Spass-Hacker hören aufLulzSec streicht die Segel
Die berüchtigte Hacker-Truppe Lulz Security hat überraschend die Auflösung bekanntgegeben. Aber ist das wirklich das Ende?

Mission beeendet. Aber können die Spass-Hacker ihren Kopf noch aus der Schlinge ziehen? (Bildmontage: 20 Minuten Online)
Die Hackergruppe Lulz Security hat nach einer Reihe spektakulärer Angriffe auf Webseiten von Unternehmen und dem US-Geheimdienst CIA das Ende ihrer Tätigkeiten bekannt gegeben. «Wir sind Lulz Security, und dies ist unsere letzte Botschaft», schrieb die Gruppe am Samstag.
«Unsere für 50 Tage geplante Kreuzfahrt ist beendet, und wir müssen nun fortsegeln», liess die Gruppe von «sechs Mitgliedern» auf dem Kurznachrichtendienst über Twitter verlauten. Einen konkreten Grund für ihre Auflösung nannte sie nicht, jedoch war in den letzten Tagen der Fahndungsdruck auf die Netzpiraten gestiegen.
CIA-Website lahmgelegt
Lulz Security, auch LulzSec genannt, hatte sich die stilisierte Darstellung eines Schiffs als Logo gewählt. Der Name der Gruppe leitet sich ab vom englischen Szenewort «lulz» (LOL steht für «laugh out loud», laut lachen) und «Security» .
Die Hackergruppe hatte in den vergangenen Wochen zahlreiche Onlineangriffe gestartet. Unter den Opfern waren der US-Senat sowie die Unternehmen Sony und Nintendo. Auch die Internetseite des US- Geheimdienstes CIA legten die Hacker für gut zwei Stunden lahm.
Weiter hatten sie aus Protest gegen das scharfe Einwanderungsrecht in Arizona interne Daten der Sicherheitsbehörde des US-Bundesstaates im Internet veröffentlicht. Zum Schluss vermeldete die Vereinigung noch mal einen grossen Coup: Sie gelangte an interne Dokumente des Internetkonzerns AOL und der Telefongesellschaft AT&T. Damit will sich die Gruppe nun begnügen.
Revolution soll weitergehen
In den vergangenen 50 Tagen hätten sie Unternehmen, Regierungen und die Bevölkerung selbst «gestört und entblösst, einfach weil wir es konnten», hiess es weiter. Sie hofften, dass die Bewegung zu einer Revolution führe, die ohne sie weitergehe. Lulz Security hat stets betont, dass sie sich amüsieren wolle und keine kriminellen Ziele verfolge.
Internationale Ermittler und Sicherheitsfirmen fahnden nach den Mitgliedern der Gruppe. Nach Informationen der «New York Times» arbeitet die US-Bundespolizei FBI dabei mit Agenten des Auslandgeheimdienstes CIA und europäischen Sicherheitsbehörden zusammen.
Ex-Hacker nimmt Stellung
Doch auch innerhalb der Szene hat der Druck auf LulzSec in den letzten Tagen zugenommen. Aktivisten der niederländischen Gruppe TeamPoison legten das Blog eines mutmasslichen Mitglieds der Gruppe lahm und drohten damit, Namen und Daten von LulzSec-Mitgliedern preiszugeben.
Der Sicherheitsberater und ehemalige Hacker Kevin Mitnick sagte, die Gruppe habe sich wahrscheinlich ausgerechnet, dass das Risiko, dass man ihnen auf die Spur kommt, mit jeder Aktion grösser werde. Sie hätten aber Nachahmer in der ganzen Welt gefunden, daher seien ähnliche Angriffe wie die von LulzSec auch nach deren Auflösung zu erwarten. «Sie können sich zurücklehnen und das Chaos beobachten, ohne Gefahr zu laufen, gefasst zu werden», sagte Mitnick.
Erste Verhaftung
Am vergangenen Montag war in London ein 19-jähriger Brite unter dem Verdacht festgenommen worden, zu Lulz Security zu gehören. Obwohl die Gruppe dies abstritt, wurde er am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen.
Nachdem dem Gericht am Samstag eine Diagnose vorgelegt worden war, wonach der junge Mann unter dem Asperger-Syndrom, einer Form des Autismus, leidet, ordnete der Richter zunächst seine Freilassung auf Kaution an. Nach einem Einspruch der Staatsanwaltschaft wurde diese Entscheidung jedoch wieder zurückgenommen.
Nur «Atempause»?
Die angekündigte Auflösung der Hackergruppe Lulz Security ist nach Angaben eines ihrer sechs Mitglieder nicht dem Druck durch das ermittelnde FBI oder feindlicher Hacker geschuldet. «Wir hören nicht auf, weil wir Angst vor dem Gesetz haben», erklärte das Mitglied der Nachrichtenagentur AP über den Online-Telefondienst Skype. «Die Presse wird unserer überdrüssig, und wir werden unserer selbst überdrüssig.»
Dabei fügte er hinzu, dass drei oder vier Lulz-Security-Mitglieder «eine Atempause» einlegen würden. Der Informant kündigte an, seine Aktivitäten als Hacker möglicherweise ganz einstellen zu wollen. (sda)
Mutmasslicher Hacker soll Autist sein
Ein 19-Jähriger mutmasslicher britischer Hacker bleibt vorerst bis Montag in Haft. Ryan Cleary sollte eigentlich am Samstag nach einem Gerichtsentscheid auf Kaution entlassen werden, doch legte die Staatsanwaltschaft in London gegen die Entscheidung Beschwerde ein.
Der 19-Jährige soll für eine Reihe von Cyberangriffen im vergangenen Jahr verantwortlich sein. Erst kürzlich soll Cleary die Webseite der britischen Polizeibehörde zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens (SOCA) angegriffen haben. Am Montag wird erneut über eine Freilassung auf Kaution entschieden. Sollte der Jugendliche dann entlassen werden, würde dies unter der Bedingung geschehen, dass er keinen Zugang zum Internet hat.
Der Anwalt von Cleary erklärte, sein Mandant sei autistisch und müsste deshalb freigelassen werden. Bei dem 19-Jährigen sei das Asperger-Syndrom diagnostiziert worden. Zudem leide er unter Agoraphobie, Angstzuständen an bestimmten Orten.
Die Diagnosen wecken Erinnerungen an den Fall eines anderen britischen Hackers, Gary McKinnon, der nach dem 11. September 2001 in US-Militärcomputer eingedrungen war. Eine Auslieferung an die USA hat sich wegen der Debatte über seinen Gesundheitszustand verzögert.
Bislang werden Cleary nur Hackerangriffe in Grossbritannien zur Last gelegt. Weitere Klagen sind nach Angaben eines Richters aber möglich. So wird spekuliert, dass er Mitglied der Hackergruppe Lulz Security ist. Das hat die Gruppe selbst zurückgewiesen.
(dapd)