Dieses Schiff brachte explosives Ammoniumnitrat nach Beirut

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Unglück im LibanonDieses Schiff brachte explosives Ammoniumnitrat nach Beirut

2750 Tonnen Ammoniumnitrat sollen die gewaltigen Detonationen im Hafen von Beirut ausgelöst haben. Die gefährliche Substanz soll dort jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein.

Das ist die MV Rhosus. Auf diesem Schiff sollen die 2750 Tonnen Ammoniumnitrat nach Beirut gekommen sein.
Das Schiff gehört dem russischen Geschäftsmann Igor Grechushkin, der seit Jahren mit seiner Familie auf Zypern lebt.
Die MV Rhosus war 2013 von Georgien nach Moçambique unterwegs. Der zehnköpfigen Besatzung gingen aber dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber deklarierte daraufhin Insolvenz und gab das Schiff auf.
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Das ist die MV Rhosus. Auf diesem Schiff sollen die 2750 Tonnen Ammoniumnitrat nach Beirut gekommen sein.

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Darum gehts

  • Hochexplosives Ammoniumnitrat soll die Explosionen am Hafen von Beirut ausgelöst haben.

  • Die entzündlichen Chemikalien stammen von einem Schiff eines russischen Geschäftsmannes.

  • Die libanesischen Zollbehörden hatten jahrelang vor der Gefahr des Materials gewarnt.

In Beirut könnte eine sehr grosse Menge Ammoniumnitrat die gewaltigen Detonationen am Hafen ausgelöst haben: Schätzungsweise 2750 Tonnen der gefährlichen Substanz sollen dort jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein. Die Hafenbehörde hatte andere Ämter vor der Gefahr gewarnt. Doch eine toxische Mischung aus Korruption und Vernachlässigung führte am Dienstag zur Katastrophe.

Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen dient, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Der Stoff könnte vom Frachtschiff MV Rhosus stammen, dem libanesische Behörden im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten.

Das Schiff war demnach von Georgien nach Moçambique unterwegs. Der zehnköpfigen Besatzung gingen aber dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber deklarierte daraufhin Insolvenz und gab das Schiff auf.

«Wir sitzen hier auf einem Pulverfass»

Die Crew lebte weitere zehn Monate an Bord. «Wir sitzen hier auf einem Pulverfass», sagte der Kapitän Boris Prokoshew zu «Ukrainian Sailor». Nach einem juristischen Streit wurde den acht Ukrainern und den zwei Russen schliesslich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde.

Wie die «Moscow Times» berichtet, gehört der Frachter dem russischen Geschäftsmann Igor Grechushkin, der seit Jahren mit seiner Familie auf Zypern lebt. Auch seine Firma Teto Shipping ist dort registriert. Nach Angaben des Kapitäns der MV Rhosus schulde Grechushkin der Crew um die 200’000 Dollar an ausstehenden Lohnzahlungen.

Angst, dass das Ammoniumnitrat in den Händen von Terroristen landet

Aus Regierungsdokumenten, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, geht hervor, dass die libanesische Zollverwaltung die Justiz im Land zwischen 2014 und 2017 etwa zehnmal vor den «schwerwiegenden Gefahren» der Ladung gewarnt hatte. Zuletzt hatte Zolldirektor Badri Daher im Sommer 2017 den zuständigen Richter gebeten, «eine schnelle Entscheidung» über die Auslagerung der Fracht zu treffen.

Wie die «Bild»-Zeitung berichtet, könnte sich der Entscheid der Justiz allerdings verzögert haben, weil man befürchtet habe, das hochexplosive Ammoniumnitrat könne in den Händen von Hizbollah-Terroristen landen.

Warum fuhr das Schiff unter moldauischer Flagge?

Der Frachter MV Rhosus ist unter moldauischer Flagge registriert. Die Republik Moldau gilt als sogenanntes Billigflaggenland. Diese Ausflaggung werde von Reedereien genutzt, um Kosten zu sparen, wie die «Tagesschau» berichtet. Meist geht es dabei um niedrige Steuern oder Gesetze, die wenig Schutz für Matrosen bieten.

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