Keine Lust zum ZahlenMillionär Philipp Plein verweigert Mietzahlung für seine Läden
Der Modedesigner gehört zu den reichsten Bewohnern der Schweiz. Weltweit betreibt er eigene Shops. Für die Mieten in Cannes und Amsterdam will er nun aber nicht mehr aufkommen – und schiebt die Corona-Krise vor.
Darum gehts
- Millionär und Modedesigner Philipp Plein will plötzlich für seine Läden in Cannes und Amsterdam keine Miete mehr zahlen.
- 20 Minuten liegen Briefe vor, die Plein an die Vermieter geschickt hat.
- Die Besitzerin des Ladenlokals in Cannes will nun klagen. Es geht um über eine Viertelmillion Euro.
- Als Grund für die Zahlungsverweigerung nennt Plein die Corona-Pandemie, sie sei ein «Ereignis höherer Gewalt».
Er ist Millionär, zeigt gern seine Besitztümer auf Instagram und fährt einen grünen Ferrari: der deutsche Modedesigner Philipp Plein. In der Fashion-Welt ist er ein grosser Name, Stars wie Kylie Jenner oder Kim Kardashian posieren für ihn. Letzte Woche trat Plein im Finale von Heidi Klums «Germany’s next Topmodel» auf. Wegen seiner glitzernden und schrillen Mode bezeichnen ihn Konkurrenten als «King of Bling».
Doch mit seinen Kleidern, Schuhen, Brillen und anderen Accessoires hat Plein ein Vermögen gescheffelt. Laut dem Wirtschaftsmagazin Bilanz gehört er mit 250 bis 300 Millionen zu den 300 reichsten Bewohnern der Schweiz. Seinen Firmensitz hat er in Lugano, wo er unter anderem auch lebt.
Vergammelter Laden
In der südfranzösischen Stadt Cannes allerdings ist von Pleins Glanz derzeit wenig übriggeblieben. Seit Wochen steht dort sein Ladenlokal an bester Lage leer und gammelt vor sich hin. Zu sehen ist noch das Logo und im Eingang Pleins Markenzeichen – ein überdimensionaler Totenkopf. An den Schaufenstern haben Unbekannte Schmierereien angebracht, wie die Fotos eines Lesers zeigen (s. Bildstrecke oben).
Wie Recherchen von 20 Minuten ergeben haben, will Plein vom Laden nichts mehr wissen. Mitte April teilte seine Firma in einem Brief an die Besitzerin des Ladenlokals plötzlich mit, dass Plein rückwirkend ab dem 1. April keine Miete mehr zahlen werde. Das Lokal werde auf dieses Datum hin «offiziell an den Besitzer zurückgegeben», heisst es im Schreiben weiter, das 20 Minuten vorliegt.
Bis zu einer Viertelmillion Euro Mietschulden?
Absender des Briefes ist die französische Tochterfirma PP Retail France, die den Laden offiziell betreibt. Unterschrieben hat Ennio Fontana, Verkaufschef beim Mutterkonzern Philipp Plein International und enger Vertrauter des Modedesigners. Laut Insidern ist Fontana aber seit dieser Woche per sofort aus dem Unternehmen ausgeschieden. Die Mitarbeiter seien von Plein persönlich über den Austritt informiert worden.
Die Besitzerin des Ladenlokals in Cannes ist entsetzt: «Ich habe mit Plein immer noch einen Mietvertrag, der erst Ende Oktober 2020 ausläuft», sagt sie auf Anfrage von 20 Minuten. Die Monatsmiete belaufe sich auf einen fünfstelligen Betrag. Die Zahlungen für April und Mai seien bis heute nicht eingetroffen. Die Miete für Juni sei nun fällig. Bezahlt Plein weiterhin nicht, wird er der Vermieterin bis zum Vertragsende mindestens eine Viertelmillion Euro schuldig sein.
Pandemie als Grund
Als Grund für das Aussetzen der Mietzahlung gibt Plein die Covid-19-Pandemie an. Der Ausbruch der Krankheit und die damit verbundenen staatlichen Massnahmen hätten Pleins Geschäfte stark getroffen, die Zahl der Luxus-Shopper sei auf «null» gefallen. Das alles habe dazu geführt, dass «unser Unternehmen den Laden in Cannes nicht als Verkaufsstelle im Luxus-Detailhandel nutzen konnte». Weil es sich bei der Pandemie um ein «Ereignis höherer Gewalt» handle, liege die Schuld für die entgangenen Geschäfte im Laden nicht bei Philipp Plein.
