Männer über 50 werden immer häufiger noch Papi

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Anstieg der ZahlenMänner über 50 werden immer häufiger noch Papi

1855 Männer ab 50 wurden 2016 in der Schweiz Vater – das sind dreimal so viele wie zwanzig Jahre zuvor. Experten sehen Vorteile, aber auch Nachteile des Trends.

von
Nikolai Thelitz
Immer häufiger gibt es Väter, die bei der Geburt des Kindes schon über 50 Jahre alt sind.
Ältere Väter seien für die Kinder auch positiv, sagt Familiensoziologe François Höpflinger. Sie könnten den Kindern eher finanzielle Stabilität bieten. «Nach der Pensionierung haben sie ausserdem viel Zeit für den Nachwuchs.»
Kinder von alten Vätern seien jedoch schon früher mit einer Pflegesituation oder mit dem Tod konfrontiert. «Das kann gerade für eine junge Person belastend sein.»
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Immer häufiger gibt es Väter, die bei der Geburt des Kindes schon über 50 Jahre alt sind.

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Die Schweizerinnen und Schweizer lassen sich mit dem Kinderkriegen mehr Zeit als früher. 2016 waren die Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 31,8 Jahre alt, 1996 lag der Wert noch bei 29,5 Jahren. Auch bei den Männern lässt sich ein Anstieg des Alters feststellen. Besonders stark zugelegt hat die Gruppe der Väter ab 50: Im Jahr 1996 war der Vater bei 625 neugeborenen Kindern schon mindestens 50 Jahre alt, 2016 waren es laut Zahlen des Bundesamtes für Statistik schon 1855 Fälle. Das ist ein Anstieg von 0,8 auf 2,2 Prozent aller Geburten. Vorletztes Jahr gab es 22 Fälle, in denen die frischgebackenen Väter gar 70 oder älter waren.

Felix Häberlin, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin, sagt: «Grund für diese Entwicklung ist vor allem die immer später stattfindende Familienplanung. Junge Frauen machen längere Ausbildungen und sind häufiger berufstätig, der Kinderwunsch wird erst später aktuell. Somit steigt auch das Alter der Väter an.»

Die Statistik zeigt auch: Bei den Müttern bleibt ein Alter von über 50 bei der Geburt eine Ausnahme, 2016 gab es gerade einmal 33 Fälle. «Bei den Frauen kommt es ab 40 zu mehr Fehlgeburten, weil die Eizellen überaltert sind. Wenn eine Frau mit 50 noch ein Kind gebärt, hat sie in der Regel eine Eizellenspende einer jüngeren Frau erhalten.»

«Arzt muss beurteilen, wie fit der Mann noch ist»

Die Spermien der Männer würden sich hingegen kontinuerlich erneuern, viele Männer seinen deshalb bis ins hohe Alter zeugungsfähig. «Die Spermienqualität nimmt ab aber 60 meist ab», so Häberlin. Das Risiko für psychische Probleme, Autismus und gewisse Erbkrankheiten beim Kind steige ebenfalls leicht, dieses Risiko werde beim Beratungsgespräch thematisiert. Kritischer sei hingegen die gesetzliche Verpflichtung der Ärzte, das Kindeswohl sicherzustellen. «Eltern müssen für das Kind sorgen können, bis es erwachsen ist. Wenn man mit 70 noch Vater wird, dürfte dies in vielen Fällen schwierig werden.»

Könne ein Paar auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen und suche deshalb einen Arzt auf, stehe dieser vor einer schwierigen Entscheidung. «Er muss beurteilen, wie fit der Mann noch ist, bevor er eine künstliche Befruchtung durchführt. Dazu wird auch gelegentlich der Kantonsarzt beigezogen.» Die kritische Grenze liege bei der heutigen Lebenserwartung bei etwa 65 Jahren, es müsse jedoch jeder Fall individuell betrachtet werden.

«Ältere Väter können finanzielle Stabilität bieten»

Auch Familiensoziologe François Höpflinger macht die spätere Familienplanung für den Anstieg verantwortlich. «Ein Faktor sind auch Männer, die in der zweiten Ehe noch Kinder zeugen und entsprechend schon älter sind.» Paartherapeut Klaus Heer ergänzt: «Diese suchen meistens jüngere Frauen, die vielleicht auch noch Kinder haben möchten. Indem sie ihnen diesen Wunsch erfüllen, binden die Männer die Frauen an sich.»

Ältere Väter seien für die Kinder auch positiv, sagt Höpflinger. Sie könnten den Kindern eher finanzielle Stabilität bieten. «Nach der Pensionierung haben sie ausserdem viel Zeit für den Nachwuchs.» Für die Kinder mache das Alter meist keinen grossen Unterschied, solange der Vater noch genug Energie habe. «Im Teenageralter werden sie aber vielleicht ein wenig gehänselt, weil der Vater auch der Opa sein könnte.»

Klassischerweise seien aber ältere Väter gesellschaftlich akzeptiert. «Auch US-Präsident Trump hat ja beispielsweise mit 59 noch einmal einen Sohn bekommen.» Kinder von alten Vätern seien jedoch schon früher mit einer Pflegesituation oder mit dem Tod konfrontiert. «Das kann gerade für eine junge Person belastend sein.»

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