«Mich ärgert es, dass man Wagen im Freien verrotten lässt»

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Verkehrshaus der Schweiz«Mich ärgert es, dass man Wagen im Freien verrotten lässt»

Zum Teil seit Jahren fristen antike Eisenbahnwaggons ihr Dasein auf einem Aussenlager in Rain LU. Der Witterung ausgesetzt verrosten die Wagen trostlos.

Verschiedene Schienenfahrzeuge wurden aus Platzgründen vom Verkehrshaus in Luzern in ein Aussendepot in Rain gebracht.
So zum Beispiel dieser Erste-Klasse-Waggon aus dem Jahr 1875 in türkis. Weil die Grundierung sich gelöst habe, sei die Farbe abgeblättert, sagt Olivier Burger, Mediensprecher des Verkehrshauses Luzern.
Hier hatte er noch ein Dach über dem Kopf: der Erste-Klasse-Waggon im Verkehrshaus Luzern.
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Verschiedene Schienenfahrzeuge wurden aus Platzgründen vom Verkehrshaus in Luzern in ein Aussendepot in Rain gebracht.

Kilian T. Elsasser

Auf einem Gelände im luzernischen Rain bietet sich ein trostloser Anblick. Mehrere seltene Lokomotiven und Waggons wurden vom Verkehrshaus Luzern in das Aussendepot in Rain verfrachtet. Wie der «Beobachter» berichtet, stehen die Schienenveteranen aus Platzgründen in Rain – der Witterung erbarmungslos ausgesetzt unter freiem Himmel.

Laut Auskunft des Verkehrshauses heisst es, dass im gesamten Aussendepot rund 25’000 Objekte lagern. Es gibt mehrere Lagerhallen, dennoch befinden sich einige Objekte ausserhalb der Hallen an der frischen Luft. Darunter befindet sich unter anderem ein Dieseltriebwagen Modell ABm 2/5 Nr. 9 aus dem Jahr 1914. Ausserdem ein Erste-Klasse-Waggon aus dem Jahr 1875, ein hölzerner SBB-Speisewagen von 1914 und eine Dampflokomotive der Bezeichnung SCB 41 aus dem Jahr 1901.

So sah die Dampflok SCB 41 vor der Restaurierung aus.

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Lokomotive wurde erst aufbereitet

Eben jene Dampflokomotive hatte Pascal Troller restauriert und vor rund einem Jahr an das Verkehrshaus Luzern übergeben, dies unter der Auflage, dass die Lok als «Bestandteil der nationalen Mobilitätssammlung» für die Nachwelt zu erhalten sei. Rund 660’000 Franken seien dafür von privaten Gönnern und öffentlichen Institutionen zusammengelegt worden. Nun steht das Gefährt laut Troller nur mit einer Plastikplane bedeckt im Aussenlager und rostet vor sich hin. Für ihn ist das nicht nachvollziehbar: «Die Lokomotive ist frisch revidiert, betriebsfähig und hat einen hohen historischen Wert. Ausserdem steht sie unter Denkmalschutz.»

«Abgesehen vom Verlust der wertvollen historischen Originalsubstanz ist es nicht nur für den kürzlich konservierten Speisewagen, sondern für alle mehr oder weniger im Freien abgestellten historischen Fahrzeuge wohl eine Frage der Zeit, bis sich die Kosten einer Aufbereitung im sechsstelligen Bereich bewegen», so Troller weiter. Für ihn sei in erster Linie wichtig, dass eine renommierte Institution wie das Verkehrshaus nicht so mit historischen Gütern umgehe.

«Ich kann das nicht verstehen»

Kilian T. Elsasser war bis 2004 im Verkehrshaus der Schweiz angestellt und unter anderem für die Ausstellung Schienenverkehr zuständig. Das Aussenlager in Rain, laut dem ehemaligen Verkehrshaus-Mitarbeiter im Grunde genommen eine gute Sache, kam erst nach seiner Zeit, so Elsasser. Aufgrund der Erneuerung der Schienenhallen hätten die Sammlerstücke von nationaler Bedeutung ausgelagert werden müssen. Das müsse halt manchmal sein. «Mich ärgert es aber, dass Wagen, die jahrzehntelang der Stolz des Verkehrshauses waren, mit einem Mal so vernachlässigt werden und man diese im Freien oder in Partyzelten einfach verrotten lässt.» Er würde sich wünschen, dass die einmaligen historischen Fahrzeuge gemäss der bekannten Museumstandards vor der Witterung geschützt gelagert werden. «Durch ein rasches Handeln könnte der Zersetzungsprozess wenigstens gestoppt werden. Dies wäre die richtige Sofortmassnahme.»

Auf Anfrage beim Verkehrshaus Luzern heisst es, dass der Erstbezug der Aussenanlage in Rain auf 2014 datiert werden kann. Zurzeit beherbergt das Aussenlager rund 25’000 Objekte. Über die Dauer der Auslagerungen und die künftigen Restaurierungsprojekte könne zurzeit keine Auskunft gegeben werden, so Mediensprecher Olivier Burger weiter.

Gegenwärtig werde zum Schutz der Objekte ausserhalb der Halle ein Rundbogenzelt aufgebaut. Burger: «Damit ist es einerseits möglich, das Klima zu kontrollieren und auch die Luftfeuchtigkeit konstant zu halten, damit die Schienenfahrzeuge keinen Schaden nehmen.» Ein Ausbau der bestehenden Gebäude sei aufgrund der Bauzone nicht erlaubt.

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