«Islamic-Leasing»Mercedes wittert das Geschäft mit Muslimen
«Für praktizierende Muslime ist die Autofinanzierung über eine westliche Bank undenkbar: Die Scharia verbietet nämlich das Zahlen von Zinsen. Der Daimler-Konzern hat nun eine Marktlücke gefunden und bietet Finanzierungen nach dem islamischen Recht.
«Islamic Banking war gestern, heute ist «Islamic-Leasing» im Trend: Der Autokonzern Daimler bietet in den Vereinigten Arabischen Emiranten eine Autofinanzierung nach islamischem Recht an. Zinszahlungen sind den Muslimen eigentlich untersagt. Ebenfalls verboten sind Glückspiele, Spekulationen und Engagements in der Alkohol-, der Tabak- oder der Finanzindustrie. Die findige Finanzbranche hat unter dem Namen Islamic Banking aber Wege gefunden, Scharia konfrom zu investieren.
Zins-Dilemma umgehen
Mit dem islamischen Recht zu vereinbaren ist auch Daimlers neues Angebot in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Finanzierungsgesellschaft des deutschen Autobauers hat gemeinsam mit den lokalen Mercedes-Importeuren eine Unternehmung für Leasing und Finanzierung gegründet, die das Zins-Dilemma umgeht.
Und so funktioniert es: Die Finanzgesellschaft erwirbt das Auto, schlägt die zu erwartenden Zinse auf den Kaufpreis und verkauft das Fahrzeug mit dem Gesamtpreis an den Kunden. Dieser leistet eine Anzahlung und kann den Rest in Ratenzahlung begleichen.
Wichtiger Markt
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind für Daimler mit rund 10 000 verkauften Fahrzeugen der wichtigste Markt im Nahen Osten. Zudem sind Scheichs aus Abu Dhabi und Kuwait Daimler-Grossaktionäre und besitzen gemeinsam 16 Prozent des deutschen Autobauers.
Dem Konzern geht es beim «Islamic-Leasing» laut eigenen Angaben um eine faire Beziehung zwischen Kunde und Konzern. Denn auch diese schreibt das islamische Recht vor. Käufer, die ihr Auto frühzeitig zurückgeben, müssen nicht den gesamten Zinsaufschlag entrichten, sondern nur den angefallenen Anteil. Die Verträge hat Daimler-Financial-Services laut «sueddeutsche.de» durch eine Islamschule kontrollieren und zertifizieren lassen. Für den europäischen Markt ist das islamkonforme Leasing bisher nicht vorgesehen. Sollte das Angebot aber zum Grosserfolg werden, könnte es auch auf westliche Länder ausgedehnt werden, so ein Daimler Sprecher.
Nestlé produziert halal
Anders als Mercedes haben die grossen Lebensmittelhersteller das Geschäft mit dem Islam schon lange gewittert. Internationale Nahrungsmittelkonzerne wie Nestlé oder Unilever bieten eine Vielzahl von Produkten an, die im Sinne des Korans als unbedenklich gelten. Das arabische Wort «Halal» bzw. das türkische «helal» bedeutet «das Zulässige, das Erlaubte».
Viele islamische Länder schreiben korankonforme Lebensmittel vor. Folglich sind Halal-Produkte in den vergangenen Jahren zum globalen Trend mit zweistelligen Wachstumsraten geworden. Der Markt wird auf 525 Milliarden Franken geschätzt. Für die Nahrungsmittelmultis besonders interessant sind Südostasien und der Nahe Osten.
Auch Coop und Migros mischen mit
Halal-Produkte im Sortiment haben auch Migros und Coop. In der Schweiz leben rund 350 000 Muslime. Einen Teil von ihnen hält sich an die vom Islam vorgeschriebenen Speisevorschriften, was den Detailhändlern ein gutes Geschäft verspricht. Seit Anfang September führt Coop in den 37 grössten Filialen auch fünf Charcuterie-Produkte. Das nach dem islamischen Ritus geschlachtete Fleisch wird aber aus Deutschland importiert. Die Tiere werden, wie es das Schweizer Tierschutzgesetz vorschreibt, vor dem Schlachten betäubt.