Mark RutteEin Velo, kein Smartphone, Single – ist das der neue Nato-Chef?
Washington unterstützt ihn, auch London und Berlin: Mark Rutte hat gute Chancen, neuer Nato-Generalsekretär zu werden. Ein Kurzporträt zum Noch-Ministerpräsidenten der Niederlande.
Darum gehts
Der Norweger Jens Stoltenberg tritt als Nato-Generalsekretär ab.
Ein Niederländer gilt als sein wahrscheinlichster Nachfolger.
Mark Rutte ist seit 2010 niederländischer Ministerpräsident.
Er gilt als konsensfähig und gut vernetzt.
Kritiker haben ihn schon mit einem «freundlichen Labrador» verglichen.
Für einen Spitzenpolitiker führt der 56-Jährige ein bemerkenswertes Leben.
Gern hätten die Regierungs- und Staatschefs eine Nato-Generalsekretärin gesehen, wie es heisst. Doch die estnische Regierungschefin Kaja Kallas, die Interesse bekundete, halten einige Nato-Mitglieder für zu aggressiv gegenüber Moskau.
Der 57-jährige und 1,95 Meter grosse Mark Rutte dagegen soll alle benötigten Fähigkeiten für den Job besitzen: Nach 13 Jahren als niederländischer Ministerpräsident hat er die nötige aussen- und sicherheitspolitische Erfahrung.
Einige Fakten zu «Mr. Normal»
Der Rechtsliberale ist bestens vernetzt, gilt als Transatlantiker, gelassen, ruhig und konsensfähig – aber auch als hart, wenn es die Sache verlangt. Beispielsweise funktionierte er in Den Haag auf den letzten Drücker eine internationale Konferenz zur Nuklearsicherheit zu einer Bündnisrunde gegen Russland um, als Moskau vor zehn Jahren die Krim annektierte.
Rutte profitierte stets von seinem Image als «Mr. Normal». Von ihm gibt es weder private Skandale noch Homestorys, er gilt vielmehr als Personifizierung des arbeitsamen und genügsamen Niederländers. Daheim wird Rutte als der «am wenigsten materialistische Politiker seit Gandhi» bezeichnet. Wissenswertes zu ihm:
Statt im offiziellen Dienstsitz wohnt Rutte in einer schlichten Wohnung in Den Haag.
Er fährt am liebsten mit dem Velo zur Arbeit und besitzt einen Gebrauchtwagen.
2021 wurde ein Mordkomplott gegen ihn aufgedeckt. Rutte darf seither nicht mehr mit dem Velo durch Den Haag fahren.
Er soll nur ein altes Nokia, aber kein Smartphone besitzen, was die Silicon-Valley-Prominenz wie Mark Zuckerberg schockierte.
Sein Vater sass während des Zweiten Weltkrieges in einem japanischen Internierungslager.
Als Jugendlicher wollte Rutte Pianist werden. Klavier ist auch heute noch seine Leidenschaft.
Ruttes älterer Bruder, sein «grosses Vorbild», starb 1989 an Aids. Damals habe er begriffen, dass es nur ein Leben gebe. «Es gibt nur einen Auftritt. Daher kommt mein enormer Antrieb.»
Rutte hat keine eigene Familie. Er sei der «Richtigen» noch nicht begegnet.
Gerüchten, er sei schwul, widersprach er und kommentierte: «Das letzte Tabu in den Niederlanden ist es, alleinstehend zu sein.»
Ruttes Bilanz als Ministerpräsident ist durchwachsen. Unter seiner wirtschaftsfreundlichen Partei VVD florieren die Niederlande seit Jahren ökonomisch.
«Wedelnder Labrador»
Kritiker nennen Rutte einen Teflon-Politiker, weil er mit Liberalen, Linken und Rechten regieren kann, ohne sich erkennbar zu verrenken. Er sei «wie ein fröhlich wedelnder Labrador», dem keiner wirklich böse sein könne, wurde auch schon über den 56-Jährigen geschrieben.
Diese Kompromissfähigkeit könnte für einen Nato-Chef durchaus von Vorteil sein. Denn: «Ein Nato-Generalsekretär hat wenig Macht», so Jaap de Hoop Scheffer, der diesen Posten einst selbst innehatte. «Er muss die Dinge langsam anschieben.»
Intransparent wie Papstwahl
Die Entscheidung über die Neubesetzung dürfte bald fallen: Beobachter fassen bereits den 4. April ins Auge, den 75. Gründungstag der Verteidigungsallianz. Auf jeden Fall soll die Nachfolge noch vor dem Nato-Gipfel zum 75. Gründungsjubiläum im Juli feststehen.
Das Auswahlverfahren für den Job als Nato-Generalsekretär gilt als ähnlich intransparent wie die Papstwahl im Vatikan – wobei die Wünsche des US-Präsidenten am meisten Gewicht haben dürften.
Was haltet ihr von dem Niederländer als potenziellem Nato-Chef?

Mitglieder der NATO Infografik 29.2.24 ONLINE
20min/Sofie ErhardtKeine News mehr verpassen
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