Mutter entsetztZugbegleiter wirft Kind (11) bei Kälte und Dunkelheit aus dem Zug
Trotz gültigem Ticket wurde der elfjährige Sohn von Janna Sendi-Mettler aus dem Zug gestellt. Die Mutter ist entsetzt, die BLS entschuldigen sich.
Darum gehts
Der elfjährige Sohn von Janna Sendi-Mettler war mit einem gültigen Ticket für die Fahrt von Biberist nach Thun in einem Direktzug von Biberist nach Thun.
Trotzdem stellte das BLS-Personal den Jungen aus dem Zug. Der Grund: Es gibt zwei Direktzüge von Biberist nach Thun, der Junge war im falschen.
Der Junge kam nicht zurecht, musste 40 Minuten in Kälte und Dunkelheit warten, bis sein Vater ihn abholen kam.
Die 41-Jährige Mutter hat für das Verhalten des BLS-Personals kein Verständnis. Die Bahn entschuldigt sich.
Janna Sendi-Mettler ist ausser sich: Die 41-jährige Mutter brachte ihren elfjährigen Sohn vergangene Woche an den Bahnhof in Biberist. Dort kaufte sie ihm ein Ticket und beobachtete, wie er um 16.22 Uhr in die S44 nach Thun stieg. «Mein Sohn machte sich auf den Weg zu seinem Vater, wo er das Wochenende verbrachte. Ich dachte, dass schon nichts passieren wird, wenn ich ihn bis in den Zug begleite, der direkt nach Thun fährt, wo sein Vater ihn in Empfang nimmt.»
Weit gefehlt. Nichtsahnend fuhr die 41-Jährige nach Hause. Rund eine halbe Stunde später klingelte ihr Telefon – am anderen Ende ihr aufgebrachter Sohn. «Er erzählte mir, dass er aus dem Zug aussteigen musste. Der Grund war, dass ein Kontrolleur ihm gesagt habe, dass er sich im falschen Zug befinde. Aus diesem Grund hat er mein Kind in Hindelbank, BE rausgeschmissen – bei einstelligen Temperaturen und in der Dunkelheit.»
«Er stand 40 Minuten in der Kälte»
Die Mutter war fassungslos: «Ich bin total durchgedreht. Ich habe kein Auto, also musste ich meinen Ex-Mann anrufen, der dann einen Kollegen aufbieten konnte, der unseren Sohn abholte. Aber sowas geht doch nicht! Einen Elfjährigen stellt man doch nicht einfach aus dem Zug, schon gar nicht, wenn er ein gültiges Billett hat.»
Auch der Elfjährige habe nicht weitergewusst, erzählt Sendi-Mettler: «Er kennt diesen Ort nicht und hat nicht verstanden, wieso er einfach aus dem Zug gestellt worden ist, obwohl ich ihm versichert hatte, dass alles passt.» Insgesamt sei ihr Sohn 40 Minuten in der Kälte am Bahnhof gestanden. «Hindelbank ist ihm völlig fremd. Er hatte Angst.»
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«Hindelbank ist ihm völlig fremd. Er hatte Angst», so die Mutter.
Tamedia/Franziska RothenbuehlerBLS: «Reisebegleiter hatte den Eindruck, dass der Junge das verstanden hat»
Die BLS nimmt gegenüber 20 Minuten zum Vorfall Stellung: «Ab Solothurn fahren zwei Direkt-Züge nach Thun: Die S41 fährt über Burgdorf – Konolfingen, die S44 über Bern – Belp, wobei die Strecke via Bern – Belp teurer ist, da die Strecke länger ist.» Bei der Billettkontrolle habe der Reisebegleiter festgestellt, dass der elfjährige Junge ein Billett für die S41 habe, sich aber in der S44 via Bern – Belp befindet.
«Hindelbank ist ihm völlig fremd. Er hatte Angst.»
«Er erklärte ihm, er könne in Hindelbank aussteigen und gleich den nächsten Zug zurück nach Burgdorf nehmen, um dort in die S41 zu steigen. Der Mitarbeiter hat mit dem Jungen Gleisangaben und Abfahrtszeiten besprochen und hatte den Eindruck, dieser habe alles verstanden», sagt der BLS-Mediensprecher. «Dass das Kind in Hindelbank dann mit der Situation überfordert sein wird, war unserem Mitarbeiter nicht bewusst. Wir bedauern den Vorfall. Der Vorgesetzte wird diesen mit dem betreffenden Mitarbeiter aufarbeiten.»
Richtiges Ticket hätte 3.80 Franken mehr gekostet
Ein Blick in den Webshop zeigt: Das Ticket, das der Junge eigentlich gebraucht hätte – obwohl beide Züge direkt von Biberist nach Thun fahren – kostet 3.80 Franken mehr. «Dass man meinen Sohn wegen eines solch kleinen Betrags aus dem Zug stellte, obwohl er für die Strecke ein gültiges Billett hatte, kann ich nicht nachvollziehen», sagt Sendi-Mettler. Und: «Obwohl ich der BLS erklärt habe, dass mein Sohn jetzt Angst vor dem Zugfahren hat, bieten sie mir als Wiedergutmachung zwei Erste-Klasse-Tageskarten an. Das ist ein Hohn.»
Gegenüber 20 Minuten erklärt die BLS: «Grundsätzlich bitten unsere Mitarbeitenden ein Kind, das kein gültiges Ticket hat oder im falschen Zug sitzt, nicht einfach so auszusteigen. Wenn möglich klären die Reisebegleiterinnen und Reisebegleiter die Situation direkt mit dem Kind. Wenn nötig und möglich, werden die Eltern kontaktiert, um das Vorgehen zu besprechen.»
Das Vorgehen des Reisebegleiters sei insofern grundsätzlich korrekt gewesen. «In Anbetracht der Umstände hätte man jedoch über den Preisunterschied hinwegsehen und den Jungen bis Thun fahren lassen können. Im Nachhinein muss man sagen, dass der Reisebegleiter die Situation unterschätzt hat und sich der Konsequenzen zu wenig bewusst war. Das tut uns leid und dafür entschuldigen wir uns.»
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