Mittelmeerinsel«Das ist das Ende von Lampedusa»
Nach der gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer geht die Odyssee für Tausende Migranten in Italien weiter.
Darum gehts
Das Elend auf Lampedusa ist gross.
Täglich erreichen weitere Flüchtende die Insel.
Auf Lampedusa klaffen die Lebensrealitäten weit auseinander.
Die Ankunft Tausender Bootsmigranten innerhalb weniger Tage bringt die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa an ihre Grenzen. In dem völlig überfüllten Erstaufnahmelager im Zentrum der kleinen Insel kam es am Donnerstag teils zu chaotischen Szenen. Auf Videos war zu sehen, wie die Menschen – viele erkennbar erschöpft – dicht gedrängt in der prallen Sonne ausharrten, ihnen gegenüber standen Sicherheitskräfte vor den Toren des Lagers. In dem Getümmel kam Unruhe auf. In italienischen Medien war von einer «explosiven» Stimmung zu lesen.
Einer der Migranten ist Kader Dialo aus Gambia. Er bezahlte 82’000 Dalasi für die Überfahrt von Tunesien nach Lampedusa – umgerechnet 5000 Euro, wie «La Stampa» berichtet. Das Geld verdiente er zwei Jahre lang in Libyen. Bei seiner Ankunft am Dienstag herrschte Chaos auf der Insel. Das Lager war noch nie so überfüllt. Bei der Verteilung von Lebensmitteln und Getränken kam es zu chaotischen Szenen.
Lebensrealitäten klaffen auseinander
Bereits zuvor versuchten Menschen, den Hafen zu verlassen und Absperrungen zu durchbrechen. Am Donnerstag war die Lage erneut angespannt. Migranten harrten vor den hohen Toren des Camps aus – zwischendurch werden erschöpfte oder ohnmächtige Menschen herausgetragen, um von Sanitätern und Sanitäterinnen behandelt zu werden.
Kader Dialo versucht seinen Hunger mit Johannisbrotbaum-Früchten zu stillen. Ein älterer Herr beobachtet ihn. «Ich kann ihn verstehen, die Früchte füllen deinen Bauch und lassen den Hunger verschwinden.» Aber nicht alle haben Verständnis mit den Flüchtenden. «Hungrige Bastarde», schimpft ein Barbesitzer in der NZZ. «Letzte Nacht sind sie in meine Strandbar eingebrochen.» Ein weiterer Bewohner der Insel sagt: «So viele wie heute waren es noch nie. Das ist das Ende von Lampedusa.»
Auf Lampedusa klaffen die Lebensrealitäten weit auseinander. Einerseits ist das Eiland, das näher an der afrikanischen als an der sizilianischen Küste liegt, ein beliebter Ferienort: Türkisblaues Wasser und malerische Buchten ziehen Touristen an. Vor der Küste schippern mitunter Ausflugsboote von Touristen umher, denen an der für Migranten-Ankünfte vorgesehenen Mole am Hafen die Boote mit den Schutzsuchenden entgegenkommen.
Mehr als 123’800 Menschen registriert
In diesem Jahr haben schon mehr Migranten Italien auf dem Seeweg erreicht als im gesamten Vorjahr. Die Menschen brechen meist in instabilen und seeuntauglichen Metallbooten in Richtung Europa auf – einige kommen damit aus eigener Kraft an, andere werden von der Küstenwache oder zivilen Seenotrettern an Land gebracht. Nach Zahlen des Innenministeriums in Rom wurden seit Januar bereits mehr als 123’800 Menschen registriert, die auf Booten Italien erreichten – im Vorjahreszeitraum waren es 65’500. Sollte der Trend anhalten, könnte bis Ende des Jahres die Rekordzahl von 2016 übertroffen werden. Damals kamen 181’000 Menschen. (DPA)
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