Rocky-Mountain-FleckfieberMotorsport-Star und Freundin sterben nach Zeckenbiss – auch bei uns möglich?
In Brasilien war Douglas Costa ein bekannter Rennfahrer. Doch nun ist der 42-Jährige tot, genauso wie seine Freundin. Beide starben an den Folgen eines Zeckenstichs. So gross ist das Risiko für dich.
Darum gehts
Der brasilianische Rennfahrer Douglas Costa ist tot.
Er starb am Rocky-Mountain-Fleckfieber.
Der Erreger Rickettsia rickettsii wird durch Zecken übertragen.
Bislang kommt die Erkrankung nur in den USA sowie in Mittel- und Südamerika vor.
Brasilien trauert um den Rennfahrer Douglas Costa. Dieser starb mit nur 42 Jahren am Rocky-Mountain-Fleckfieber, kurz RMSF. Genauso wie seine Partnerin Mariana Giordano. Sie erlag vier Stunden nach Costa der Infektion. Zwischen der Ansteckung und dem Tod lagen nur rund anderthalb Wochen. Beide klagten zuvor über Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und einen Hautausschlag.
Laut einer gemeinsamen Freundin haben sich die beiden Ende Mai in der Gegend von Campinas im brasilianischen Bundesstaat São Paulo aufgehalten und dort wahrscheinlich über Zeckenstiche (siehe Box) mit dem todbringenden Erreger infiziert. In der Gegend kommt es immer wieder zu RMSF-Infektionen. Alleine in diesem Jahr sind von dort sieben Infektions- und drei Todesfälle bekannt. «Die Stadt Campinas ist ein Endemiegebiet», heisst es in einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums.
Doch auch anderswo kann es zur Übertragung kommen. Das ist über Erreger, Infektion und Übertragungsweg bekannt.
Was ist das Rocky-Mountain-Fleckfieber?
RMSF ist eine Erkrankung, die von Bakterien der Art Rickettsia rickettsii ausgelöst wird. Sie wird in erster Linie durch Zeckenstiche übertragen, in seltenen Fällen auch über Ausscheidungen der Tiere. RMSF kann tödlich verlaufen, wenn es nicht frühzeitig behandelt wird. Es kommt in den gesamten USA sowie in Mittel- und Südamerika vor. Je nach Land wird das Rocky-Mountain-Fleckfieber als Zeckentyphus, Brazilian Spotted Fever, Tobia-Fieber (Kolumbien), São-Paulo-Fieber oder febre maculosa (Brasilien) bzw. fiebre manchada (Mexiko) bezeichnet.
Bei Menschen kommt es vor allem von März bis September zu Infektionen, wenn adulte Zecken aktiv sind und sich Menschen häufig in der Natur aufhalten. In den Südstaaten der USA kommt es über das ganze Jahr hinweg zu sporadischen Fällen.
Welche Zeckenarten übertragen das Bakterium?
Das hängt von der Region ab: Rickettsia rickettsii kann von verschiedenen Zeckenarten übertragen werden. In den USA etwa von der Amerikanischen Hundezecke (Dermacentor variabilis), der Rocky-Mountain-Waldzecke (Dermacentor andersoni) und der Braunen Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus). Letztere spielt auch in Mexiko, Brasilien und Arizona eine Rolle. In Zentral- und Lateinamerika kommen verschiedene Vertreter der Schildzecken in Frage (siehe Bildstrecke).
Kann ich mich auch in der Schweiz infizieren?
Nein. «Derzeit besteht so gut wie kein Risiko, in der Schweiz an RMSF zu erkranken», erklärt Daniel Paris, Tropenmediziner und Leiter des Departements Medizin am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institutes (Swiss TPH). So gibt es die typischen übertragenden Amblyomma-Zecken hierzulande eigentlich nicht. Sie könnten aber wie auch die Hyalomma-Zecken durch migratorische Vögel importiert werden. Anders die Dermacentor- und Rhipicephalus-Zecken. Die kommen hier vor und könnten Rickettsia rickettsii theoretisch übertragen. «Aber das tun sie bislang nicht, weil es hierzulande noch keine infizierten Vertreter gibt.» Es sei oftmals ein langwieriger Prozess, bis sich ein solcher Erreger an einem Ort neu etabliert.
Derzeit kann es höchstens sein, dass ein infiziertes Tier eingeschleppt wird. Hierzulande sind vor allem Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) von Bedeutung, die von der Gemeinen Holzbock- Zecke (Ixodes ricinus) übertragen werden, der hierzulande die grösste Rolle spielt. Seltener sind Krankheiten wie die Anaplasmose, Rickettsiose, Babesiose, Neoehrlichiose oder die Tularämie.
Die Riesenzecke Hyalomma marginatum wird bis zu einem halben Zentimeter gross und macht aktiv Jagd auf ihre Opfer. Im Irak sorgte eine von ihr übertragene Krankheit jüngst für eine Epidemie mit 18 Todesopfern. Nun droht sie, sich auch in der Schweiz auszubreiten.
