In der Schweiz droht ein Methadon-Engpass

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Produktion unterbrochenMethadon-Engpass – 9000 Schweizer Süchtige haben ein Riesenproblem

Für Opioid-Abhängige ist das Medikament Methadon lebenswichtig. Doch nun hat Swissmedic dem grössten Schweizer Methadon-Hersteller die Produktionslizenz entzogen.

Die WHO stuft den Heroin-Ersatz Methadon für gewisse Suchtpatienten als lebenswichtiges Medikament ein. Doch nun stehen Bezüger in der Schweiz vor einem sehr grossen Problem.
Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic hat dem grössten Schweizer Methadon-Hersteller, der Amino AG, die Lizenz entzogen. Dieser kann deshalb seine Produktion nicht fortführen.
Wegen eines Einbruchs in eine der Produktionsstätten und Mängel an diesen, die daraufhin festgestellt wurden, sah Swissmedic sich gezwungen, die Schritte einzuleiten.
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Die WHO stuft den Heroin-Ersatz Methadon für gewisse Suchtpatienten als lebenswichtiges Medikament ein. Doch nun stehen Bezüger in der Schweiz vor einem sehr grossen Problem.

imago/epd

Darum gehts

  • In der Schweiz könnte bald ein Methadon-Engpass drohen.

  • Swissmedic hat die Produktionsbewilligung des grössten Herstellers in der Schweiz aufgehoben, da Qualitätsmängel festgestellt wurden. 

  • Für die Wiederaufnahme der Produktion muss zunächst eine neue fachtechnische Person eingestellt werden.

Das Medikament Methadon hat eine ähnliche Wirkung wie Heroin und ist für Opioid-Abhängige als Alternative zur Droge äusserst wichtig. Es hat kaum eine halluzinogene Wirkung und hat länger, bis es im Gehirn ankommt. In Form von Tabletten eingenommen stillt es das körperliche Verlangen nach Opioiden über längere Zeit. Zudem spielt Methadon auch in der Palliativmedizin eine wichtige Rolle.

Die WHO stuft Methadon für gewisse Suchtpatienten als lebenswichtiges Medikament ein. Doch nun stehen Bezügerinnen und Bezüger in der Schweiz vor einem sehr grossen Problem: Der grösste Hersteller kann seine Produktion nicht weiterführen. Wie konnte es so weit kommen?

Einbruch bei Hersteller

Die Amino AG hat ihren Produktionsstandort in Gebenstorf AG. Dass die Firma ihre Bewilligung zur Produktion von Medikamenten verloren hat, geht auf einen Einbruch sieben Jugendlicher in eine alte Produktionsstätte der Firma zurück. Der Einbruch ereignete sich 2017. Polizisten schnappten die Burschen, und die Behörden wurden auf die Produktionsstandorte aufmerksam und stellten Mängel fest. So standen beispielsweise Morphinflaschen offen herum, und das Gebäude war nicht oder kaum gesichert, wie der SRF-Podcast «News Plus» berichtet.

Der Inhaber der Amino AG wurde in der Folge verurteilt. Die Swissmedic entschied daraufhin, wegen der Verurteilung könne dem Inhaber nicht mehr vertraut werden, weshalb ihm die Bewilligung sistiert wurde. Eine Beschwerde des Inhabers wurde vom Bundesgericht abgelehnt. Am 8. Dezember war der Entscheid, dass die Amino AG nichts mehr produzieren oder ausliefern darf, dann rechtskräftig.

Neue fachtechnische Person benötigt

Bevor die Amino AG eine neue fachtechnische Person eingestellt hat, die von Swissmedic abgesegnet ist, dürfe sie nicht weiterproduzieren. Die Suche nach einer Nachfolge laufe. Jedoch sei unklar, wie lange der Prozess dauern werde. Geschäftsführer Edmund F. Wyss sieht sich als Opfer einer Kampagne, die gegen ihn laufe. «Die «Verhältnismässigkeit ist überhaupt nicht gegeben. Das alles nur wegen des Einbruchs», sagt er gegenüber SRF.

Doch Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi sieht das anders: «Das sind keine Bagatellen, sondern aus Sicherheitsgründen nicht tolerierbare Nachlässigkeiten.» Das Bundesgerichtsurteil bestätige die Haltung von Swissmedic. Die Vertrauenswürdigkeit der fachtechnischen Person sei nicht mehr gegeben gewesen. 

Versorgungslage «nur am Rande relevant»

Zu einem drohenden Methadon-Engpass sagt Jaggi, die Patientensicherheit stehe für Swissmedic im Zentrum, die Versorgungslage sei nur am Rande relevant. Zu bedauern sei, dass die Amino AG den Gerichtsentscheid abgewartet habe, anstatt die Zeit bereits zu nutzen, um einen neuen Verantwortlichen für den Fall eines Negativentscheids zu finden – und dieser ist schliesslich eingetroffen.

Sucht-Mediziner Thilo Beck ist alarmiert: «Menschen haben sich teilweise über Jahre mit einer Methadon-Behandlung stabilisiert. Wenn das plötzlich infrage gestellt ist, ist das eine Katastrophe.» Die notfallsmässige Zulassung von importierten ausländischen Produkten könnte gemäss Beck Abhilfe schaffen.

«Wenn die Behörden das zügig ermöglichen, wäre ein Engpass zu verhindern», betont Beck. Doch Bewilligungen zu erteilen, ist sehr komplex und teuer. Hinzu kommt die Frage, ob die Krankenkassen die Importe übernehmen würden. Und viele Suchtpatienten sind finanziell nicht auf Rosen gebettet. 

Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit illegalen Drogen?

Hier findest du Hilfe:

Sucht Schweiz, Tel. 0800 104 104

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

Infodrog, Information und Substanzwarnungen

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