Gender-Tag, Stäfa: Andreas Glarner über die Drohungen und Absage des Gender-Tag in Stäfa

Aktualisiert

Gender-Tag in Stäfa«Man kann mich für das Überborden Einzelner nicht verantwortlich machen»

In Stäfa plante die Schule einen Gender-Tag. Dieser musste aufgrund von Drohungen abgesagt werden. Ein Tweet von SVP-Nationalrat Andreas Glarner hat das Ganze ins Rollen gebracht. Nun äussert er sich zum Geschehenen. 

Aufgrund eines Tweets von SVP-Nationalrat Andreas Glarner entstand ein Shitstorm mit Gewaltandrohungen und persönlichen Beleidigungen gegen die Schulsozialarbeiterin der Schule Stäfa. Auf Anraten der Polizei entschied sich die Schule, aus Sicherheitsgründen den Gender-Tag abzusagen. 
Andreas Glarner sagt zum Vorfall: «Ich muss nicht damit rechnen, dass gewisse Leute überborden, Drohungen aussprechen und die Schule terrorisieren. Dafür kann mich niemand verantwortlich machen.»
Der Gemeinderat Stäfa äusserte sich zum Fall ebenfalls. In einer Medienmitteilung schrieb dieser: «Mit unqualifizierter Kritik und Entlassungsforderungen an gewählte Behördenmitglieder oder Angestellte zeigt sich SVP-Nationalrat Glarner als schlechter Demokrat – mehr als bedenklich für ein Mitglied des Nationalrats.»
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Aufgrund eines Tweets von SVP-Nationalrat Andreas Glarner entstand ein Shitstorm mit Gewaltandrohungen und persönlichen Beleidigungen gegen die Schulsozialarbeiterin der Schule Stäfa. Auf Anraten der Polizei entschied sich die Schule, aus Sicherheitsgründen den Gender-Tag abzusagen. 

20min/Simon Glauser

Darum gehts

  • Ein geplanter Gender-Tag in der Schule Stäfa führte zu einer regen Debatte und musste wegen Drohungen gegen das Lehrpersonal und die Schul-Sozialarbeiterin abgesagt werden.

  • Ausgelöst hat die Debatte auch SVP-Nationalrat Andreas Glarner mit einem Tweet.

  • Andreas Glarner nimmt nun Stellung zu seinem Tweet und den Drohungen von Gender-Gegnern. 

Herr Glarner, wäre nun nicht die Gelegenheit gekommen, einen Fehler einzugestehen und sich für den Shitstorm und die Gewaltandrohungen gegenüber einer Schul-Sozialarbeiterin zu entschuldigen?
Andreas Glarner: Nein! Die Schule hat den Brief mit der Nummer darauf versendet. Somit hatte dieser bereits eine gewisse Öffentlichkeit. Ausserdem war ich nicht der Erste, der den Brief mit der Schulhandynummer der Mitarbeiterin im Netz veröffentlichte. Nun aber heisst es, dass ich das Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Dass die Nummer mit wenigen Mausklicks auf der Webseite der Schule gefunden werden kann, darüber spricht niemand. Es ist reine Ablenkung vom eigentlichen Thema.

Und das da wäre?
Weder die Schule noch die Schulpflege haben offenbar vom Transgender-Logo und den Gendersternchen gewusst. Die Schulpflege hat sich dafür auch schon entschuldigt. Dass der Tag abgesagt wurde, hat sicher auch mit der Tatsache zu tun, dass Eltern, die gegen diesen Tag waren und vereinzelte Journalisten sich vor Ort ein Bild machen wollten. Für mich ist klar: Wir haben die Verantwortlichen in ihrem unappetitlichen Vorhaben ertappt. Daraufhin bekamen sie kalte Füsse und haben den Gender-Tag abgesagt.

Dennoch: Sie sind SVP-Nationalrat und bedienen ein gewisses Publikum. Ihr Tweet hat die Schulsozialarbeiterin den radikalen Gender-Gegnern ausgesetzt. Es kam zu Drohungen. Finden Sie das korrekt?
Ich muss nicht damit rechnen, dass gewisse Leute überborden, Drohungen aussprechen und die Schule terrorisieren. Dafür kann mich niemand verantwortlich machen. Gewaltaufrufe und Morddrohungen sind zu verurteilen. Aber zeigen Sie mir eine Morddrohung in diesem Fall – das wurde lediglich von einem Journalisten geschrieben. Ich gebe aber zu: Ich hätte unter meinen Tweet schreiben können, dass Drohungen sowie andere übertriebene Handlungen zu unterlassen sind.

Auf Raten der Polizei hat die Schule entschieden, den Gender-Tag abzusagen. Haben Sie damit Ihr Ziel erreicht?
Der wahre Grund der Absage war, dass Eltern und Journalisten sich für den Gender-Tag interessierten. Die Schule bekam kalte Füsse, da das Vorhaben von der Öffentlichkeit genau beobachtet wurde. Es war aber nicht mein Ziel, dass der Tag abgesagt, sondern genau hinterfragt wird.

Sie sprechen sich also immer noch für Entlassungen aus?
Die Schulleitung sollte entlassen werden, ja. Der Gemeinderat sollte dies tun und zudem hinstehen und sich für die mangelnde Kontrolle der Schulbehörde entschuldigen.

Wussten Sie im Vorfeld, um was es an diesem Tag geht und was den Kindern vermittelt werden soll?
Nein. Und wäre das Infoblatt nicht mit einem Genderstern, dem Transgenderlogo und der Pflicht zur Teilnahme versehen gewesen, hätte ich den Tweet auch nicht abgesetzt. Doch die obligatorische Teilnahme sowie die verschiedenen Merkmale des Infoblatts machten dies nötig – denn das hat nichts mit dem Lehrplan 21 zu tun.

Sie wissen aber, dass Gender auf deutsch bloss Geschlecht heisst?
Ja, aber genau das ist das Problem: Viele lesen das Wort Gender und assoziieren damit Transgender, beziehungsweise nicht binäre Personen. Viele Eltern wollen nicht, dass die Schule in diesem Thema aktiv Einfluss auf ihre Kinder nimmt. Das muss man respektieren. Ausserdem ist es nicht der Auftrag der Schule, dies zu vermitteln. Die Schule muss gemäss Verfassung und Gesetz politisch neutral sein!

Hat es nicht auch für Ihren und den Wahlkampf der SVP gedient?
Nein! Ich bin kein Karrierepolitiker. In meiner ganzen politischen Karriere habe ich nie etwas gemacht, um in ein Amt zu kommen, oder darin zu bleiben. Dieses Jahr könnte es für mich eng werden. Sollte ich abgewählt werden, wäre es zwar schade, ich könnte damit aber leben.

Umso mehr muss es schmerzen, dass sie von Parteikollegen und dem bürgerlichen Gemeinderat Stäfa kritisiert werden…
Mit Lukas Bub von der örtlichen SVP-Sektion habe ich gesprochen. Er ist gleicher Meinung wie ich, hat aber die Flughöhe kritisiert. Was die Kritik des Gemeinderats betrifft: Es ist logisch, dass ein FDP-dominierter Gemeinderat, der dabei erwischt wurde, dass er seinen Job nicht richtig macht, mich kritisiert. Damit kann und muss ich leben.

Gender-Tag Stäfa

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