Gemeindepräsident zu Kesb-Affäre«Mit Kindsmissbrauch Empörung zu erzeugen, ist sehr einfach»
Der Gemeindepräsident von Dornach SO nimmt im Interview mit 20 Minuten Stellung zum Vorwurf des Behördenversagens der Sozialregion Dorneck-Thierstein/Thal-Gäu. Die Behörde steht in der Kritik, beim mutmasslichen Missbrauch eines achtjährigen Mädchens untätig geblieben zu sein.
Darum gehts
- Ein achtjähriges Mädchen getrennt lebender Eltern bezichtigte ihren Vater gegenüber einer Mitarbeiterinder Kinderpsychiatrie Baselland (KJP) des jahrelangen sexuellen Missbrauchs. Tonaufnahmen des Gesprächs gelangten an die Medien.
- Die KJP informierte die Kesb und den Kindsvater über die Anschuldigungen. Die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dorneck-Thierstein/Thal-Gäu hielt dennoch am Besuchsrecht des Vaters fest, gegen den bereits eine Gefährdungsmeldung vorlag.
- Jetzt äussert sich der für die Sozialregion Dorneck zuständige Dornacher Gemeindepräsident Christian Schlatter zum Fall.
Könnten Sie zum publik gewordenen Fall des achtjährigen Mädchens, das ihren Vater besuchen musste, obwohl er sie missbrauchte, aus Ihrer Sicht Stellung beziehen?
Ihre Frage impliziert die Richtigkeit der Behauptung: Ein Kindsvater wird beschuldigt, seine Tochter missbraucht zu haben. Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft und die Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes Dorneck müssen im Strafverfahren zu verfahrensrelevanten Fragen Auskunft geben. Ich bin aufgrund des laufenden Verfahrens an die Schweigepflicht gebunden. Im vorliegenden Fall sind mehrere Gefährdungsmeldungen eingegangen. Es sind Empfehlungen dazu ausgearbeitet und Massnahmen von der Kesb verfügt worden. Mir liegen keine Einsichten in Fehler seitens unseres Sozialdienstes vor.
Was passierte nachdem die Gefährdungsmeldung gemacht wurde?
Unser Sozialdienst hat einen Abklärungsauftrag erhalten und den Fall an die Hand genommen. Das führt zu einer Empfehlung an die Kesb, die auf dieser Empfehlung einen Entschluss fasst. Die Kesb ihrerseits verfügt, sofern nötig, dass in solchen Fällen medizinische und psychologische Gutachten ausgearbeitet werden. Dies war auch in diesem Fall so. Im vorliegenden Fall geht es um das Besuchsrecht. Das ist ein wichtiges Recht, weil ein Kind beide Elternteile braucht. Als Verwaltungsleiter, auch des Dornecker Sozialdienstes, habe ich keine Anhaltspunkte, dass unsere Mitarbeiterinnen ihre Arbeit nicht richtig gemacht hätten.
Läuft etwas falsch bei der Kesb Dorneck-Thierstein/Thal-Gäu?
Als Politiker und noch mehr als Mensch bin ich der Überzeugung, dass der Kindsschutz eines der höchsten zu schützenden Güter unserer Gesellschaft ist. Die Arbeit im Kindsschutz muss nach dem aktuellen Wissensstand und den neusten Erkenntnissen erfolgen. Sorgfältige Abklärungen sind unerlässlich. Die Kesb ist eine Behörde, ähnlich einem Gericht, die über Anträge befinden muss. Die Entscheide mit zum Teil riesiger Tragweite, wenn wir etwa an Fremdplatzierungen denken, werden natürlich immer wieder infragegestellt.
Wieso können überhaupt solche schwerwiegenden Fehler passieren?
Noch einmal: Ich konnte bisher keinen Anlass finden, der diesen Vorwurf rechtfertigen würde. Die Behauptung, die Kesb sei unhaltbar, ist für einige Kreise ein gefundenes Fressen. Der Kindsvater wird beschuldigt, seine Tochter sexuell missbraucht zu haben. Das ist ein schwerwiegende Beschuldigung, zu deren Klärung jetzt ein Strafverfahren läuft. Es ist sehr einfach, mit einem Thema wie dem Kindsmissbrauch, Empörung zu erzeugen. Die einseitige Sicht des Opfers wurde ungefiltert und ohne Kontext wiedergegeben. Das ist Effekthascherei, in einer Sache, in der wir uns wohl alle einig sind: Kindsmissbrauch darf nicht geschehen! Die Medienberichte haben ihre Wirkung nicht verfehlt.