Lohn für pflegende AngehörigeBundesgericht verschärft den Prämien-Horror
Angehörige von psychisch Erkrankten sollen der Krankenkasse Betreuungsgelder verrechnen können. Bürgerliche sind fassungslos – sie befürchten massive Kosten.
Darum gehts
Angehörige sollen für die Betreuung von psychisch Erkrankten von der Krankenkasse entlöhnt werden können. Experten warnen vor explodierenden Gesundheitskosten.
SVP-Nationalrätinnen sind empört. Die Prämien würden so massiv steigen.
Auf linker Seite äussert man sich zurückhaltend.
Angehörige, welche psychisch erkrankte Familienmitglieder betreuen, sollen Anspruch auf Entschädigung durch die Krankenkasse geltend machen können. Das hat das Bundesgericht entschieden, wie die «Sonntagszeitung» berichtet. Bislang war es üblich, dass pflegende Angehörige für genau festgelegte Tätigkeiten wie die Hilfe beim Essen oder beim Umziehen entlohnt werden konnten. Jetzt soll das aber auch für die «Überwachung und Unterstützung psychisch kranker Personen» möglich sein.
Rechtsexperten warnen vor einem starken Anstieg der Gesundheitskosten, in der Politik sorgt das Urteil aufseiten der Bürgerlichen für rote Köpfe. «Die Gerichtsurteile werden immer absurder», findet SVP-Nationalrätin Martina Bircher. Die Entlöhnung der Angehörigen werde dadurch «massiv ausgeweitet».
SVP empört über Gerichtsurteil
Angehörigenpflege solle nur vergütet werden, wenn durch sie Heimeintritte oder sonstiger Mehrkosten verhindert werden könnten. «Bereits heute ist es leider oft so, dass diese Kosten ‹on top› vergütet werden», so Bircher.

Diana Gutjahr, Nationalrätin SVP: ««Personen mit psychischer Erkrankung brauchen keine dauerhafte Betreuung, wie dies bei starken körperlichen Gebrechen der Fall ist.»
20min/Matthias SpicherIhre Parteikollegin Diana Gutjahr findet es «zwar grundsätzlich besser, wenn pflegebedürftige Personen zu Hause betreut werden, anstatt in einer Institution, wo sie monatlich Zehntausende Franken an Kosten verursachen», wie sie sagt. Dazu müsse man auch Anreize schaffen. «Personen mit psychischer Erkrankung brauchen jedoch keine dauerhafte Betreuung, wie dies bei starken körperlichen Gebrechen der Fall ist», so Gutjahr.
Gerade angesichts der stetig steigenden Gesundheitskosten sei eine zusätzliche Vergütung deshalb nicht angebracht – «sonst drohen die Prämien ins Unermessliche zu steigen», warnt sie. Um das zu verhindern, müsse jetzt jeder seinen Teil zur Senkung der Gesundheitskosten beitragen und Verantwortung übernehmen. «Nicht zuletzt hat man als Familie auch die Aufgabe, füreinander zu sorgen», findet die SVP-Nationalrätin.
Grünen-Nationalrätin: «Rolle der Angehörigen wird noch wichtiger»

Manuela Weichelt, Nationalrätin Grüne: ««Der Fachkräftemangel und die steigende Anzahl von älteren Menschen werden zu einer noch wichtigeren Rolle der Angehörigen führen.»
20min/Matthias SpicherDie grüne Nationalrätin Manuela Weichelt äussert sich zurückhaltend. Über eine angemessene Entschädigung von pflegenden Angehörigen müsse gesprochen werden, findet sie. Denn: «Der Fachkräftemangel und die steigende Anzahl von älteren Menschen werden zu einer noch wichtigeren Rolle der Angehörigen führen», so Weichelt.
Wie hoch diese sein dürfen, will sie nicht pauschal sagen. Man müsse nämlich auch schauen, wie Mehrausgaben gedeckt werden. «Die Finanzen kann man nicht ohne die Diskussion bezüglich Mehreinnahmen oder anderer Priorisierung diskutieren», sagt sie.
Auch die SP setzt sich seit Jahren für die Vergütung von privat verrichteter Care-Arbeit ein. Die von 20 Minuten kontaktierten Politikerinnen und Politiker der Partei waren am Sonntag leider nicht erreichbar oder gaben an, sich vor einer Stellungnahme zuerst vertiefter mit dem Urteil auseinandersetzen zu wollen.
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