LohnstrukturerhebungNeue Zahlen: Schweizer Medianlohn liegt bei 6788 Franken
Das Bundesamt für Statistik präsentiert am Dienstag die aktuelle Lohnstrukturerhebung für 2022. Grosse Lohnunterschiede zeigen sich je nach Wirtschaftszweig.

An einer Medienkonferenz stellte das BFS die neue Lohnstrukturerhebung vor. Auch Arbeitgeberverband und Gewerkschaftsbund waren anwesend.
20min/Matthias SpicherDeine Meinung zählt
Zusammenfassung
Das BFS stellte die Resultate der neusten Lohnstrukturerhebung vor. Die Daten stammen aus dem Jahr 2022.
Der monatliche Bruttomedianlohn lag 2022 für eine Vollzeitstelle bei 6788 Franken im Monat – privater und öffentlicher Sektor zusammengerechnet. Die Mittelschicht erhielt mit 11,5 Prozent seit 2008 das geringste Lohnwachstum – bei den am besten bezahlten Arbeitnehmenden stieg der Lohn in diesem Zeitraum um 13,5 Prozent an, bei den am schlechtesten bezahlten gar um 14,3 Prozent.
Lohnunterschied zwischen Frau und Mann wird kleiner
Die Löhne in der IT-Branche, der Pharmaindustrie, bei den Banken und der Tabakindustrie lagen mit bis teils über 13’000 Franken im Monat weit über dem Medianlohn. Im Detailhandel, dem Gastgewerbe, der Beherbergung sowie bei persönlichen Dienstleistungen hingegen finden sich die tiefsten Löhne. Den Medianlohn zahlten Branchen wie das Baugewerbe, die Luftfahrt, die Maschinenindustrie oder der Grosshandel aus.
Die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern konnten weiter abgebaut werden: Lag der Unterschied im Jahr 2020 noch bei 10,8 Prozent, ist er 2022 auf 9,5 Prozent gesunken.
Gewerkschaftsbund und Arbeitgeberverband streiten sich
Bei der Medienkonferenz anwesend war auch Roland Müller vom Arbeitgeberverband und Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund. Müller hob die trotz angespannter Lage wegen der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg angestiegenen Löhne hervor und sprach sich gegen kantonale Mindestlöhne aus. Verhandlungen der Mindestlöhne seien Sache der Sozialpartner im Rahmen der Gesamtarbeitsverträge.
Lampart meinte daraufhin, er sei «heute sehr irritiert». Ein Mindestlohn von 5000 Franken für Lehrabgänger sei das Minimum. Es störe ihn, wenn «man sich darüber beklagt, dass die Bevölkerung existenzsichernde Löhne fordert.»
Medienkonferenz beendet
Die Medienkonferenz ist beendet.
«Sozialpartnerschaft ist keine Liebesbeziehung»
Roland Müller vom Arbeitgeberverband und Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund zeigen sich bezüglich kantonaler Mindestlöhne und Lohnverhandlungen zwischen den Sozialpartnern während der Konferenz sehr uneinig.
Besonders Lampart scheint ziemlich aufgebracht. Auf Nachfrage einer Journalistin diesbezüglich sagt Lampart: «Die Sozialpartnerschaft ist keine Liebesbeziehung, das ist eine Zweckbeziehung. Es heisst nicht, dass wir uns persönlich gut verstehen.»
«Ich bin heute sehr irritiert»
«Es ist kein Wunder, gibt es eine Flucht vor der Lehre», meint Lampart vom Gewerkschaftsbund. Als Grund sieht er die tiefen Löhne für Lehrabgänger. Man müsse das System der Lehre stärken.
«Ich bin heute sehr irritiert. Es stört mich, wenn man sich darüber beklagt, dass die Bevölkerung existenzsichernde Löhne fordert», schiesst er dann nochmals zurück gegen Müller.
«Auch wenn wir uns streiten sind Sozialpartnerschaften tragend»
«Aufgrund der schwierigen Situationen rund um Corona sind die Löhne und die Wirtschaft stabil geblieben. Dies aufgrund der Sozialpartnerschaften», so Müller, Direktor des Arbeitgeberverbandes. «Auch wenn wir uns streiten und die Köpfe rauchen, sind die Sozialpartnerschaften ein tragendes Element in der Schweiz.»
Es gehe nicht darum, die arbeitende Bevölkerung in die Sozialhilfe zu treiben, entgegnet er zudem auf die Kritik von Seiten des SGB. Er wolle nur keine sozialpolitischen Mindestlöhne, sondern Lohnverhandlungen unter den Sozialpartnern.
SGB: «Mindestlohn von 5000 Franken ist das absolute Minimum»
«Insgesamt ist die Wirtschaftslage gut bis sehr gut», so Daniel Lampart, Sekretariatsleiter und Chefökonom des SGB. «Aber immer mehr Haushalte haben Mühe, mit dem Einkommen über die Runden zu kommen.» Er kritisiert, dass seit 2021 in Gesamtarbeitsverträgen kein Teuerungsausgleich mehr stattgefunden habe. «Das war für die Sozialpartner früher eine Selbstverständlichkeit.»