20min/Stefan LanzWie lange dauert es, bis die Erkrankung ausbricht?
Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich eine Woche (zwei bis 14 Tage). Dabei gilt die Faustregel: Je kürzer die Inkubationszeit ist, desto schwerer verläuft die Krankheit.
Biss oder Stich?
Umgangssprachlich wird meist von einem Zeckenbiss gesprochen, wenn sich jemand eine Zecke eingefangen hat. Tatsächlich aber sticht die Zecke ihre Opfer, wie das deutsche Robert-Koch-Institut schreibt. Sie verfügt dafür über einen Stechrüssel (Hypostom), durch den sie Blut saugt. Ihre scherenartigen Mundwerkzeuge (Cheliceren) benutzt sie, um die Haut des Wirtes aufzureissen. Anschliessend gräbt sie mit ihrem Stechrüssel eine Grube in das Gewebe, wo sich Blut, Lymphe und Gewebebrei sammeln. Spezielle Substanzen im Zeckenspeichel verhindern die Gerinnung dieses Gemischs, das die Zecke über mehrere Tage hinweg nach und nach aufsaugt. Der Zeckenbiss ist also kein Biss, sondern ein Zeckenstich. (jcg)
Welche Symptome treten bei einer RMSF auf?
Rasch nach der Infektion kommt es zu ersten Symptomen. Dazu zählen hohes Fieber, Kopf-, Bauch- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit (mit oder ohne Erbrechen), gerötete Augen und Muskelschmerzen. Der namensgebende Ausschlag entwickelt sich normalerweise zwei bis vier Tage nach Beginn des Fiebers. Sein Aussehen kann im Verlauf der Erkrankung stark variieren. Manche Ausschläge können wie rote Flecken aussehen, andere wie nadelförmige Punkte.
Bei unbehandelten Patienten können sich eine Lungenentzündung, Gewebenekrose und Kreislaufversagen entwickeln, manchmal mit Schädigung von Hirn und Herz. Auch ein plötzlicher Tod durch Herzstillstand ist möglich.
Wie sollte ich mich im Verdachtsfall verhalten?
Wer die Symptome bei sich feststellt und sich zuvor in einem Risikogebiet aufgehalten hat, sollte einen Arzt aufsuchen. Schnelles Reagieren ist bei RMSF wichtig, da sich die Prognose bei einer zu spät einsetzenden Behandlung – ab dem fünften Erkrankungstag besonders– verschlechtert. Weil sich die RMSF schnell zu einer schweren und lebensbedrohlichen Erkrankung entwickeln kann, muss die Behandlung bereits im Verdachtsfall unverzüglich begonnen werden. Das bestätigt auch der brasilianische Kinderarzt und Virologe Saulo Duarte Passos, der den Fall Costa gegenüber dem «Jornal de Jundiaí» kommentiert.
Wie wird RMSF behandelt?
Mit Antibiotika. Als Mittel der Wahl gilt vor allem Doxycyclin, heisst es bei der US-Gesundheitsbehörde CDC: Es «ist die empfohlene Antibiotikabehandlung für RMSF bei Erwachsenen und Kindern jeden Alters». Ebenfalls wirksam ist Chloramphenicol, das aufgrund von möglichen schweren Nebenwirkungen nur als Reservemedikament betrachtet werden soll.
Wie gefährlich ist das Rocky-Mountain-Fleckfieber?
Die Sterberate ist dank der Verfügbarkeit von Antibiotika von einst rund 25 Prozent auf drei bis fünf Prozent gesunken. Die Tödlichkeit ist bei Kindern (< zehn Jahre) und im höheren Alter (> 70 Jahre) am höchsten.
Wie kann man sich schützen?
Es gelten dieselben Tipps wie für heimische Zecken:
Bei Wald- und Wiesenspaziergängen sollten die Hosen lang und die Schuhe geschlossen sein. Zudem können Socken über die Hose gestülpt werden.
Wenn die Kleidung hell ist, kann man die darauf herumkrabbelnden Zecken besser sehen.
Speziell Kinder sollten immer einen Hut tragen, denn Zecken machen es sich gerne an der Kopfhaut zwischen den Haaren gemütlich.
Besonders gefährdete Stellen wie Knöchel, Fussgelenke, aber auch Hals und Haaransatz kann man mit einem Insektenspray einsprühen.
Berührungen mit Gras und Gebüsch sollten vermieden werden – dort lauern die Zecken auf ihre Wirte.
Von Zeit zu Zeit Kleidung und unbedeckte Körperteile kontrollieren, da sich die Zecken nicht sofort in der Haut feststechen.
Zu Hause den ganzen Körper absuchen, vor allem an den häufigsten Stichstellen.
Bist du schon einmal von einer Zecke gestochen worden?
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