Mikaela Shiffrin: «Meinen Vater sterben zu sehen, war traumatisierend»

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Mikaela Shiffrin«Meinen Vater sterben zu sehen, war traumatisierend»

Mikaela Shiffrin greift nach der Krönung. Die US-Amerikanerin ist nur einen Sieg vom Stenmark-Rekord entfernt, zeigt sich aber emotional. 

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heute.at/fss
Mikaela Shiffrin hatte abseits des Ski-Sports in den letzten Jahren keine einfache Zeit. 
In einem Interview sprach die US-Amerikanerin nun offen darüber. 
Mit 27 Jahren hat Shiffrin bereits 85 Weltcupsiege eingefahren. 
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Mikaela Shiffrin hatte abseits des Ski-Sports in den letzten Jahren keine einfache Zeit. 

REUTERS

Darum gehts

  • Mikaela Shiffrin hat ein emotionales Interview gegeben. 

  • Sie sprach offen über ihre Trauer nach dem Tod des Vaters. 

  • Auf Roger Federer hält Shiffrin besonders grosse Stücke. 

85 Weltcup-Erfolge hat die erst 27-jährige US-Skiläuferin bereits eingefahren, einen weniger als die schwedische Ski-Ikone Ingemar Stenmark. Mit dem nächsten Sieg zieht Shiffrin also mit dem Schweden gleich. Dies ist nur eine Frage der Zeit, es könnte bereits am kommenden Wochenende in Norwegen, der Heimat ihres Lebensgefährten Aleksander Aamodt Kilde, so weit sein. In Kvitfjell stehen zwei Super-Gs (Freitag, Sonntag) und eine Abfahrt (Samstag) auf dem Programm. 

Sieht sich Shiffrin nun kurz vor der historischen Bestmarke bereits als grösste Skifahrerin aller Zeiten? «Nein», sagt die 27-Jährige selbst. «Ich habe zuletzt oft darüber nachgedacht. Jeder kann selbst entscheiden, wer der Grösste ist», so Shiffrin zur «Sport Bild». Für die Amerikanerin gibt es im Skisport drei Ikonen: Janica Kostelic, Tina Maze und Lindsay Vonn.

Federer der Grösste

Als grössten Sportler aller Zeiten bezeichnete die 27-Jährige aber den bereits zurückgetretenen Tennis-Star Roger Federer. «Er steht für mich ganz oben. Ich habe ihn bei einem Sponsoren-Termin getroffen. Er war so nett. Nach einem wirklich stressigen Drehtag kam er danach extra in meinen Trailer, um sich für den schönen Tag zu bedanken. Im nächsten Atemzug würde ich Rafael Nadal und Novak Djokovic erwähnen. Auch Lionel Messi», so die Ski-Queen. 

Für Shiffrin selbst war der Weg in die Geschichtsbücher des Skisports steinig. Die US-Amerikanerin haderte immer wieder mit Rückschlägen. Vor allem seit dem Tod ihres Vaters Jeff, der 2020 nach einem tragischen Unfall verstarb. Bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking blieb die US-Amerikanerin ohne Medaille. «Ich habe so viele Rennen mit grossen Erfolgen, aber bin auch häufig gescheitert. An die Pleiten erinnere ich mich sogar mehr als an die Triumphe», schilderte Shiffrin. Besonders die vergangenen drei Jahre seien ein harter Kampf gewesen.  

Ist Mikaela Shiffrin die grösste Skifahrerin aller Zeiten? 

Und gab danach besonders tiefe Einblicke: «Da gab es eine Zeit, in der ich nie mehr Ski fahren wollte.» Sie konnte sich die Läufe einfach nicht mehr einprägen. Erst in dieser Saison im Slalom in Levi wurde es wieder besser. «Das Gefühl hatte ich zuletzt, bevor mein Vater starb. Ich hatte nur Teile der Strecke im Kopf, dadurch war es schwer, so Ski zu fahren, wie ich es wollte. Ich konnte meinem Kopf nicht mehr trauen», so die emotionale Shiffrin. 

«Form der posttraumatischen Belastungsstörung»

Den Weg zurück an die Weltspitze schaffte Shiffrin nur mit professioneller Hilfe. «Ich habe angefangen, mit einer Psychologin zusammenzuarbeiten. Erst war es ein Sportpsychologe, doch das reichte nicht aus, um meine Trauer aufzuarbeiten. Bei so einem plötzlichen, unerwarteten Unglück passiert eine chemische Reaktion in einem Gehirn. Meinen Vater im Krankenhaus dann sterben zu sehen, war extrem traumatisierend. Auch bei meiner Grossmutter», so Shiffrin. Ihre Oma Pauline verstarb 2019. «Es ist eine Form der posttraumatischen Belastungsstörung, wie man sie von Kriegsveteranen kennt. Diese Analyse half mir, alles zu verstehen», ergänzte die 27-Jährige. 

All das half der US-Amerikanerin allerdings, auch bei grossem Druck Top-Leistungen abzurufen. «Wenn ich im Training ein gutes Gefühl habe, versuche ich, mir zwei, drei Aspekte einzuprägen. Auf diese fokussiere ich mich dann. Ich muss es sehr simpel halten. Wenn ich mich auf den Sieg konzentriere, ist das zu viel Druck. Wenn ich den Fokus aufs Skifahren lege, komme ich damit klar», so der Shiffrin-Trick. Die grösste Hilfe war aber Kilde. «Wenn wir uns gesehen haben, haben wir danach ein Lächeln. Er macht mich so viel glücklicher.» 

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