL sind nur mit Vorbehalten miteinander vergleichbar. (Bilder: Keystone/AFP)

Die Flugverbindungen zwischen New York und Zürich und der NHL-Spielplan machen es möglich: Ein NHL- und ein NLA-Spiel in der Zeitspanne von 30 Stunden live im Stadion zu sehen. New York Islanders gegen Minnesota Wild am Montag 13.00 Uhr Ortszeit und Zug gegen Langnau am Dienstag 20.00 Uhr Ortszeit.

Was ist also die Differenz zwischen einem durchschnittlichen NHL-Spektakel und einem mittelmässigen NLA-Spiel? Mit den frischen Eindrücken im Gedächtnis lässt sich für einmal durchaus ein Vergleich ziehen.

Kreativität vs. Intensität

Die spielerische Qualität bei Zug gegen Langnau war besser – obwohl es ja nur eine durchschnittliche Partie war. Aber es war eben eines der Spiele, die so typisch für unsere höchste Liga sind: Viel Raum und Zeit für die Spieler, hohes Tempo, viel Kreativität und somit auch hoher Unterhaltungswert.

Aber die Intensität war beim Spiel der Islanders gegen Minnesota im Quadrat höher. Das kleinere, fast vier Meter schmälere Eisfeld macht einen enormen Unterschied. NHL-Hockey ist nicht besser oder schlechter – es ist primär anders. Wenig Zeit und wenig Raum für Kunststücke. Das erste Ziel ist die Vermeidung von Fehlern und das schnelle Abspielen des Pucks, bevor es rumpelt. Das Spiel ist viel einfacher strukturiert. Ein NLA-Spiel gemahnt an ein Gemälde von Pablo Picasso. Eine NHL-Partie eher an einen Holzschnitt von Heiner Bauschert. NHL-Spieler müssen im Quadrat robuster, kräftiger sein als NLA-Stars.

Talent kann im Gegensatz zu Kraft nicht trainiert werden

Läuferisch und technisch könnte die Hälfte der Spieler von Langnau und Zug bei den New York Islanders mithalten. Aber die meisten sind nicht robust genug für die NHL. Umgekehrt taugen zwei Drittel der Spieler bei den Islanders nicht für eine Ausländerrolle in der NLA: Läuferisch zu wenig gut. Die Islanders sind ja auch kein Spitzenteam und zu einer Art NHL-Antwort auf die Rapperswil-Jona Lakers verkommen.

Kraft und Robustheit sind in erster Linie eine Frage des Trainings. Talent kann hingegen nicht antrainiert werden. Noch vor 25 Jahren war die NLA Lichtjahre von der NHL weg. Die Frage, ob Zug besser sein könnte als ein NHL-Team, kam gar niemandem in den Sinn.

Ob sich ein Schweizer in der NHL durchsetzen kann, wie Luca Sbisa oder Mark Streit, ist inzwischen nicht mehr eine Frage des Talentes. Sondern eher des Willens und der Bereitschaft, sich der Belastung des nordamerikanischen Sportes auszusetzen. Der geradezu heilige und viel zu grosse Respekt vor der NHL schwindet. Damien Brunner kann eine grosse NHL-Karriere machen.

Nach einem Monat wäre Lichterlöschen

Der EV Zug bietet im Herbst 2011 das bessere Hockeyspektakel als die New York Islanders. Die Fans würden im «Nassau Veterans Memorial Coliseum» auf den Sitzen tanzen, wenn ihre Mannschaft ein Spektakel aufführen würde wie der EV Zug gegen die SCL Tigers. Lieber Spektakel in der Bosshard-Arena als NHL-Alltag in New York.

Die Zuger haben ja bereits bewiesen, dass es einer NLA-Mannschaft möglich ist, auf dem breiten europäischen Eisfeld ein NHL-Team unter günstigen Umständen zu besiegen. Aber keine Schweizer Mannschaft könnte die Intensität und den Energieverschliess einer ganzen NHL-Saison mit Spielorten verstreut über einen ganzen Kontinent verkraften. Spätestens nach einem Monat wäre Lichterlöschen.

Der Sieg des EV Zug über die New York Rangers ist übrigens in den Hockeykreisen in New York durchaus zur Kenntnis genommen worden. Die Partie ist sogar auf einem lokalen TV-Kanal übertragen worden, kommentiert aus einem Studio. Am meisten beeindruckt sind die Kenner von der Leistung von Patrick Fischer: Es sei schon erstaunlich, dass ein Stürmer so spät in seiner Karriere noch ein so guter Defensivverteidiger werden konnte. Keiner hat bemerkt, dass Zugs Verteidiger Patrick Fischer nicht der ehemalige Zuger Stürmer Patrick Fischer ist.

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