Sexismus am ZFF?Männer dürfen nur in Begleitung einer Frau zur Abschlussparty
«Weil sich junge Männer oft schlecht benehmen», dürfen sie nur in Begleitung einer Frau an die ZFF Closing Night. Jetzt hat sich die Fachstelle für Gleichberechtigung ans Festival gewandt.
Darum gehts
Am Samstag geht das siebzehnte Zurich Film Festival zu Ende.
An der Closing Night können Stars und eingeladene Nicht-Promis zusammen das Festival ausklingen lassen.
Männer werden allerdings nur reingelassen, wenn sie in Begleitung einer Frau aufkreuzen. Die Abschlussparty solle schliesslich kein «Polterabend voller Männergruppen» sein, so die Veranstalter.
Unter den Organisationen, die sich für Gleichberechtigung einsetzten, kommt das nicht bei allen gut an.
Am Samstag geht das siebzehnte Zurich Film Festival (ZFF) mit einer Award Show zu Ende. Im Bernhard-Theater neben dem Opernhaus findet die Closing Night statt, bei der sich Schauspielerinnen und Schauspieler, Influencerinnen und Influencer sowie Politikerinnen und Politiker vergnügen können. Willkommen sind auch eingeladene Nicht-Promis. Für die gelten nebst dem «Black Tie»-Dresscode allerdings noch zusätzliche Auflagen – besonders für Männer.
Auf der Einladung zur ZFF-Party steht nämlich: «Männer können sich nur in weiblicher Begleitung anmelden.» Zudem gelten für Frauen und Männer unterschiedliche Mindestalter. Frauen dürfen bereits ab 20 Jahren rein, Männer erst ab 23. Ist das noch zeitgemäss? Und – dürfen aufgrund dieser Regelung also keine schwulen Paare rein?
«Keine Diskriminierung, sondern ein Fakt»
Marcel Maurer alias DJ Muri legt zusammen mit Seigi Sterkoudis an der ZFF-Afterparty auf. Bei den Einlassregeln hätte das ZFF auf ihre Expertise vertraut. «Diese Türpolitik gilt an dieser Party, seit es das Filmfestival gibt», so Maurer gegenüber dem «Tages Anzeiger». Der Grund: «Jüngere Männer benehmen sich im Ausgang oft schlecht.» Frauen im gleichen Alter seien hingegen reifer, was das tiefere Mindestalter rechtfertige.
Bei den Partygängerinnen- und Partygängern käme die Regelung jeweils gut an. «Die Gäste schätzen diese Türpolitik sehr», so DJ Muri zur Zeitung. Schliesslich würden Frauen im Ausgang oft belästig werden. Die Closing Night hingegen solle eine Party werden, an der sich Paare in schönen Kleidern vergnügen können – und kein Polterabend voller Männergruppen. «Wenn Männer Alkohol getrunken haben, wissen sie oft nicht mehr, was Anstand bedeutet», so Maurer zur Zeitung. Das sei keine Diskriminierung, sondern ein Fakt. Schwule Paare und Menschen, die sich nicht als Frau oder Mann identifizierten, seien selbstverständlich willkommen, betont der Veranstalter.
«In der EU wären solche Regeln wohl verboten»
Die Frage, ob solche Regeln legal sind, ist leicht geklärt: «Rechtmässig ist die Türpolitik vermutlich», sagt Aner Voloder von der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung zur Zeitung. In der Schweiz gäbe es schliesslich kein Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts oder Alters bei Events von Privaten. Eine Veranstalterin oder ein Clubbetreiber könne selbst entscheiden, wer Zutritt zu einer Party erhalte. In der EU seien die Gesetze hingegen strikter. «Dort wären die Einlassregeln des Zurich Film Festival wohl nicht erlaubt.»
Helena Trachsel von der Fachstelle für Gleichstellung des Kantons Zürich sagt ebenfalls zur Zeitung, dass keine Diskriminierung im Sinne des Gleichstellungsgesetzes vorliege. Solche Regelungen gäbe es auch in anderen Zürcher Szene-Clubs, und Zünfte würden beispielsweise seit jeher nur Männer zulassen. «Dennoch ist es wichtig, dass wir darüber diskutieren», so Trachsel. Um auf das Thema zu sensibilisieren, habe sie eine E-Mail an die Verantwortlichen des ZFFs geschrieben. Eine Antwort auf ihre Anfrage habe sie bisher allerdings nicht erhalten.
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, aufgrund der Geschlechtsidentität diskriminiert?
Hier findest du Hilfe:
Gleichstellungsbüros nach Region
Gleichstellungsgesetz.ch, Datenbank der Fälle aus Deutschschweizer Kantonen
Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann
«Es ist dramatisch, dass Männer als Sicherheitsrisiko gelten»
Hannes Rudolph von der Homosexuellen Arbeitsgruppe Zürich (HAZ) hält laut der Zeitung nicht viel von der Einlass-Regelung am Abschlussabend. Er finde es «eine absurde Vorstellung, dass Frauen die Männer an einer Party beschwichtigen sollen». Ausserdem würden die Kriterien auf der Einladung das heteronormative Denken der Veranstalter deutlich machen. Nonbinäre Personen seien auf der Einladung nicht angesprochen, und Männer und Frauen würden pauschal auf traditionelle Rollen festgelegt werden.
Eine andere Meinung hat Markus Theunert vom Dachverband Männer- und Väterorganisationen. Er findet die Begründung der Partyveranstalter nachvollziehbar und nicht diskriminierend. «Klar ist es dramatisch, dass junge Männer als Sicherheitsrisiko gelten», sagt er zur Zeitung. Aber das sei nicht der Fehler von DJ Muri, Seigi Sterkoudis oder vom Zurich Film Festival, sondern generell eine politische Frage. Noch immer gäbe es an den Schulen zu wenig «Buben-Arbeit» und keine kritische Auseinandersetzung mit gängigen Männlichkeitsnormen.
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