PetitionLinke wollen Pharmafirmen Corona-Impf-Patente wegnehmen
Die Formel für die Corona-Impfstoffe soll nicht mehr geschützt sein. Die Juso fordert, dass der Bundesrat in der Welthandelsorganisation eine temporäre Aufhebung der Impfstoff-Patente unterstützt.
Darum gehts
Die Jungsozialisten fordern, dass die Patente von Moderna & Co. aufgehoben werden.
Über einen entsprechenden Antrag diskutiert bald die WTO.
Laut einem Experten dürfte dieser es aber schwer haben.
Moderna, AstraZeneca, Biontech/Pfizer: Von den vielversprechenden Herstellern der Covid-Impfung haben sich die Industrienationen reichlich eingedeckt. Zwar treffen auch sie jetzt die Lieferengpässe der Produzenten. Doch ungleich schlechter stehen jene Länder im globalen Süden da, die sich noch gar keinen oder nur sehr beschränkten Zugang zum Vakzin sichern konnten.
Die Jungsozialisten prangern diese Ungerechtigkeit nun in einer Petition an. Sie verweisen darauf, dass Indien und Südafrika in einer Sitzung der Welthandelsorganisation (WTO) vom 4. Februar beantragen werden, die Corona-Impfpatente temporär aufzuheben.
«Tiefere Preise und grössere Mengen»
«Eine Aufhebung von Patenten bedeutet, dass die ‹Rezepte› für die Impfstoffe von allen genutzt werden können und nicht nur von einigen wenigen Firmen» schreibt die Juso in ihrer Petition. Das ermögliche eine grössere Produktionskapazität und tiefere Preise für alle. «Nur so können wir eine weitere Zunahme der extremen Armut im globalen Süden und Hunderttausende weitere Todesfälle verhindern.» Die Jungsozialisten fordern, dass sich auch die offizielle Schweiz für diesen Kurs in der WTO einsetzt.
Juso-Chefin Ronja Jansen erklärt gegenüber 20 Minuten: «Es kann nicht sein, dass der Staat Corona-Impfungen mitfinanziert, jetzt aber die Pharmafirmen damit Kasse machen.»
Auch SP-Nationalrat Cédric Wermuth machte am Montag in der Wirtschaftskommission des Nationalrats mit einem Antrag Druck, in dem er ebenfalls fordert, dass sich die Schweiz für die Aufhebung von Patenten während der Pandemie einsetzt.
«Verschiedene Studien sowie die Internationale Handelskammer kommen zum Schluss, dass die Pandemie die Investitionen von Unternehmen im Ausland – selbstredend auch von solchen aus der Schweiz – gefährdet, wenn die Impfstoffe nicht weltweit in ausreichendem Mass zur Verfügung stehen. Der schnellste Weg diesem Engpass zu entgehen besteht in der temporären Aufhebung des Patentschutzes für den Impfstoff», so Wermuth.
«Das ist ein No-Go»
Wie ZHAW-Gesundheitsökonom Tilman Slembeck kürzlich zu 20 Minuten sagte, gibt es in manchen Ländern die Möglichkeit der Vergabe von sogenannten Zwangslizenzen. Dabei erhalten Hersteller die Erlaubnis, einen Impfstoff oder ein Medikament zusätzlich zu produzieren, ohne selbst das entsprechende Patent zu besitzen. Das ist laut dem Gesundheitsökonomen aber ein grosses Tabu: «Firmen wie BioNTech haben jahrzehntelang geforscht und viel Geld in die Entwicklung des Impfstoffs gesteckt. Ihnen jetzt die Erträge dafür wegzunehmen, wäre ein No-Go.»
Auch der Verband Interpharma kann der Juso-Petition nichts abgewinnen. Eine Verwässerung des Patentschutzes werde nicht zu einer schnelleren Forschung und Entwicklung noch zu einem schnelleren Zugang zu Impfungen führen, so eine Sprecherin. «Der Schutz von geistigem Eigentum fördert Forschung und Entwicklung – innerhalb von 10 Monaten wurden weltweit 347 Impfstoffkandidaten in präklinischen und klinischen Studien erforscht oder befinden sich in klinischen Studien.» Solche Fortschritte seien nur dank eines florierenden Innovations-Ökosystems möglich, das durch geistige Eigentumsrechte gestützt werde.
«Schweiz braucht starken Patentschutz»
Die Schweiz brauche einen starken Patentschutz, damit der Forschungsplatz attraktiv bleibe und international nicht abgehängt werde, betont Interpharma. Der Verband verweist zur Bekämpfung der Ungleichheit bei der Impfstoffverteilung auf die Covax-Initiative. Diese soll eine gerechte Verteilung von COVID-19-Impfstoffen an alle Länder gewährleisten. «Die Schweiz nimmt an dieser Initiative teil und engagiert sich bereits für eine globale Lösung für eine gerechte Verteilung von Covid-19-Impfstoffe.»