Nach dem AbgangMoritz' letzter Streich
Moritz Leuenberger fällt der Abschied schwer. Er will nach Amtsende noch an die Klimakonferenz in Cancún. Dazu schraubt er sogar seine Forderung zurück.
Er hatte sich seinen Abschied nach 15 Jahren in der Schweizer Landesregierung schön zurechtgelegt: Verkehrs- und Umweltminister Moritz Leuenberger wollte im Oktober noch dem Durchstich des Gotthard-Basistunnels beiwohnen und im Dezember die Schweizer Delegation an der Klimakonferenz in Cancún anführen, bevor er auf Ende Dezember zurücktreten würde. Doch Finanzminister Hans-Rudolf Merz machte ihm mit seinem vorgezogenen Rücktritt einen Strich durch die Rechnung. Im Interesse seiner Partei, der SP, zog auch Leuenberger seinen Rücktrittstermin vor, damit die beiden Bundesratssitze gleichentags neu besetzt werden können – und brachte damit auch seinen sauber arrangierten Veranstaltungskalender durcheinander.
Heute soll der Gesamtbundesrat beraten, ob er Leuenberger die Reise nach Cancún im Dezember mit einem Bubentrickli ermöglichen will, obwohl dieser dann bereits nicht mehr Umweltminister ist. Denn Leuenberger muss spätestens auf den 22. November zurücktreten, falls die Wahl seines Nachfolgers erwartungsgemäss am 22. September stattfindet. Ein neu gewählter Bundesrat muss spätestens zwei Monate nach seiner Wahl das Amt antreten, schreibt das Parlamentsgesetz vor.
Damit die Reise an die Klimakonferenz trotzdem nicht ins Wasser fällt, hatte Leuenberger bereits in einer Medienmitteilung angekündigt, er werde dem Bundesrat den Antrag stellen, ihn mit der Leitung der Schweizer Delegation in Cancún zu beauftragen. Leuenberger leite bereits die Vorbereitungskonferenz in Genf, lautet die Begründung im der Mitteilung. Überhaupt sei die Schweiz stark in der Vorbereitung engagiert, fügt Departementssprecher Daniel Bach hinzu. Leuenberger habe sich jahrelang mit dem Thema beschäftigt und kenne viele Leute. «Es könnte der Sache dienen, wenn Leuenberger nach Cancún reist», sagt Bach.
«Kann keine Verantwortung übernehmen»
Bei den Aussenpolitikern stösst Leuenbergers Vorhaben, die Schweizer Delegation zu leiten, auf wenig Verständnis. «Der neue Umweltminister soll die Delegation leiten», sagt die CVP-Nationalrätin Kathy Riklin. Leuenberger solle zwar mitreisen dürfen als offizielles Delegationsmitglied, aber nicht als Leiter. «Er kann im Nachhinein gar keine politische Verantwortung mehr übernehmen», sagt Riklin. Wenig Verständnis für Leuenbergers Wunsch hat auch SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli: «Es geht Bundesrat Leuenberger nur um die Selbstverwirklichung.» Auf jeden Fall müsse der neugewählte Bundesrat an die Klimakonferenz, sagt Mörgeli. «Wer Vertreter ist, sagen nicht die Vertreter selbst, sondern die Vertretenen.» Der Zürcher SVPler vermutet Hintergedanken beim abtretenden Umweltminister: «Leuenberger weiss nicht, was nach seiner Amtszeit im Bundesrat kommt, und will sich deshalb an der Klimakonferenz ein internationales Ämtli sichern.»
Selbst Leuenbergers Parteikollege Nationalrat Mario Fehr verteidigt den Wunsch, Delegationsleiter zu werden, nicht: «Diese Frage muss der Bundesrat entscheiden.» Aber Leuenberger kenne viele der Gäste, und gleichzeitig sei die Konferenz ein Ort, an dem viele Umweltminister vertreten seien. «Es wäre deshalb sinnvoll, wenn der abtretende und der neue Bundesrat zusammen gingen», sagt Fehr. Dass alt Bundesräte Schweizer Delegationen angeführt hätten, sei durchaus auch schon vorgekommen, sagt ein Kenner der Bundesverwaltung. «Aber nicht unbedingt bei so bedeutenden Konferenzen.» Der Normalfall sei auf jeden Fall, dass ein neuer Bundesrat voll in das neue Amt einsteigt, sagt der Insider. Und an Konferenzen gehe, auch wenn er erst wenige Wochen im Amt ist.
Funktion sei zu diskutieren
Inzwischen hat offenbar auch Leuenberger gemerkt, dass seine Forderung, als Delegationsleiter beauftragt zu werden, zu hoch gegriffen ist. Sein Departement buchstabiert zurück: «Dieser Punkt war in der Medienmitteilung vielleicht ein bisschen zu absolut formuliert», sagt UVEK-Sprecher Bach. Umweltminister Leuenberger biete dem Gesamtbundesrat grundsätzlich an, mit der Schweizer Delegation an der Konferenz teilzunehmen. «In welcher Funktion dies geschehen soll, muss der Bundesrat diskutieren», sagt Bach. Selbstverständlich werde Leuenberger kein Honorar verlangen, falls ihm der Bundesrat heute tatsächlich ein Mandat für die Klimakonferenz in Cancún erteile.