Bei den Post- und Kurierdiensten seien die Reallöhne sogar zurückgegangen. In der Industrie- und Metallbaubranche ebenfalls. Generell tiefe Löhne kritisiert er in der Pflege, den Kitas und im Detailhandel.
«Ich finde es ein Armutszeugnis, wenn ein Arbeitgebervertreter sagt, man müsse den Armen helfen», schiesst Lampart gegen seinen Vorredner Müller. «Selbst die Lehre reicht heute teilweise nicht mehr, um zu leben.» Das könne doch nicht sein. «Aus unserer Sicht ist ein Mindestlohn von 5000 Franken für Personen mit Lehre das absolute Minimum.»
SAV: «Kantonale Mindestlöhne sind nicht nötig»
«Die letzten Jahre waren für die Wirtschaft sehr herausfordernd», sagt Roland A. Müller, Direktor des SAV. Er erwähnt die Corona-Pandemie und den Angriffskrieg von Russland. «In vielen Branchen gab es trotzdem teils substenzielle Lohnerhöhungen», so Müller. Die Lohnschere sei dabei nicht etwa grösser geworden, die tiefen Löhne seien stärker angestiegen als die Höchstlöhne.
Zürcher spricht sich gegen kantonale Mindestlöhne aus. «Mindestlöhne führen dazu, dass die Unternehmen die Kosten auf die Kunden abwälzen», sagt er. Man müsse stattdessen den Armen durch Sozialhilfe helfen.
Um die Differenz zwischen den Löhnen von Frauen und Männern weiter zu senken, sei eine bessere Vereinbarkeit zwischen Arbeit und Familie sowie positive steuerliche Reize nötig.
3 von 4 Unternehmen bezahlen 13. Monatslohn
76,2 Prozent der Unternehmen bezahlen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen 13. Monatslohn. Nur jedes vierte Unternehmen zahlt keinen solchen aus.
Ausländische Kader verdienen mehr als Schweizer Kader
Ausländerinnen und Ausländer im oberen und mittleren Kader verdienen im Median mehr als Schweizerinnen und Schweizer auf der gleichen Hierarchiestufe. Auf tieferen Stufen ist es aber genau umgekehrt.
Gender Pay Gap reduziert sich
«Der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau geht stetig zurück», so Didier Froidevaux, Sektionschef Löhne und Arbeitsbedingungen. Es gebe aber immer noch deutliche Differenzen.
Die höchsten Löhne in Zürich, die tiefsten im Tessin
«Die Lohnlandschaft gestaltet sich für die verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich», so Ulrich. Den höchsten Medianlohn gibt es im Kanton Zürich, den tiefsten im Tessin.
Nur «moderater» Lohnanstieg in der Mittelschicht
Der Medianlohn in der Schweiz liegt im Jahr 2022 bei 6788 Franken brutto für eine Vollzeitstelle. «Die Löhne der Mittelschicht sind nur moderat angestiegen», so Georges-Simon Ulrich, Direktor BFS. Stärker angestiegen sind die Löhne in der Unter- und Oberschicht.
Medienkonferenz beginnt
Die Medienkonferenz beginnt. Der Direktor des BFS erklärt: Für die Lohnstrukturerhebung seien 2,3 Millionen Einkommen aus über 35'000 Unternehmen erhoben worden.
Medienkonferenz um 9.30 Uhr
Das Bundesamt für Statistik informiert in einer Medienkonferenz um 9.30 Uhr – verfolge sie hier live.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Der monatliche Bruttomedianlohn lag 2022 für eine Vollzeitstelle bei 6788 Franken im Monat – privater und öffentlicher Sektor zusammengerechnet. Die Mittelschicht erhielt mit 11,5 Prozent seit 2008 das geringste Lohnwachstum – bei den am besten bezahlten Arbeitnehmenden stieg der Lohn in diesem Zeitraum um 13,5 Prozent an, bei den schlechtesten bezahlten gar um 14,3 Prozent.
Die Löhne in der IT-Branche, der Pharmaindustrie, bei den Banken und der Tabakindustrie lagen mit bis teils über 13’000 Franken im Monat weit über dem Medianlohn. Im Detailhandel, dem Gastgewerbe, der Beherbergung sowie bei persönlichen Dienstleistungen hingegen finden sich die tiefsten Löhne. Den Medianlohn zahlten Branchen wie das Baugewerbe, die Luftfahrt, die Maschinenindustrie oder der Grosshandel aus.
Die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern konnten weiter abgebaut werden: Lag der Unterschied im Jahr 2020 noch bei 10,8 Prozent, ist er 2022 auf 9,5 Prozent gesunken.