Corona-ImpfungMit welchen Nebenwirkungen muss ich rechnen?
Die Schweizer Impfkampagne ist voll in Fahrt. Mit was muss man nach der Impfung rechnen? Ist die zweite Spritze riskanter? 20 Minuten klärt die acht wichtigsten Fragen.
Darum gehts
Über zwei Millionen Menschen sind in der Schweiz bereits vollständig geimpft.
Manche Geimpfte leiden insbesondere nach der zweiten Impfung an Nebenwirkungen.
20 Minuten hat die wichtigsten Fragen dazu von Experten beantworten lassen.
Von Fieber über Schmerzen im Arm bis zu allergischen Reaktionen: Die Corona-Impfung geht nicht an allen spurlos vorbei. Doch wer muss mit Nebenwirkungen rechnen? Und ab wann sollte man zum Arzt?
Für 20 Minuten beantwortet Barbara Hasse, leitende Ärztin in der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich, Petra Ming, Mediensprecherin des Insel- und Universitätsspitals Bern und Caroline Johnson vom Universitätsspital Basel die wichtigsten Fragen zu den Nebenwirkungen.
Welche sind die häufigsten Nebenwirkungen der Corona-Impfung?
Schmerzen an der Einstichstelle treten fast bei allen auf: Rund 84 Prozent der Geimpften sind davon betroffen, sagt Barbara Hasse. Müdigkeit und Kopfschmerzen treten bei etwa der Hälfte der Geimpften auf, teilt Caroline Johnson vom Universitätsspital Basel mit. Bei einem Drittel machten sich Muskelschmerzen oder ein Fiebergefühl breit.
«Andere lokale Reaktionen waren Rötung und Schwellung an der Einstichstelle», sagt Hasse. Auch verzögert auftretende Lokalreaktionen an der Injektionsstelle nach der Covid-19-Impfung, wie ein sogenannter «Covid-Arm» seien gelegentlich beobachtet worden – diese hätten sich aber spontan wieder zurückgebildet, sagt die Ärztin. Die am häufigsten, schwerwiegend eingestuften Fälle seien gemäss Swissmedic Fieber. Selten kommen Kopfschmerzen, Luftnot und eine Reaktivierung von Gürtelrose vor.
Treten nach der ersten oder zweiten Impfung mehr Nebenwirkungen auf?
«Die Nebenwirkungen fallen bei der zweiten Dosis tendenziell stärker aus», schreibt Ming vom Inselspital Bern. Fieber trete nach der ersten Dosis eher selten auf – nur bei etwa jeder hundertsten Person. «Bei der zweiten Dosis ist circa jede sechste Person von Fieber oder anderen grippeähnlichen Symptomen betroffen.»
Lokale Nebenwirkungen, wie Schwellung, Müdigkeit und andere leichte Reaktionen, würden sich nach der ersten und zweiten Impfdosis nicht wesentlich unterscheiden, sagt die Zürcher Ärztin Hasse. Aber: «Als schwerwiegend eingestufte Nebenwirkungen werden generell eher nach der zweiten Impfung berichtet.»
Das sagen die Zahlen
In der Schweiz sind mittlerweile über zwei Millionen Personen vollständig geimpft. 2701 Verdachtsmeldungen unerwünschter Wirkungen der Covid-19-Impfstoffe in der Schweiz wurden ausgewertet, schreibt Swissmedic (Stand 2. Juni). Davon waren rund 65 Prozent nicht schwerwiegend, die restlichen 35 Prozent (950 Fälle) wurden als schwerwiegend klassifiziert. Die Betroffenen waren im Mittel 62,8 Jahre alt, wobei 33 Prozent 75 Jahre oder älter waren. In den als schwerwiegend eingestuften Fällen lag das mittlere Alter bei 66,5 Jahren. In 90 der schwerwiegenden Fälle sind Personen in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Impfung gestorben. Diese waren im Durchschnitt 83,6 Jahre alt und hatten mehrheitlich schwere Vorerkrankungen. Der grössere Teil der Meldungen bezog sich auf Frauen. Die Mehrzahl der Meldungen erfolgte durch medizinische Fachpersonen, nur 15 Prozent kamen direkt von Betroffenen.
