Hochdeutsch-Debatte«Mental sind wir ein Land von Bauern» – darum sprechen Politiker extra mit Akzent
Zwischen der deutschen und schweizerischen Aussprache beim Hochdeutsch gibt es grosse Unterschiede. In der Politik macht man sich den helvetischen Akzent bewusst gerne zunutze.
Bitte nicht zu perfekt – in der Schweizer Politik und Wirtschaft ist es verbreitet, hölzernes Hochdeutsch zu sprechen.
20min/jdDarum gehts
Beim SRF wird Wert darauf gelegt, dass ein «neutrales Hochdeutsch» gesprochen wird.
In der Politik gilt oftmals das Gegenteil: Politikerinnen und Politiker halten gerne an ihrer Schweizer Aussprache fest.
Beim SRF soll kein akzentfreies Hochdeutsch gesprochen werden – das gefalle dem Publikum nicht. Das musste eine Moderatorin des Schweizer Radios SRF erfahren, als sie ihr deutsches Hochdeutsch einschweizern musste.
Doch nicht nur beim SRF wird schweizerisches Hochdeutsch gerne gehört – auch in der Politik wird viel Wert auf die helvetische Aussprache gelegt. «Wer in der Deutschschweiz mit einem geschliffenen Hochdeutsch aufwartet oder sogar Bühnendeutsch spricht, kriegt keinen Bonus – im Gegenteil: Es kann Abwehrreflexe auslösen oder zumindest die Distanz zur Wählerschaft vergrössern», sagt Politanalyst und Buchautor Mark Balsiger. Dass Schweizerinnen und Schweizer skeptisch auf geschliffene Redner reagieren, sagt auch Debattier-Experte Thomas Skipwith.
Hölzerne Sätze bei Bundeshausdebatten
Eine solche Distanz wolle keine Politikerin und kein Politiker riskieren. «Mental sind wir weiterhin ein Land von Bauern und das schlägt sich auch in der Sprache beziehungsweise der Aussprache nieder», so Balsiger. In der aktuellen Bundespolitik gebe es deshalb auch einzelne Figuren, die ihren Schweizer Akzent extra hervorheben würden. Konkrete Namen will Balsiger keine nennen.
Das habe Folgen: «Wer die Debatten im Bundeshaus verfolgt, hört tatsächlich oft ziemlich hölzerne Sätze», sagt Balsiger. Das gehöre aber zu uns, so wie es auch in Deutschland unterschiedliche Dialekte gebe, die weit entfernt von reinem Hochdeutsch seien. «Wir sollten uns eingestehen, dass Hochdeutsch eine Fremdsprache ist», sagt der Politanalyst.
Abschliessend glaubt Balsiger jedoch nicht, dass die Aussprache der Politikerinnen und Politiker einen riesigen Unterschied beim Wahlentscheid erwirken könne. Zwar sei der Faktor «Sympathie» für das Schweizer Volk ein wichtiger – jedoch nur einer unter mehr als zwanzig, so der Politanalyst.
Sind dir Politikerinnen und Politiker sympathischer, die mit Schweizer Akzent Hochdeutsch sprechen?
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