Bericht aus KosMisere und Alltag sind nah beieinander
Die griechische Ferieninsel Kos wird von Flüchtlingen überrannt. Täglich kommt es zu Spannungen. 20 Minuten war während drei Tagen vor Ort und berichtete.
Auf die nötige Registrierung in der Inselhauptstadt Kos warten derzeit mehr als 5000 Flüchtlinge – tagelang und in grosser Hitze. Erste Aggressionen haben sich bereits entladen. Am Dienstag mussten Polizeibeamte Feuerlöscher und Stöcke einsetzen, um eine Menge frustrierter Bootsflüchtlinge zu trennen, die beim Warten auf ihre Registrierung aneinandergeraten waren.
Griechenland in der Krise
Das Flüchtlingsdrama ereilt Griechenland in einer ohnehin äusserst schwierigen Lage. Das Euro-Land steckt in seiner schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres kamen nach Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks etwa 124 000 per Boot in dem Land an - ein Anstieg von 750 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres. Die Polizei nahm auf Kos und den kleineren vorgelagerten Eilanden seit Jahresbeginn fast 30 000 illegal Eingereiste fest. Das entspricht nahezu der gesamten Einwohnerzahl.
Täglich überwinden Hunderte Menschen, die meisten von ihnen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, die wenigen Kilometer Seeweg zwischen der Türkei und Kos. Auch am Mittwochmorgen kamen Dutzende Menschen in mindestens zwei Schlauchbooten an. Der Syrer Laith Saleh hatte es ebenfalls auf diesem Weg vom türkischen Bodrum auf die griechische Insel geschafft. Nun steht er seit Tagen für seine Registrierung an.
Anlaufstelle Fussballstadion
Am Montag wartete er mit Hunderten in einem alten Fussballstadion in Kos, das sich zur Hauptanlaufstelle entwickelt hat, neun Stunden lang - vergeblich. «Es gab nur vier Menschen, die dafür zuständig waren. Heute ist es nur einer», sagt der 30-jährige frühere Stuckateur, der drei Jahre lang in Aleppo und Kobane gegen syrische Regierungstruppen und die Terrormiliz Islamischer Staat gekämpft hat.
Die Polizei hat bereits zusätzliches Personal geschickt, um den Ansturm zu bewältigen. Auch zwei Einheiten an Bereitschaftspolizei wurden auf die Insel eingeflogen, um die Menschenmenge kontrollieren zu können. Immer wieder kommt es in der angespannten Atmosphäre unter grosser Hitze zu Krisenmomenten. So blockierten Hunderte Flüchtlinge am Dienstag in Kos vorübergehend die Hauptstrasse und forderten eine schnellere Registrierung. «Wir wollen Papiere, wir wollen Papiere!», riefen sie.