Welche Faktoren beeinflussen, ob ich Nebenwirkungen verspüre oder nicht?
«Generell gilt: Jüngere Menschen haben mehr unerwünschte Impferscheinungen als ältere Menschen», schreibt Ming. Das eigene Immunsystem spiele auch eine Rolle. Und: Die Erwartungshaltung gegenüber befürchteten Reaktionen: In den Zulassungsstudien seien von 40 Prozent der Teilnehmenden in der Placebo-Gruppe Nebenwirkungen gemeldet worden.
«Das einzige bekannte ernsthafte Risiko ist eine allergische Reaktion, die in etwa bei 1 auf 100'000 geimpften Personen auftritt», schreibt Johnson vom Universitätsspital Basel. Dieses Risiko bestehe bei Personen, die bereits auf andere Impfungen mit einer schweren allergischen Reaktion reagiert hätten oder eine bekannte schwere Allergie auf die chemische Substanz Polyethylenglycol (PEG) vorwiesen.
Auf was muss ich achten bei der Behandlung der Nebenwirkungen – gibt es No-Gos bei der Medikamenten-Auswahl?
Die Experten sind sich einig: «Es dürfen ohne Weiteres fiebersenkende und entzündungshemmende Medikamente eingenommen werden», teilt Petra Ming mit. Laut Hasse ist eine symptomatische Behandlung mit einem Schmerzmittel meistens ausreichend. Auch lokale Kühlung könne helfen, schreibt Johnson.
Gibt es bezüglich Nebenwirkungen Unterschiede zwischen den zwei Impfstoffen Moderna und Pfizer?
«Beim Impfstoff von Pfizer Biontech ist die Fieberrate geringer», schreibt Ming vom Inselspital. Auch die Rate des «Covid-Arms» sei weniger hoch im Vergleich. Dies bestätigt Barbara Hasse. Aber: Insgesamt gebe es keine grossen Unterschiede gemäss Swissmedic.
Sagt es etwas über die Wirkung aus, ob ich Nebenwirkungen verspüre oder nicht?
«Das sagt nichts aus», antwortet die Ärztin Barbara Hasse. «Der Schweregrad der Impfreaktion widerspiegelt nicht die Höhe der Immunantwort», bestätigt Petra Ming.
Wie lange halten die Nebenwirkungen an – und ab wann muss ich zum Arzt?
«Zum Arzt muss man, wenn man Nebenwirkungen hat, welche man selber nicht behandeln kann», sagt Hasse. Generell seien Nebenwirkungen in den ersten Tagen nach einer Impfung zu erwarten, antwortet Ming. «Sie sind in der Regel mild und von kurzer Dauer.» Würden diese länger anhalten, schlimmer werden oder verändere sich das Wohlbefinden in den Wochen nach der Impfung, sollte eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.
Gefühlt treten bei der Corona-Impfung mehr Nebenwirkungen auf als bei anderen – ist das so?
«Tatsächlich gelten die Covid-Impfungen generell als ‘reaktogener’ als die bisher bekannten Impfungen, das lässt sich schwer quantifizieren, aber wird so angenommen», teilt Petra Ming mit. «Sicher spielt aber auch der Effekt eine Rolle, dass bereits mehr als zwei Milliarden Menschen mindestens eine Impfung erhalten haben, täglich mehr dazukommen und Menschen heute ihre Symptome aktiver beobachten, posten und vergleichen.» Diese Vermutung teilt Barbara Hasse: «Ich gehe davon aus, dass viel mehr geimpft werden als normal, man dem auch mehr Beachtung schenkt und es auch genau via Swissmedic erfasst.»
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