Müssen Restaurants bald gratis Wasser anbieten?

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HahnenburgerMüssen Restaurants bald gratis Wasser anbieten?

Wasser aus der Leitung statt aus der Flasche – viele Wirte verrechnen das. Damit will die EU jetzt Schluss machen. Ein Experte fände das auch in der Schweiz sinnvoll.

R. Knecht
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R. Knecht

Hahnenburger ist längst nicht in allen Restaurants gratis. Immer wieder kommt es vor, dass Gäste beim Erhalt der Rechnung von einem unerwarteten zusätzlichen Posten überrascht werden, wenn sie Wasser aus der Leitung bestellt hatten. Die Europäische Union (EU) will solche Überraschungen nun verhindern: Eine geplante Richtlinie sieht vor, dass Gastro-Betriebe künftig Hahnenwasser gratis anbieten müssen.

Ob Wasser aus der Leitung etwas kosten darf, ist auch in der Schweiz ein Thema. Den Wirten ist es meist selbst überlassen, ob sie etwas verrechnen. Darum gibt es Betriebe, in denen Hahnenburger praktisch gleich viel kostet wie ein Cola. So etwa im Basler Stadthof: 5 Franken für 5 Deziliter Wasser. Der Betrieb argumentiert, dass die Dienstleistung, nicht das Getränk selbst, verrechnet werde.

«Elementare Dienstleistung»

Gastronomie-Experte Leo Egloff ist überzeugt, dass es auch in der Schweiz Zeit wäre, eine Richtlinie wie die der EU einzuführen. Für den Unternehmensberater ist das Glas Wasser eine elementare Dienstleistung: «Doch viele Beizer wissen gar nicht mehr, was eine Dienstleistung ist.» Gratis-Wasser dürfe der Gast seiner Meinung nach erwarten.

Seitens des Branchenverbands Gastrosuisse heisst es hingegen, der Service von Leitungswasser sei eine gastgewerbliche Leistung, für die Kosten entstehen. Der Verband weist darauf hin, dass Betriebe fast 80 Prozent der Einnahmen allein für die Deckung von Personalkosten und allgemeinen Betriebsaufwänden wie Miete, Heizkosten oder auch das Abwaschen des Wasserglases ausgeben. Es sei falsch, zu erwarten, dass Hahnenwasser im Restaurant gratis sei.

Tessin schreibt schon Gratis-Wasser vor

Gastro-Experte Egloff ist von diesen Ausführungen nicht überzeugt. Das sei eine typische «Wirteverbandsrechnung» und die Betriebe würden nur nach allen möglichen Argumenten suchen, warum sie auch für Leitungswasser noch Geld verlangen.

Dabei schreibt das Gastro-Gesetz des Kantons Tessin den Wirten schon jetzt vor, dass sie Kunden zur Hauptmahlzeit gratis Wasser anbieten müssen. Eine derartige Voraussetzung leuchtet auch Experte Egloff ein: «Der Gast muss schon etwas kaufen, sonst ist das Wasser auch nicht gratis.»

Leitungswasser gehört auf Getränkekarte

Auch bei der Stiftung für Konsumentenschutz plädiert man für Gratis-Wasser zum Menü. Geschäftsleiterin Sara Stalder pocht aber vor allem darauf, dass Hahnenburger überhaupt deklariert wird: «Wirte sollen in der Getränkekarte klar angeben, wie viel das Wasser kostet oder ob es gratis abgegeben wird.» So würde es zumindest weniger häufig vorkommen, dass Gäste von der Rechnung überrascht werden.

So sieht es auch die Preisbekanntgabeverordnung des Staatssekretariats für Wirtschaft vor. Dort steht nämlich, dass die tatsächlich zu bezahlenden Preise für Dienstleistungen im Gastgewerbe anzugeben sind.

Gratis-Wasser – in der Kantine

Gastro-Experte Egloff sagt dazu: «Wenn der Wirt schon etwas fürs Wasser verlangt, soll er auch den Mut haben, das zu deklarieren.» Gastrosuisse stimmt zu, dass es wichtig sei, den Preis von Hahnenwasser dem Kunden zu kommunizieren, und legt dies den Schweizer Wirten nahe.

Fürs Wasser aus der Leitung Geld zu verlangen, ist laut Gastrosuisse allerdings nicht der Standard in der Schweiz: Laut dem Verband erhielten Gäste im vergangenen Jahr in 92,5 Prozent der Fälle ihr Wasser gratis. Dieser Wert schliesst aber auch Firmenkantinen mit ein – dort ist es längst üblich, dass Angestellte gratis Wasser erhalten.

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