Mit Gentech-Moskitos gegen Dengue-Fieber

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BrasilienMit Gentech-Moskitos gegen Dengue-Fieber

In Brasilien erkranken mehr Menschen an Denguefieber als irgendwo sonst auf der Welt. Forscher ziehen nun mit im Labor veränderten Mücken gegen die Krankheit in den Kampf.

Der Überträger der Krankheit: Die Tigermücke Aedes aegypti.

Der Überträger der Krankheit: Die Tigermücke Aedes aegypti.

Zwei Wochen vor Anpfiff der Fussball-Weltmeisterschaft grassierte in Campinas, dem WM-Stützpunkt Portugals, das Denguefieber: Dort wurden im laufenden Jahr über 32'000 Infektionen und mindestens drei Todesfälle verzeichnet. In ganz Brasilien erkrankten im Jahr 2013 über 1,4 Millionen Menschen.

Mitte Mai warnten Wissenschaftler sogar vor einer Dengue-Epidemie während der Fussball-WM. Besonders hoch sei das Risiko in Natal, Fortaleza und Recife im Nordosten, schrieben sie im Fachjournal «Lancet Infectious Diseases». Aber auch in Manaus, dem Spielort der Schweizer, in Rio de Janeiro, Belo Horizonte und Salvador könnten sich WM-Besucher mit den Viren anstecken.

Derzeit gibt es keine Impfung, Schutz bietet nur ein gutes Moskitospray. Die Symptome reichen von erkältungsähnlich bis zu schwerem Fieber, selten kommt es zur tödlichen, hämorrhagischen Form. Überträger ist die Tigermücke Aedes aegypti, die auch am Tag sticht. Die Moskitos werden in Brasilien mit Chemie und durch die Eliminierung von Brutplätzen wie mit Wasser gefüllte Behälter bekämpft.

Gentechmoskitos gegen Dengue-Fieber

Im Kampf gegen die Krankheit bewilligte Brasilien Ende April als erstes Land der Welt die kommerzielle Freisetzung von gentechnisch veränderten Tigermücken. Die Männchen tragen ein Gen, das für ihre Nachfahren tödlich ist. Feldversuche zeigten, dass dies zumindest kurzfristig tatsächlich den Mückenbestand dezimiert. Kritiker warnen jedoch, dass das Gen auf wilde Mückenarten überspringen könnte.

Rafael de Freitas von der Fundação Oswaldo Cruz in Rio de Janeiro verfolgt einen ähnlichen Weg. Doch statt eines Gens pflanzt er den Moskitos ein für Menschen harmloses Insekten-Bakterium namens Wolbachia ein. Es wird über die Eier an Nachkommen übertragen und macht männliche Träger unfruchtbar. So garantiert es, dass nur Mücken, die Wolbachia tragen, sich fortpflanzen.

Mücken werden im August erstmals ausgesetzt

«Unsere Strategie ist sicherer als Gentechmücken», erklärte de Freitas unlängst vor Schweizer Journalisten. Es zeigte sich, dass die Wolbachia-Infektion die Entwicklung der Dengue-Viren in den Tigermücken stoppt. Bei ersten Feldversuchen in Australien im Rahmen der «Elimiate Dengue»-Initiative breiteten sich Wolbachia-tragende Tigermücken im natürlichen Bestand aus.

Im August will de Freitas' Team zum ersten Mal in Brasilien Wolbachia-infizierte Tigermücken freilassen. Die Regierung hat den Test in mehreren kleinen Gemeinden im Bundesstaat Rio de Janeiro bewilligt. Ziel ist es, zu prüfen, ob sich die Wolbachia-tragenden Mücken ausbreiten und die Dengue-Ansteckungen sinken.

Vierfache Impfung

Ebenfalls an der Fiocruz-Stiftung tüftelt das Team um Ada Alves an einer besonders cleveren Dengue-Impfung. Die Suche ist schwierig, da es vom Dengue-Virus vier Typen gibt. Eine Infektion mit - oder eine Impfung gegen - nur einen Typ macht einen schweren Verlauf der Krankheit bei der nächsten Infektion wahrscheinlicher.

«Eine Impfung muss gegen alle vier Typen gleichzeitig wirken», erklärte Alves. Am weitesten ist dabei die Pharmafirma Sanofi Pasteur, die eine Vierfach-Impfung bereits an Menschen testet. «Doch sie wirkt nicht gegen alle Dengue-Typen gleich gut», sagte Alves. Dies will ihr Team lösen, indem es zwei Impfstofftypen miteinander kombiniert.

Einem Vierfach-Impfstoff wie dem von Sanofi fügen die Forscher einen DNA-Impfstoff bei. Einzelne Viren-Gene werden dazu auf ein Erbgutschnipsel übertragen und in die Körperzellen geschleust. Versuche an Mäusen zeigten, dass die Tiere nicht nur zahlreiche Antikörper gegen Dengue-Viren bildeten, sondern auch eine starke zelluläre Immunantwort.

Fünfter Dengue-Typus in Malaysia gefunden

So konnte ihr Immunsystem nicht nur mittels Antikörpern die Viren abfangen, bevor sie Zellen angriffen, sondern auch bereits infizierte Zellen erkennen und zerstören. 100 Prozent der geimpften Mäuse hätten überlebt, berichteten die Forscher letztes Jahr im Fachblatt «PLOS ONE».

Bis ein fertiger Kombinations-Impfstoff für Menschen vorliegt, wird es indes noch Jahre gehen. Zudem hält das Virus hat noch mehr Tücken bereit: Letztes Jahr wurde in Malaysia ein fünfter Dengue-Typus gefunden. (sda)

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