Quengelig und unselbstständig«Mutter musste Kind nach zwei Tagen abholen, weil es durchgehend weinte»
Ein Vater, der seinem Sohn den Rucksack trägt, und Schüler, die ihre Eltern während des Unterrichts kontaktieren: Beispiele zeigen, wie unselbstständig Kinder und Jugendliche sind.
Darum gehts
In der Schweiz kämpfen Lehrpersonen zunehmend mit überbehüteten und verzogenen Kindern und Jugendlichen (20 Minuten berichtete).
Fachleute berichten aus dem Alltag.
«Der Vater trug den Rucksack seines Sohnes aus dem Schulzimmer»
Daniel Kachel, Sekundarlehrer und Präsident des Verbands der Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich, berichtet von einem Vorfall, bei dem ein Vater nach einem Elterngespräch den Rucksack seines Sohnes (15) aus dem Schulzimmer trug: «Ich fragte ihn, weshalb er seinen Sohn das nicht machen lasse. Er antwortet etwas verlegen, dass eben sein eigener Laptop noch drin ist und er deshalb den Rucksack lieber selbst trägt.» Auch gebe es Eltern, die ihren Kindern den Znüni in die Schule brächten oder bereits beim ersten Elterngespräch der Lehrperson mitteilten, dass ihre grösste Angst darin bestehe, dass die Lehrperson ihr Kind nicht gerecht behandeln könnte. Schülerinnen und Schüler seien hingegen oftmals unselbstständig und zeigten wenig Eigeninitiative: «Es kommt regelmässig vor, dass Schülerinnen und Schüler mich nach Informationen fragen, die sich durch ein sauberes Durchlesen der Aufgabenstellung erübrigen würden.» Hinzu komme, dass sich manche Schülerinnen und Schüler dazu berechtigt fühlten, zu tun und zu lassen, was sie wollten. Das führe beispielsweise dazu, dass sie sich beim kleinsten Unwohlbefinden krankschreiben liessen und die Eltern das unterstützten und damit die Autorität der Lehrperson untergrüben.
«Eine Mutter musste ihr Kind nach zwei Tagen abholen, weil es durchgehend weinte»
Psychotherapeut Felix Hof kennt aus seiner Praxis Fälle von Kindern, die nicht ohne ihre Eltern in den Kindergarten oder zur Schule, auf eine Schulreise oder in ein Klassenlager gehen können. Zuletzt habe er ein Kind (12) betreut, das nicht ohne die Eltern ins Klassenlager fahren wollte. «Die Mutter musste das Kind persönlich mit dem Auto ins Klassenlager bringen und nach zwei Tagen wieder abholen, weil es durchgehend weinte.» In einem anderen Fall ist Hof mit einem Studenten in Kontakt, der nicht ohne die Hilfe seiner Mutter lernen könne. «Während seiner ganzen Schulzeit hat die Mutter mit ihm die Prüfungen vorbereitet, sodass er dies nie selbst gelernt hat.» Hof spricht hier von Einzelfällen, die er keinesfalls generalisieren möchte.
«Eltern, die mit dem SUV auf den Pausenhof fahren»
Laut Beat A. Schwendimann, Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), sind wegen Elterntaxis bereits Fahrverbote auf dem Schulgelände verhängt worden: «Es gab Eltern, die mit ihrem SUV auf den Pausenhof fuhren, um ihr Kind möglichst nahe beim Eingang rauslassen zu können.» Dieser Erziehungsstil führe dazu, dass manche Kinder heutzutage schnell aufgäben, wenn etwas schwierig werde, oder gefrustet und quengelig reagierten, wenn etwas nicht nach ihrer Nase laufe: «Sie kontaktieren die Eltern teilweise sogar während des Unterrichts, die sich dann bei der jeweiligen Lehrperson melden und ausfällig werden.»
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