Wie 20 Minuten weiss, haben auch die Vermieter des Lokals für die Plein-Boutique in Amsterdam den gleichen Brief erhalten. In der niederländischen Hauptstadt zeigt sich das gleiche Bild wie in Cannes: Der Shop ist geschlossen, die Miete zahlt der Millionär seit April nicht mehr.
Laut Insidern soll der Mietvertrag dort erst in über einem Jahr auslaufen. Entsprechend hoch wird Plein dort in der Kreide stehen, sollte er die Miete auch künftig nicht zahlen und keine Einigung mit den Vermietern finden. Auf Anfrage wollten die Besitzer des Lokals keine Stellung nehmen.
«Plein blockt Kommunikation ab»
Die Vermieterin in Cannes will Pleins Zahlungsverweigerung nicht akzeptieren. Sie lebt von den Einnahmen. «Wir bereiten eine Klage vor», so die Besitzerin. Mahnungen und ein eingeschriebener Einspruch gegen den Brief seien bis heute unbeantwortet geblieben. «Jegliche Kommunikation blockt Plein ab», sagt die Besitzerin.
Mit dem plötzlichen Stopp der Miete riskiert Plein den Gang vor den Richter. «Pauschal kann man nicht die Pandemie im Sinne eines Ereignisses höherer Gewalt als Grund für die Auflösung eines gewerblichen Mietvertrags vorschieben», sagt Barbara Steenbergen vom Internationalen Mieterverband in Brüssel zu 20 Minuten. Man müsse aber immer auch den Einzelfall und das Kleingedruckte im Vertrag betrachten. «In den meisten Fällen wird aber dann der Richter entscheiden müssen.»
Offenbar war Plein bereits vor der Krise nicht mehr zufrieden mit den Umsätzen der beiden Läden. Laut der Vermieterin in Cannes hat der Modedesigner im Januar fristgerecht auf Ende Oktober den Mietvertrag gekündigt. Schiebt Plein also die Pandemie nur als Grund vor, um früher aus den Mietverträgen zu kommen? Plein sagt dazu nichts. Auch auf wiederholtes Anfragen reagiert das Unternehmen nicht.
Wachsender Onlineshop
Wie Plein kürzlich der Branchenplattform MF Fashion aber sagte, bereiten ihm die Läden wegen der Corona-Krise grosse Sorgen. Der Unternehmer glaubt nicht, dass die Kunden so schnell wieder in Scharen zurückkommen. Die Zukunft sieht er daher im Internet. Sein Onlineshop sei in der Krise um rund 25 Prozent gewachsen, so Plein.
Im Interview sagt er daher: «Ich muss wohl nochmals einige Läden in Amsterdam und einen in Südfrankreich genauer anschauen.» Laut seiner Website gibt es weltweit rund 100 Boutiquen an exklusiven Adressen, darunter in New York, Abu Dhabi oder Shanghai. In Hong Kong will Plein demnächst einen neuen Mega-Store eröffnen.
Die meisten Shops betreibt Plein mit einem Franchise-Modell. Nur rund ein Dutzend gehören ihm selber – auch jene in Cannes und Amsterdam, für die er nun keine Miete mehr zahlen will. Laut Insidern kannibalisiere sein Onlineshop die eigenen Boutiquen. Will Plein also auch seine restlichen Läden loswerden? Die Antwort bleibt aus. Plein schweigt.
Shitstorm geerntet
Schon Adidas hats gemacht
Dass die Verweigerung der Mietzahlung wegen der Corona-Krise auch zum Boomerang werden kann, hat Adidas erlebt. Der deutsche Hersteller von Sportartikeln hatte im März erklärt, die Miete für seine geschlossenen Läden in Europa ab April nicht mehr zu bezahlen. Dafür erntete das Unternehmen einen Shitstorm: Politiker kritisierten das Vorgehen, Kunden und Prominente riefen in sozialen Medien zum Boykott von Adidas auf. Kurz darauf krebste das Unternehmen zurück und entschuldigte sich in einem öffentlichen Brief. Es ginge zudem lediglich um eine Stundung der Mietzahlungen, präzisierte Adidas. Gleichzeitig wies der Konzern darauf hin, wie sehr die Geschäfte des Konzerns unter der Corona-Krise leiden würden.