CEO-Tötung als Terrorakt: Warum die Anklage scheitern könnte

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Luigi MangioneCEO-Tötung als Terrorakt: Warum die Anklage scheitern könnte

Luigi Mangione wird nicht nur wegen Mordes, sondern auch wegen Terrorismus angeklagt. War das wirklich ein guter Schachzug von Staatsanwalt Alvin Bragg?

Luigi Mangione wurde am 19. Dezember 2024 nach New York gebracht ...
... wo ihn ein Gerichtstermin und neue Anklagepunkte erwarteten.
Er war aus Hollidaysburg, Pennsylvania in den Staat New York überstellt worden.
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Luigi Mangione wurde am 19. Dezember 2024 nach New York gebracht ...

Getty Images via AFP

Darum gehts

  • Luigi Mangione ist wegen Mordes und einer terroristischen Tat angeklagt.

  • Staatsanwalt Alvin Bragg sieht in der Tat eine Einschüchterung der Öffentlichkeit.

  • Ein Gesetz nach 9/11 erlaubt solche Anklagen bei Einschüchterung der Zivilbevölkerung.

  • Eine Verurteilung wegen Terrorismus schliesst Bewährung aus und hat schwerwiegendere Folgen.

Luigi Mangione ist am Dienstag nicht nur wegen Mordes, sondern auch wegen einer «terroristischen Tat» angeklagt worden. Für den Staatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, war der Mord an UnitedHealthcare-CEO Brian Thompson keine «gewöhnliche» Tötung. «Im Grunde genommen war dies eine Tötung, die Terror auslösen sollte», sagte Staatsanwalt Bragg. Seine Entscheidung, den Terrorvorwurf in Mangiones Anklageschrift einzubeziehen, ändert das Szenario für den mutmasslichen Killer – aber auch für die Anklage. Eine Übersicht der Situation:

Wann gilt eine Tat als «terroristisch»?

Ein Gesetz, das in den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet wurde, erlaubt der Justiz, gewisse Verbrechen als «terroristische Handlungen» anzuklagen, wenn sie «darauf abzielen, eine Zivilbevölkerung einzuschüchtern oder zu nötigen, die Politik einer Regierungseinheit durch Einschüchterung oder Nötigung zu beeinflussen und das Verhalten einer Regierungseinheit durch Mord oder Entführung zu beeinflussen.»

Warum ist für Bragg Mangiones Tat terroristisch?

Staatsanwaltschaft Alvin Bragg ist überzeugt, dass die Tötung des CEOs einer Krankenversicherung «ein erschreckender, gut geplanter, gezielter Mord» war, «der Schock, Aufmerksamkeit und Einschüchterung hervorrufen sollte». Dies sei damit begründet, dass die Tat früh an einem Werktag geschah, in einer Gegend, die von Pendlern, Geschäftsleuten und Touristen frequentiert wird.

Der Fall erfordere «eine abschreckende Botschaft, um Nachahmer zu verhindern». Bragg spricht damit die grosse Anzahl Menschen in den USA an, die Luigi Mangione als Helden verehren.

Was denkst du über die Anklage von Luigi Mangione wegen einer terroristischen Tat?

Was unterscheidet eine Verurteilung wegen Mordes von einer terroristischen Tat?

Der Hauptunterschied zwischen einer Verurteilung wegen Mordes und einer terroristischen Tat besteht darin, dass für letzteres keine Bewährung möglich ist.

Macht die Anklage wegen Terror Sinn?

Dass Mangiones angebliche Tat unter das Terrorismusgesetz fällt, sei für die Anklage wichtig, «um der Öffentlichkeit die Botschaft zu vermitteln, dass Gewalt keine Lösung für ideologische Konflikte ist», meint Barbara McQuade, Rechtsprofessorin und ehemalige Staatsanwältin in Michigan, zum Sender USA Today.

Bragg habe «richtigerweise erkannt, dass in diesem Fall mehr auf dem Spiel stand als der Tod eines einzelnen Opfers. Dieser Mord scheint ein Fall von Selbstjustiz zu sein, bei dem eine Einzelperson als Richter, Geschworener und Henker für ein Muster von Unternehmensverhalten fungiert, von dem nicht bekannt ist, dass es gegen irgendwelche Strafgesetze verstossen hat», schreibt Rechtsexpertin McQuade in einer Kolumne auf NBC.

Die Ermordung des UnitedHealthcare-CEOs Brian Thompson hat in den USA zu einer Serie hasserfüllter Proteste über US-Krankenversicherer geführt.

Die Ermordung des UnitedHealthcare-CEOs Brian Thompson hat in den USA zu einer Serie hasserfüllter Proteste über US-Krankenversicherer geführt.

AFP

Ist mit dem Terrorvorwurf eine Verurteilung garantiert?

Nein. Der ehemalige Bundesanwalt Neama Rahmani warnt, dass die Anklage wegen Terrorismus und vorsätzlichen Mordes gegen Luigi Mangione «ein riskanter Schachzug» sei, der die Strafverfolgung erschweren könnte.

«Ich verstehe, warum Bragg das getan hat, aber jetzt wirft es die Frage auf, warum Mangione das getan hat», sagte Rahmani zu «NewsNation». Auf der Suche nach dem Warum wird sich die Staatsanwaltschaft mit der Vergangenheit des Killers befassen müssen. Mit anderen Worten: Die Anklage muss laut dem Experten die «Absicht, die Öffentlichkeit einzuschüchtern oder die Regierungspolitik zu beeinflussen» beweisen müssen.

Angesichts der landesweiten Debatte über die Rolle von Versicherungsgesellschaften wird es den Staatsanwälten schwerfallen, Geschworene mit einem gewissen Mass an Sympathie für den Angeklagten auszusortieren, schreibt die «New York Times». Der Verteidigung werde auch noch eine Plattform geboten, auf der sie «gegen das US-amerikanische Gesundheitssystem wettern» werden könne.

Der Staatsanwalt mache mit der Ergänzung des Terrorvorwurfs «aus einem eindeutigen Mordfall eine komplizierte Debatte über die Gesundheitsbranche», schlussfolgert der Journalist der «New York Times». Die Anklage geht nun die Gefahr ein, «die beunruhigendsten Aspekte des Falles in den Vordergrund zu rücken und so eine Verurteilung zu erschweren.»

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