MigrationsdebatteScholz und Merz liefern sich hartes Wahlkampfduell
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz und sein aussichtsreichster Herausforderer Friedrich Merz liefern sich im Bundestag einen harten Schlagabtausch. AfD-Chefin Weidel attackiert beide.
Darum gehts
Im Bundestag kommt es zu einer Abstimmung in der Migrationspolitik.
In den Reden davor lieferten sich vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein CDU-Herausforderer Friedrich Merz einen harten Schlagabtausch.
Während Scholz Merz vorwarf, die Angrenzung zu extrem rechten Parteien aufzugeben, verteidigte Merz seine Aussage, die Stimmen der AfD zu akzeptieren.
Mit diesen könnte der Fünf-Punkte-Plan zur Bekämpfung der irregulären Migration im Bundestag eine Mehrheit bekommen.
Vor der Abstimmung über die Migrationspolitik im Bundestag haben sich in Deutschland Kanzler Olaf Scholz und der christdemokratische Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen aussergewöhnlich scharfen Schlagabtausch über den Umgang mit der rechtspopulistischen AfD geliefert.
Der SPD-Kanzlerkandidat Scholz warf Merz vor, die klare Abgrenzung zu extrem rechten Parteien aufzugeben. «Sie nehmen die Unterstützung der AfD für Ihre rechtswidrigen Vorschläge offen in Kauf.»
«Niederträchtige» Spekulationen um schwarz-blaue Koalition
Scholz mutmasste auch, dass die Christdemokraten nach der Wahl eine Koalition mit der AfD eingehen könnten. Merz wies das in seiner Antwort auf den Kanzler als «niederträchtig» zurück. «Ich werde alles tun, das zu verhindern.» Der CDU-Chef bekräftigte aber, dass er für die Durchsetzung seiner Migrationsvorschläge die Zustimmung der AfD in Kauf nehme. Das sei ihm lieber, als «weiter ohnmächtig zuzusehen, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet» werden.
![Bevor es zur Asyl-Debatte kam, erhob sich der Bundestag in Gedenken an die Opfer der Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg zu einer Schweigeminute. Bevor es zur Asyl-Debatte kam, erhob sich der Bundestag in Gedenken an die Opfer der Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg zu einer Schweigeminute.](https://image.20min.ch/2025/01/29/6c0f7e63-4e4d-44ff-846a-32779f4deb95.jpeg?auto=format%2Ccompress%2Cenhance&fit=max&w=1200&h=1200&rect=0%2C0%2C4000%2C2667&s=07cd4ae577cb47300d6c226ebc95b504)
Bevor es zur Asyl-Debatte kam, erhob sich der Bundestag in Gedenken an die Opfer der Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg zu einer Schweigeminute.
AFPDie AfD-Vorsitzende Alice Weidel wandte sich sowohl gegen Scholz als auch gegen Merz. Die Regierungserklärung nannte sie «ungeheuerlich» und warf Scholz «autoritäres» Denken vor. «Das ist Demokratie ohne Volk, das ist Demokratie ohne Wähler», sagte sie. Die Migrationspolitik der Regierung nannte sie einen «politisch motivierten Kontrollverlust». Der Union warf Weidel vor, die Vorschläge zur Eindämmung der Migration von der AfD abgeschrieben zu haben.
Drei Abstimmungen über CDU-Vorschläge
CDU und CSU wollen noch am Nachmittag zwei Anträge zur Abstimmung stellen. In einem geht es um einen Fünf-Punkte-Plan zur Bekämpfung der irregulären Migration, der mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen könnte. Gefordert wird darin unter anderem ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente. Am Freitag steht das sogenannte «Zustrombegrenzungsgesetz» zur finalen Abstimmung. Die Neuregelung soll unter anderem den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden.
Seit Messerangriff in Aschaffenburg gibt es nur noch zwei Wahlkampfthemen
Ausgangspunkt für die aktuelle Migrationsdebatte war der Messerangriff von Aschaffenburg mit zwei Toten, der vor einer Woche den Bundestags-Wahlkampf komplett umkrempelte. Ein offenbar psychisch kranker Mann aus Afghanistan soll zwei Menschen getötet haben, darunter einen zweijährigen Jungen mit marokkanischen Wurzeln. Der 28-jährige Tatverdächtige war ausreisepflichtig. Seitdem wird im Wahlkampf praktisch nur noch über Migration und den Umgang mit der AfD gestritten.
![Seit der Messerattacke im bayrischen Aschaffenburg vor einer Woche hat sich der deutsche Wahlkampf komplett verändert. Seit der Messerattacke im bayrischen Aschaffenburg vor einer Woche hat sich der deutsche Wahlkampf komplett verändert.](https://image.20min.ch/2025/01/29/aa4aecae-53e5-4a2a-a14c-77b7556b7217.jpeg?auto=format%2Ccompress%2Cenhance&fit=max&w=1200&h=1200&rect=0%2C0%2C4000%2C2667&s=83e77ddbb3cb8ce6c4027b0f1790838f)
Seit der Messerattacke im bayrischen Aschaffenburg vor einer Woche hat sich der deutsche Wahlkampf komplett verändert.
AFPScholz: «Ein Bundeskanzler darf kein Zocker sein»
Scholz sprach Merz die Regierungsfähigkeit ab, weil er Pläne vorlege, die dem Grundgesetz und dem EU-Recht widersprächen. «Es gibt Grenzen, die darf man als Staatsmann nicht überschreiten», sagte er. «Politik in unserem Land ist doch kein Pokerspiel. Der Zusammenhalt Europas ist kein Spieleinsatz. Und ein deutscher Bundeskanzler darf kein Zocker sein. Denn er entscheidet im schlimmsten Fall über Krieg oder Frieden.»
![Friedrich Merz nimmt lieber die Unterstützung der AfD in Kauf, als «weiter ohnmächtig zuzusehen, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet werden». Friedrich Merz nimmt lieber die Unterstützung der AfD in Kauf, als «weiter ohnmächtig zuzusehen, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet werden».](https://image.20min.ch/2025/01/29/815bbecb-8da1-4431-8a1c-72c4b4490ead.jpeg?auto=format%2Ccompress%2Cenhance&fit=max&w=1200&h=1200&rect=0%2C0%2C4000%2C2665&s=ba9155e6da428f9376fcff3479359924)
Friedrich Merz nimmt lieber die Unterstützung der AfD in Kauf, als «weiter ohnmächtig zuzusehen, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet werden».
AFPMerz wies den Vorwurf der Rechtswidrigkeit klar zurück. Der EU-Vertragsartikel 72 eröffne dem nationalen Recht den Vorrang bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, sagte er. «Wie viele Kinder müssen noch Opfer solcher Gewalttaten werden, bevor sie auch der Meinung sind, dass es sich hier um eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handelt?», fragte er.
AfD und FDP wollen Fünf-Punkte-Plan zustimmen
Ob die CDU/CSU für ihre beiden Anträge eine Mehrheit bekommt, war vor der Abstimmung noch offen. AfD und FDP haben zumindest zu Merz' Fünf-Punkte-Plan Zustimmung signalisiert. Die Union würde mit diesen beiden Fraktionen zusammen auf eine einfache Mehrheit von 362 Stimmen kommen, die für einen Beschluss über die Anträge ausreicht.
Auch wenn die Anträge beschlossen werden, es würde zunächst nichts ändern. Für die Bundesregierung haben sie keine bindende Wirkung. Kanzler Scholz hat bereits angekündigt, nicht tätig werden zu wollen. Er spricht deshalb von «heisser Luft».
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