Messen Blitzerfallen auch bei uns falsch?

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Zu hohe GeschwindigkeitMessen Blitzerfallen auch bei uns falsch?

Gewisse Messsysteme registrieren bei Autos mit LED-Lichtern eine zu hohe Geschwindigkeit. Auch andere Gründe führen zu verfälschten Messungen.

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Deutsche Verkehrsgutachter haben festgestellt, dass manche Radaranlagen bei Autos mit LED-Scheinwerfern die Geschwindigkeiten falsch messen.
Dies liegt daran, dass LED-Lichter nicht durchgehend leuchten, sondern pulsieren. Das ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, für Messgeräte, die mit Laser und sogenannten Einseitensensoren funktionieren, jedoch verwirrend.
Die fraglichen Messsysteme ES3.0 der deutschen Eso GmbH, die zur Schweizer Kistler Group gehört, kommen auch in der Schweiz zum Einsatz. Hans-Rudolf Schenker, Geschäftsführer des Vereins Radarzentrale, kennt das Problem: «Das überrascht mich überhaupt nicht. Weil das LED-Licht sich pro Sekunde hundertfach ein- und ausschaltet, kann das die Sensorik des Radargeräts massiv stören. Vor allem bei älteren Anlagen ist das ein Problem.»
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Deutsche Verkehrsgutachter haben festgestellt, dass manche Radaranlagen bei Autos mit LED-Scheinwerfern die Geschwindigkeiten falsch messen.

Keystone/Jean-christophe Bott

Deutsche Verkehrsgutachter haben festgestellt, dass manche Radaranlagen bei Autos mit LED-Scheinwerfern die Geschwindigkeiten falsch messen. Dies liegt daran, dass LED-Lichter nicht durchgehend leuchten, sondern pulsieren. Das ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, für Messgeräte, die mit Laser und sogenannten Einseitensensoren funktionieren, jedoch verwirrend.

Die fraglichen Messsysteme ES3.0 der deutschen Eso GmbH, die zur Schweizer Kistler Group gehört, kommen auch in der Schweiz zum Einsatz. Hans-Rudolf Schenker, Geschäftsführer des Vereins Radarzentrale, kennt das Problem: «Das überrascht mich überhaupt nicht. Weil das LED-Licht sich pro Sekunde hundertfach ein- und ausschaltet, kann das die Sensorik des Radargeräts massiv stören. Vor allem bei älteren Anlagen ist das ein Problem.» Gemäss Schenker sind die fixen Radarkästen in der Schweiz oft ähnlich aufgebaut wie die angeprangerten in Deutschland.

Quellen für Ungenauigkeiten

Fabiano Assi vom Institut für Metrologie, das in der Schweiz für die Eichung aller Radargeräte zuständig ist, bestätigt, dass in der Schweiz zurzeit noch zwei Exemplare des fraglichen Modells ES3.0 in Betrieb sind. Von vergleichbaren Modellen der neueren Generation (ES7.0) kommen hierzulande 13 Stück zum Einsatz. Dem Institut seien Erkenntnisse dieser Art bekannt und sie seien grundsätzlich nachvollziehbar, durch eigene Messungen und Simulationen hätten Artefaktmessungen nicht beobachtet werden können.

Doch gibt es noch weitere Quellen für Ungenauigkeiten bei Lasermessungen: Reflektierende Tafeln, Reflektoren an Strassenpfählen, falsche Winkeleinstellungen, zu grosse Aufnahmedistanz oder fehlende Checks bei Kontrollortswechseln können die Messergebnisse verfälschen. Laut Schenker sind in der Schweiz 40 bis 50 Prozent der Radarmessungen ungenau und falsch.

Fehlmessungen in der Schweiz

20 Minuten sind zwei Fälle bekannt, bei denen es in der Schweiz zu Fehlmessungen gekommen ist: So wurde ein Verkehrsteilnehmer mit 152 km/h auf der Autobahn geblitzt. Anhand des Fotos konnte jedoch nachgewiesen werden, dass die Messdistanz viel zu gross war für das Lasergerät und in Folge ein anderes Fahrzeug auf der Überholspur gemessen wurde. Im anderen Fall wurde ein Fahrzeug mit 131 km/h in einer 80er-Zone geblitzt. Anhand von Filmaufnahmen konnte nachgewiesen werden, dass die Polizei den Winkel des Geräts falsch eingestellt und keine Testfahrt durchgeführt hatte. In beiden Fällen wurde die Busse storniert.

Schwierig sei es jedoch, eine falsche Messung zu beweisen, so Schenker. In der Schweiz könne man Einsprache gegen die Busse erheben, aber nur via Anwalt das Blitzer-Foto und die Messdaten verlangen, die Rückschlüsse erlaubten. Bei kleinen Bussen lohne sich dies kaum. «Vielen Leuten ist der Aufwand, einen Anwalt einzuschalten, zu gross und sie zahlen lieber die Busse.»

Falsche Messungen werden erkannt

Für Schenker ist auch der Toleranzwert der Messungen in der Schweiz zu tief: «Die meisten EU-Länder haben Toleranzgrenzen zwischen 8 und 10 km/h. Die geltenden 3 km/h in der Schweiz sind lächerlich.» Rund 70 Prozent aller Blitzerbussen erfolgten wegen geringer Tempoüberschreitungen. Darum sei die Politik gefragt, diese Grenzwerte zu lockern.

Bei der Kantonspolizei Zürich, die keinen der betroffenen Gerätetypen einsetzt, heisst es, es meldeten sich im Verhältnis zu den gemessenen Übertretungen nur sehr wenige Lenker wegen falscher Messungen. In solchen Fällen würden die Daten geprüft. Diese würden archiviert und könnten bei Bedarf für ein Gutachten angefordert werden. Die meisten fehlerhaften Messungen würden jedoch bereits beim Auswerten der Daten erkannt.

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