Bluttat von GrenchenMargrit D.: Mit Promi-Saft auf Kundenfang
Mit illegalen Schenkkreisen verdiente die Familie D. offenbar viel Geld. Doch die Ehefrau und Mutter suchte seit Jahren nach Geldvermehrungsmöglichkeiten - auch mit einem Saft, den Promis liebten.
Die Grenchner Familie D. verdiente mit einem illegalen Schenkkreis offenbar viel Geld. Doch es war nicht das einzige dubiose Geschäft, das die Familie – vermutlich unter der Regie von Mutter und Ehefrau Margrit – betrieb. Sie handelte auch mit Nahrungsergänzungsmitteln und angeblichen Wundersäften, die ähnlich einem Schneeball-System vertrieben wurden.
Im Internet auf Kundenfang
Im November 2006 liess die Frau für 100 Franken eine Webseite aufschalten, die unter ihrem persönlichen Namen lief und mit der sie neue Käufer für den Wundersaft «Noni» suchte, wie 20 Minuten Online erfahren hat. Margrit D. erhoffte sich offenbar den grossen Reibach vom einstigen Promi-Saft, der 2001 in die Schlagzeilen geriet.
Der Saft wurde 2000 von Hans-Jörg «happy» Hartmann in die Schweiz gebracht. Über die Firma Morinda hatte Hartmann den Tahitian Noni Juice verkauft. Bald darauf outeten sich diverse Promis als Noni-Konsumenten. «Vom Tahitian Noni-Saft bin ich begeistert. Ich trinke ihn regelmässig», sagte Verleger Jürg Marquard damals dem «Blick». «Durch ihn fühle ich mich emotional und körperlich fitter, zudem konnte ich eine Leistungssteigerung feststellen.» Marquard war nicht der einzige Noni-Trinker. Auch Denise Biellmann, die Gattin von Roger Schawinski und Unternehmer Hausi Leutenegger bekannten, dass sie den Saft ausprobiert hätten oder regelmässig konsumierten.
Promis missbraucht
Für «Happy» Hartmann war das zunächst ein Segen: Er machte mit den Promis Werbung für den Wundersaft - ungefragt. «Das ist der Gipfel!», empörte sich die Ex-Eiskunstläuferin Denise Biellmann, als sie davon erfuhr. Jürg Marquard nahm es gelassener: «Das stört mich nicht sonderlich, denn ich stehe voll hinter dem Produkt.»
Margrit D. war offenbar damals schon im Noni-Geschäft. Ihrer Nachbarin versuchte sie laut «Blick» vor acht Jahren das «Heilmittelchen» zu verkaufen. «Sie wollte mir ein Aloe-Vera-Wasser verkaufen. Das sollte sogar gegen Krebs helfen. 100 Franken für einen einzigen Liter», wird die Nachbarin zitiert. Bei dem angeblichen Wundermittel handelt es sich um den «Noni-Saft». Ob Margrit D. 2006 ihr Noni-Comeback feierte oder die ganze Zeit über im Wundersaft-Geschäft blieb, ist unklar.
Busse für Noni-Vertreiber
Klar ist: Für Hartmann wurde es ungemütlich. 2001 warnte das Bundesamt für Justiz vor dem «illegalen Schneeball-System». 2002 wurden Hartmann und fünf weitere Vertreiber von Noni-Saft von einem Zürcher Einzelrichter wegen Verstosses gegen das Lotteriegesetz mit Bussen von bis zu 10 000 Franken bestraft.
Ex-Boxer Stefan Angehrn als Zugpferd
Doch das Interesse an vermeintlich gewinnbringenden Vertriebssystemen war bei Margrit D. längst geweckt. Bis zuletzt handelte die Familie auch mit dem Franchise-Produkt Bios Life. Das Nahrungsergänzungsmittel der US-Firma Unicity soll laut Eigenwerbung «das gesunde Immunsystem unterstützen und Cholesterin senken». Die Familie hatte ein Auto mit der entsprechenden Aufschrift. Das System: Die Franchise-Nehmer verkaufen das Mittel und suchen als «People Builder» neue Verkäufer, gegen Provision. Auch Ex-Boxer Stefan Angehrn handelt mit den Bios-Life-Produkten. «Ich verdiente damit 400 000 Franken», wirbt der einst bankrotte Angehrn in einem Youtube-Beitrag, der mittlerweile vom Netz genommen wurde. Margrit D. soll nur zwei Hierarchie-Stufen unter Angehrn gefolgt sein. Die Frau wollte den ehemaligen Boxer laut «Blick» an einem Anlass in Grenchen gar als Zugpferd präsentieren - am kommenden Freitag.
Noni-Saft weiterhin erhältlich
In der Schweiz wird weiter fleissig Noni-Saft angeboten. Die Vertreiber kündigten 2001 an, den Vertrieb anzupassen. Denise Lörtscher vom Bundesamt für Justiz sagt gegenüber 20 Minuten Online: «Oftmals ist es schwierig zu beurteilen, ob es sich um ein verbotenes Schneeballsystem oder um ein legales Multi-Level-Marketing handelt.» Deshalb existiert auch ein grosser Graubereich bei den Direktvertriebsunternehmen. Das BJ wurde seit 2002 aber über kein kantonales Urteil im Zusammenhang mit Noni-Saft in Kenntnis gesetzt, so Lörtscher. (meg)